Einspruch: Kritik an der Gewinnorientierung im Gesundheitssystem?
Wie eine falsche Forderung richtiggestellt werden kann
von Christian Paulwitz drucken
In Deutschland leisten wir uns eines der teuersten und ineffizientesten Gesundheitssysteme der Welt. Hohe Versicherungsbeiträge sowohl im staatlichen (Zwangs-) Versicherungssystem als auch im formal privaten, aber hoch-regulierten und zur systemischen Querfinanzierung missbrauchten Versicherungssegment spiegeln dies wider. Gleichzeitig steht der Weiterbetrieb zahlreicher Krankenhäuser wegen hohen Kostendrucks in Frage und erhitzt die Gemüter gerade in ländlichen Regionen.
Gerade in der Diskussion um Schließungen von Krankenhäusern, aber auch Behandlungskosten in Arztpraxen und durch Pflegebetriebe gibt es immer wieder Forderungen wie die, dass Betriebe im Gesundheitssystem keine Gewinne machen dürften; mit Krankheit dürfe kein Geld verdient werden, heißt es, oder ganz platt: „Gesundheit dürfe nicht vom Geldbeutel abhängen.“ Die letzte Forderung ist auf vielen Ebenen Unfug, läuft aber am totalitärsten auf eine allgemeine sozialistische Gleichheit in völliger Verarmung bei hohem Krankheitsrisiko hinaus. Denn tatsächlich findet die Pflege der Gesundheit vor allem vor der möglichst seltenen Notwendigkeit einer medizinischen Behandlung statt, und jemand, der in höherem Wohlstand lebt, hat immer mehr Möglichkeiten, der Erhaltung und Verbesserung seines Gesundheitszustands beispielsweise mit hochwertiger Ernährung und Reduzierung von Alltagsstress Rechnung zu tragen, als jemand in geringerem Wohlstand. Dies in Frage zu stellen wäre völlig weltfremd. Tatsächlich ist aber meist auch etwas anderes gemeint, nämlich nicht „die Gesundheit“, sondern die Nutzung des sogenannten Gesundheitssystems, das eigentlich ein Behandlungssystem ist, solle nicht vom Geldbeutel abhängen, daher staatlich allgemein zugänglich finanziert werden, ohne dass daraus „auf Kosten der Allgemeinheit“ Gewinne abgeschöpft werden könnten.
Wenn ich im Gespräch mit anderen Menschen über solche Thesen des Gewinnverbots im medizinischen Sektor konfrontiert werde, frage ich dann gerne nach (funktioniert immer): „Sie sind also der Meinung, dass eine Krankenschwester nicht von ihrem Arbeitslohn ihr Leben auskömmlich finanzieren können sollte und medizinische Dienste als Zwangsdienste sichergestellt werden sollen?“
Natürlich wird ein solches Ansinnen dann sogleich entrüstet von sich gewiesen, denn gerade das Pflegepersonal würde ja viel zu wenig verdienen. Und daran sei ja gerade die Gewinnorientierung der Betriebe schuld. Das ist jetzt der Einstieg in die Diskussion des eigentlichen Problems. Mein nächster Punkt ist dann, dass jeder, der bereit ist, eine Leistung zu erbringen, daraus einen Nutzen, also einen Gewinn erzielen möchte, der ihm der Verwirklichung eigener, persönlicher Ziele, wie der Finanzierung und Absicherung des Lebensunterhalts, näherbringt. Je höher der Aufwand und das Risiko zur Erbringung der Leistung, desto höher auch der erwartete persönliche Nutzen – der persönliche Gewinn. Das gilt für alle, auch im medizinischen Sektor, von der Reinigungskraft über die Krankenschwester und den Arzt im Krankenhaus bis hin zum betrieblichen Unternehmer. So sind die Bedingungen des realen Lebens. Will man diese systematisch verweigern, suchen die Menschen ihre Ziele auf anderen Wegen zu erfüllen, und ein Mangel beispielsweise an Pflegepersonal ist die notwendige Folge (kommt uns das bekannt vor?). Dann bleibt bei Aufrechterhaltung der Verweigerung des subjektiv bewerteten persönlichen Gewinns nur noch, die Menschen zur Erbringung der Leistung unter Gewaltandrohung zu zwingen, um das System aufrechtzuerhalten. Kann man machen, zumindest eine gewisse Zeit lang; besser werden die Leistungen dadurch aber gewiss nicht.
Nicht selten ist dies der letzte Punkt, den ich argumentativ setzen kann, weil die populär-sozialistische Gedankenwelt bei den meisten Menschen so stark verankert ist, dass sie sich verweigern, die Konsequenzen ihrer Widersprüche weiterzuverfolgen. Ablenkungsversuche dürfen daher nicht hingenommen werden. Es ist aber auch der wichtigste Punkt, aus dem alles weitere folgt. Gelingt es, dass er zumindest zur Kenntnis genommen wird, besteht immerhin die Chance, dass er bei anderer Gelegenheit später einmal aufgegriffen und weiterverfolgt wird. Niemand kann zur Erkenntnis gezwungen werden.
Manchmal hat man aber auch Glück – gerade jetzt nach den Mittelverschwendungen in der sogenannten „Corona-Pandemie“ – und es wird auf die Gewinne der Pharmaindustrie und die Deals mit den Staubschutzmasken hingewiesen, womöglich mit dem Hinweis, dass dies aus der Gewinnorientierung des „Kapitalismus“ des Gesundheitssystems folge. Dann kommt man ein Stück weiter in der Argumentation, dass diese Kosten ja gerade aus der zentralen Planung ohne objektives Wissen über tatsächliche Bedarfe verursacht werden, aber mit dem Versprechen der Erfüllung der Bedarfe für alle. Auch hier spielen natürlich – wie überall – Gewinnerzielungsabsichten eine treibende Kraft, denn sie sind nicht aus der Welt zu denken. Der Fehler liegt darin, dass die höchste Gewinnerzielung durch den Einfluss auf wenige zentrale Entscheidungsträger mit Wissensanmaßung realisiert werden kann und nicht in der Erfüllung auf die subjektiv bestehenden und von zahlreichen schwankenden Parametern abhängigen realen Bedarfe.
Die Krux liegt ja darin, dass niemand wissen kann, wo und in welchem Umfang Behandlungseinrichtungen und -angebote für tatsächliche Bedarfe wirklich erforderlich wären, wenn ihre Inanspruchnahme nicht durch die individuelle Nachfrage subjektiv empfundener Bedürfnisträger gesteuert wird, denen ihre möglichst zielorientierte Behandlung etwas wert ist, also einen tatsächlichen subjektiven Nutzen verspricht, der über der Erfüllung anderer Wünsche steht. In einem System, in dem eine zentrale Planung kollektiv beschließt, was unter welchen Umständen durch zwangsweise Finanzierung zur Verfügung gestellt wird, während anderes, wenn nicht gar regulativ, so doch aufgrund systemischer Geringschätzung bei hoher Zwangsabgabenquote, nur ein Nischendasein fristen kann, ist dieses Wissen weder zentral noch dezentral vorhanden. Vielmehr werden sich die Kräfte innerhalb des Systems danach ausrichten, welches die ertragreichsten Zuteilungsangebote der Bürokratie sind – oder durch Einwirkung auf die Steuerung des Systems diese erst schaffen und ausbauen.
Der Behandlungsempfänger spielt hier nur eine untergeordnete Rolle, ebenso wie das ausführende Personal, das im persönlichen Umgang mit dem Patienten eine andere Vorstellung von der Sinnhaftigkeit seiner Tätigkeit hat als die steuernde Bürokratie. Statistische Auffälligkeiten wie Knieoperationen haben es schon lange nahegelegt; zig Milliarden für die staatliche Beschaffung von Staubschutzmasken, Subventionen für zunächst freigehaltene und dann abgebaute Kapazitäten und ganz besonders die staatlich geförderten experimentellen Injektionen zeigen nun überdeutlich die Fehlallokation von Mitteln in der staatlichen Organisation des medizinischen Sektors. Ausgerechnet der Staatsfunksendung „Tagesschau“ ist es gelungen, die Verschwendung in einem Bericht über die wirtschaftliche Situation von „Biontech“ mit einem einzigen kurzen Satz bildlich auf den Punkt zu bringen: „Impfstoffe sind ohne Lockdown und Ausgangssperre weniger gefragt.“
Alles gesagt.
Wären Versicherungen nicht dazu gezwungen, das zu finanzieren, was der Staat festlegt, sondern was ihre Kunden für sinnvoll und notwendig erachten – wie günstig könnten sie sein, und wie viel Geld könnte dann für das vorhanden sein, was tatsächlich wertgeschätzt wird? In einem echten Versicherungssystem freut man sich, nicht in Anspruch nehmen zu müssen, wofür man eine Versicherungsprämie bezahlt hat, um im Falle des Falles finanziell abgesichert zu sein. Und man ist dankbar, die Leistung bekommen zu können, wenn man sie tatsächlich braucht und von deren Nutzen man überzeugt ist, ohne im schlimmsten Fall finanziell ruiniert zu sein.
Was glauben Sie, wo es das zufriedenere, besser bezahlte und am Patientenwohl orientierte Personal gäbe – mit oder ohne staatliche Organisation?
Quelle:
Woran Biontech nach Corona forscht (Tagesschau)
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