Meine Einreise nach Deutschland ohne gültige Dokumente: Meine Einreise nach Deutschland ohne gültige Dokumente
Ich bin ohne gültige Papiere jedweder Art nach Deutschland eingereist, mit dem Flugzeug.

Normalerweise schreibe ich leidenschaftlich über Filme, aber heute glaube ich, etwas niederschreiben zu können, das von Interesse ist. Ich bin ohne gültige Papiere jedweder Art nach Deutschland eingereist, und zwar mit dem Flugzeug. Wie das gelingen konnte, warum ich das getan habe und was Gott und Nolan damit zu tun haben, möchte ich hier niederschreiben.
Der Rahmen
Ich glaube, ich übertreibe nicht, wenn ich sage, dass ich sehr fahrlässig mit der Bürokratie bin. Auch das war einer der Gründe, warum ich nach Bulgarien ausgewandert bin: Wir haben hier weniger Papierkrieg. Ich habe einen kleinen Bühnenauftritt beim Afuerafest und deshalb wollte ich nach Deutschland. Ich habe Flugtickets gekauft, zu Hause alles vorbereitet und wollte nun zwölf Stunden vor Abflug meinen Online-Check-in erledigen. Da fällt mir auf: Mein Reisepass ist seit mehreren Monaten abgelaufen. Nun mögen Sie denken, dass der Personalausweis ja auch ein geeignetes Dokument ist. Richtig, und die rumänische Grenzpolizei, die mir meinen vor zwei Jahren im Streit entwendete, wird sich darüber freuen – mir aber hilft das nicht. In meinem Kopf gehe ich alle denkbaren Optionen durch. Soll ich ehrlich sein? Soll ich meinen Reisepass manipulieren? Rufe ich meinen Schwiegervater an, der war mal Diplomat und kann hier und da noch was drehen? Miete ich mir einen Leihwagen und überquere die Grenzen dort, wo es geht? Es mag für manch komisch klingen, aber ich entscheide mich kurzerhand, auf Gott zu vertrauen und auch etwas auf meine Fähigkeiten als Amateurzauberer.
Am Flughafen
Am Flughafen bin ich etwa so nervös, als ob ich ein Kilogramm feinstes Kokain in meinem Koffer schmuggeln würde. Der Sonnenbrand in meinem Gesicht, kombiniert mit den Augenringen, die das Resultat einer schlaflosen Nacht waren, verstärken diesen Eindruck zumindest optisch. Um 11:55 Uhr kann ich mich an der ersten Pass- und Flugticketkontrolle anstellen. Die Nervosität macht, dass ich fünf Minuten zu früh bin. Die Frau weist mich auf Bulgarisch zurück und deutet mehrfach auf das Datum. Meine Reise ist an dieser Stelle beendet, oder? Ein Vaterunser später stelle ich mich erneut an, um zu diskutieren. Zwei Personen in der Schlange vor mir: Eine weitere Angestellte kommt dazu, und ich werde auch von ihr kontrolliert. Ihr ist es nicht aufgefallen, und ich kann in die Sicherheitskontrolle – und das alles in dem Wissen, dass es beim Betreten des Flugzeuges eine weitere Kontrolle geben wird.
Wie im Gefängnis
Frisch aus der Sicherheitskontrolle bedanke ich mich zunächst bei Gott, erinnere mich aber auch daran, dass Gott uns zwar hier und da unter die Arme greift, aber er verlangt auch Initiative. Also verbringe ich meine Zeit bis zum Boarding damit, mir die Boardings anderer Flüge genauestens anzuschauen. Beobachten, studieren, lernen und Fehler finden. Und ich habe einige kleine Lücken gefunden, aber alles, was ich gefunden habe, war für mich nicht wirklich von Nutzen. Ich schaue mir erneut mein Ticket an und stelle fest: Mein Ticket beinhaltet Priority. Für alle, die das nicht kennen: Das bedeutet, dass ich als einer der Ersten durch die Boardingkontrolle und in das Flugzeug darf. Das ist nicht viel, aber mehr habe ich zum gegebenen Zeitpunkt nicht in meiner Werkzeugtasche, und wenn man nur einen Hammer hat, dann sieht alles aus wie ein Nagel.
Prestige
Ich beginne also, die Priority-Gäste und Kontrollen zu beobachten, und was soll ich sagen? Das Ergebnis war ernüchternd. Es besteht absolut kein Unterschied zu den normalen Passagieren. Damit lässt sich wohl nicht arbeiten. Mir kommt der Verdacht, dass auch diese Kontrolle ganz und gar bei Gott liegen würde, als schreibe ich auf X: „Betet mal für den guten alten HARLEK!N.“ Ich bekomme ganz guten Zuspruch dafür, dass niemand weiß, worum es überhaupt geht. Ich begebe mich allmählich zu Gate 8 und 9. Die 8 ist für Priority und die 9 für jene, die diesen Unfug nicht haben. Der Boarding-Kontrollpunkt wird mit Personal besetzt, und nur kurz darauf erklingt die Durchsage, dass sich Passagiere an Gate 8 und 9 einfinden mögen und ihre Pässe sowie ihre Flugtickets bereithalten sollen. Da kommt mir ein Einfall: In Christopher Nolans Prestige habe ich gelernt, dass die Zuschauer eine Zaubershow nicht applaudieren, wenn man etwas verschwinden lässt, sondern erst, wenn man es auf magische Art und Weise zurückbringt. Klar, für mich ist das keine Option, denn damit würde ich nur Aufmerksamkeit auf mich und auf meinen Pass ziehen. Aber was wäre, wenn ich gar nicht der Zauberer bin? Sind wir nicht alle gerne Helden? Haben wir nicht einen Ausstoß an Endorphinen, wenn wir jemandem einen Gefallen tun? Ja, wenn es funktioniert, dann nur so. Er muss der sein, der das Prestige erhält, und nicht ich. Äußerlich entspannt wie ein G36 ohne Bodenstück und Schließfeder, aber innerlich verkrampft, dass ein Stück Kohle in meinen Eingeweiden binnen von Sekunden zu einem lupenreinen Diamanten geworden wäre, stelle ich mich also bei der 9 an. Zur Erinnerung: Eigentlich gehöre ich an die 8. Passagier für Passagier geht es Richtung Endspiel. Dann bin ich an der Reihe. Das charmanteste Lächeln, das ich meinem sonnenverbrannten Gesicht entlocken kann, sage ich: zdraveĭ (Hallo) und halte ihm meinen Reisepass nahe hin, während ich die Bordkarte auf meinem Handy etwas im Hintergrund halte. So ist das Interesse für die Karte geweckt, und er fordert, dass ich sie ihm hinhalte. Ich komme der Forderung nach, und es piepste einmal. Bis hierhin ist alles genau so, wie ich es mir vorgestellt habe. Nun war es entscheidend, dass er sein Prestige will. Er kann darüber hinwegsehen, dass ich nicht meiner Karte angemessen behandelt werde, meinen Ausweis kontrollieren und mich nach Hause schicken. Aber wir Menschen sind gut, wir wollen helfen, und er half, wie erwartet. Er machte mich darauf aufmerksam, dass ich auch bei der 8 sein könnte. Ich winke ab, weil ich will, dass er sich das Priority-Band von der 8 holen muss. Er holt es, macht es an meinen Koffer und prüft nur den Namen in meinem Reisepass. Ich kann an Bord, ich bedanke mich bei allen X-Nutzern, die für mich gebetet haben. Innerlich bedanke ich mich auch bei Christopher Nolan, denn ohne ihn wäre ich nie auf die Idee gekommen, den Kontrolleur zu einem Zauberer zu machen, der meine Priority auf magische Art und Weise zurückbringt.
Tom Hanks
Tom Hanks spielte mal in einem Film, der Terminal heißt. Dort wohnt ein Mann sehr lange Zeit an einem Terminal. Nun sah ich mich in dieser Rolle, denn als ich 2022 aus meinem Bulgarienurlaub zurück nach Deutschland kam, da wurde ich und alle anderen Passagiere noch mal in Deutschland kontrolliert. Dementsprechend war meine Stimmung während des Fluges nicht so gut, wie ihr vielleicht denkt. In Deutschland aber war keine Kontrolle mehr, und mir stand Deutschland offen.
Fazit
Der Glaube hat mir sehr geholfen, aber auch die Mühen und die vielen Filme, die ich gesehen habe. Ich bin einfach nur glücklich und dankbar, dass ich meine Eltern besuchen kann und beim Afuerafest dabei sein kann. Natürlich freue ich mich auf das Dachcouchquartett am Mittwoch. Ach ja, meine Versäumnisse bleiben natürlich nicht ungesühnt, denn meine Zeit in der Heimat verbringe ich jetzt viel auf Ämtern statt mit den Menschen, die ich liebe und schätze. So ist das halt, alles hat zwei Seiten. Liebe Leser, ich bin dankbar und demütig für die vielen Gelegenheiten, die mir gegeben werden, und ich bin dankbar, dass Sie das gelesen haben.
Kommentare
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