07. August 2024 18:00

„Grüne“ Literatur Die Faltung der Vernunft

Eine kritische Rezension von „Faltung der Welt“ von Prof. Anders Levermann

von Philipp Lengsfeld

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Bildquelle: Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung / Wikimedia Anders Levermann: Sieht Lösung der „Klimakrise“ in der „Faltung der Welt“

Prof. Anders Levermann ist ein theoretischer Physiker und eine der weniger medial bekannten zentralen Personen des notorischen PIK, des Potsdamer Instituts für Klimafolgenforschung.

Anders Levermann hat ein – wie ich finde – unterschätztes Buch geschrieben, „Die Faltung der Welt“, in dem er exemplarisch am Thema der CO2-Klimakatastrophe erklärt, wie er sich eine bessere Weltregulatorik vorstellt. „Unendliche Möglichkeiten auf einem endlichen Planeten“, verspricht der Text auf der Rückseite des Buches.

Die Kernidee ist so simpel wie brutal: Wird erst einmal eine Setzung, hier genannt Faltungsgrenze, absolut akzeptiert, dann ermöglicht die Faltung, der Umgang mit dieser absoluten Setzung, unendliches Wachstum im endlichen Raum. Mathematisch funktioniert das natürlich einwandfrei, da hier die Grenzsetzung so starr ist, wie es für das Phänomen notwendig ist.

Anders Levermann überträgt dieses Prinzip auf die menschliche Gesellschaft: Akzeptieren wir erst einmal bestimmte Grenzen absolut, also zum Beispiel den Verzicht auf fossile Energie, den Verzicht auf eine bestimmte Heizungstechnik, den Verzicht auf eine bestimmte Mobilität und so weiter und so fort, dann ergeben sich gemäß der Faltungsannahme neue, praktisch unlimitierte Wachstumsmöglichkeiten im so begrenzten Raum.

Was etwas hölzern klingt, ist leider politisch-regulatorisch absolut potent und meines Erachtens brandgefährlich.

Denn gerade, weil Anders Levermann zwei aus seiner Sicht falsche Konzepte, nämlich das klassische freie Wettbewerbs-Wachstumsmodell mit stetig optimierten, aber erreichbaren Randparametern (also mehr oder weniger unsere freiheitlich-demokratisch gesteuerte freie Marktwirtschaft) und den neuerdings wieder offen propagierten Degrowth-Verzichtssozialismus à la Ulrike Hermann überwinden will, ist dies eine gigantische Versuchung für progressive Bürokraten – und im Prinzip die Blaupause oder die nachträgliche Legitimation für mehrere rabiate regulatorische Eingriffsversuche in Europa, wie beispielsweise das geplante und momentan beschlossene Verbrennerverbot, der deutsche Versuch des erzwungenen Heizungswechsels und so weiter, und so weiter.

Das Konzept der Faltung ist letztlich eine autokratische Machtphantasie, die niemals funktionieren kann und deren Durchsetzung schon beim Versuch ungeheure Kollateralschäden erzeugen wird.

Beim Thema CO2 wird dies besonders deutlich: Das Konzept funktioniert mathematisch und damit auch in der gesellschaftlichen Übertragung nur, wenn die Schranken absolut sind. Folgerichtig argumentiert Levermann dann auch absolut: „Die Klimagrenze ist null“ – für CO2 ist dies für ihn die Netto-Null-Emission.

Natürlich versucht er diese Faltungsgrenze auch wissenschaftlich zu untermauern – dabei argumentiert der theoretische Physiker eher wie ein PR-Profi alter Schule: „CO2 bleibt für immer in der Atmosphäre“ (hoffentlich hat das dem CO2 auch jemand gesagt) und „Wir können mit der Physik nicht verhandeln“ (hat das jemand behauptet?) sind nur zwei dieser Art von Propagandapostulaten, aber auch ins leicht Jammrige und Borderline gehende, lächerlich klingende Sätze wie „Das Klimaproblem ist zerstörerisch und unglaublich ernst. Es ist eine der größten Herausforderungen unserer Zeit“ findet man in dem Buch. Kein Wunder, es sind ja auch genau die Sätze, die das PIK und andere staatlich alimentierte Klimaalarmisten ständig verbreiten.

Sie denken, dass ist einfach intellektuell-abgehobener Kram, den man ignorieren kann?

Da irren Sie leider gewaltig, denn die Grundprinzipien der Levermann’schen Faltungsdiktatur sind genau die Prinzipien, nach denen die EU und Deutschland momentan versuchen zu agieren.

Denn was sind Verbote anderes als der Versuch der Etablierung von Faltungsgrenzen? Plastikverbot, Verbrennerverbot, Verbot von PFAS, Verbot von Kohlestrom und so weiter, und so weiter – die Idee ist tatsächlich immer die gleiche: Wird erst einmal etwas verboten, dann entwickelt die Industrie kreative neue Lösungen und bessere Konzepte. Das klingt auch deshalb so gut, weil viele denken, dass es so funktionieren könnte.

Und vielleicht hätte dieser Ansatz sogar tatsächlich Merits, wenn denn die Grundannahme, also die Faltungsgrenze, einmal stimmen würde.

Aber die Grundannahme stimmt in aller Regel nicht, wahrscheinlich kann sie sogar niemals stimmen.

Gehen wir einige Beispiele mal durch:

Levermann postuliert, dass das „Verbot von Kohlendioxidausstoß“ absolut sein muss, damit die Faltung funktioniert und ihre heilende Wirkung im Wortsinne entfaltet.

Glücklicherweise ist die CO2-Wirkung beileibe nicht so festgezurrt, wie Levermann behauptet – weder die Verweildauer noch die Erwärmungswirkung ist auch nur annähernd so, dass sich die momentane Netto-Null-Politik rechtfertigen lassen würde. Und die momentane Realität nicht nur der deutschen Klima- und Energiepolitik beweist, dass der Zero-Ansatz niemals funktionieren kann und wird (zum Glück aber auch nicht muss). Netto-Null für menschlichen CO2-Ausstoß ist eine ebensolche Chimäre wie die Zero-Covid-Strategie – die nicht machbar, nicht bezahlbar, aber auch vor allem völlig zweckfrei ist.

Und was im speziellen CO2-Fall gilt, kann man wohl auch verallgemeinern.

Bei genauer Betrachtung ist dies nämlich die Schwachstelle von allen Verbotsphantasien – da es keine Wirkung ohne Nebenwirkung gibt, bei jedem Stoff die Dosis das Gift macht und in jedem Szenario Aufwand, Kosten und Eigenschaften von Alternativszenarien berücksichtigt werden müssen, komme ich zu dem Schluss, dass der gesamte Verbots-/Faltungsansatz im Grundsatz falsch und abzulehnen ist.

Es darf für technisch-wissenschaftliche Regulatorik keine absoluten technischen Grenzen geben – es muss immer eine Abwägung stattfinden, es müssen immer Grenzwerte sein und die sollten sich in einem erreichbaren, also auch bezahlbaren, damit sinnvollen Rahmen halten. Was es dagegen braucht, sind ethische Grenzen und vor allem der Schutz der Freiheit und der Menschenwürde vor den autokratischen Phantasien der Szintologen als der unbewussten oder bewussten Verfechter einer Szientokratie, der Diktatur der selbsternannten Wissenschaftlichkeit, der Herrschaft von auserwählten wissenschaftlichen Gralshütern.

Wir müssen Anders Levermann dafür danken, dass er die regulatorisch-politischen Phantasien in wissenschaftlichen Sprachfiguren zu Papier gebracht hat.

Aber nur als Warnung!

Diese Faltung der Vernunft ist Grünismus der schlimmsten Sorte – es ist durch und durch falsch und muss politisch und kommunikativ und regulatorisch und natürlich auch wissenschaftlich und wissenschaftspolitisch vehement bekämpft und wieder rückgebaut werden.


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