21. August 2024 18:00

Deutsche Parteienlandschaft Libertäre Politik braucht auch eine libertären Prinzipien folgende Parteistruktur – Teil 1

Einige Änderungsvorschläge

von Philipp Lengsfeld

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Bildquelle: DesignRage / Shutterstock Bereits recht bunte Parteienlandschaft: Doch im rechts-liberalen Spektrum gäbe es noch Platz

Die deutsche Parteienlandschaft ist im Umbruch. Aber trotz der Etablierung der AfD und neuerdings des Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) klafft im rechts-liberalen Teil des politischen Spektrums eine gewaltige Lücke.

Trotz einiger richtiger Ansätze wirken alle bisherigen Vorstöße in diese Richtung erstaunlich gehemmt: So schaffen es die Freien Wähler trotz bärenstarker Position im Freistaat Bayern nicht wirklich ins Bundesgebiet, die liberal-konservativen Partei-Neugründungen, insbesondere die Werteunion und das Bündnis Deutschland sind jämmerlich gescheitert. Parteiunabhängige Versuche zur Europawahl ebenfalls.

Was ist das Problem?

Zunächst würde ich mal damit anfangen, was nicht (!) das Problem ist: Es ist nicht so, dass es für radikale liberal-konservative Ansätze in Deutschland nicht ein politisches Segment gebe – ob es aus dem Stand 15 Prozent bei der Bundestagswahl wären, hinge sicherlich auch von der Breite und Tiefe des Angebots ab, aber die Fünf-Prozent-Hürde würde, insbesondere bei einer Kooperation wie beispielsweise mit den Freien Wählern, sicher kein Problem sein.

Es gäbe auch genug Personal, und ich bin mir auch ziemlich sicher, dass es genügend Spendengelder gibt – nicht nur als Kleinspenden (50 bis 200 Euro), nicht nur aus mittleren Spenden (2.000 bis 25.000), sondern durchaus auch verstärkt durch echte Großspenden (eine Million aufwärts), die in Amerika, aber neuerdings ja auch beim BSW, durchaus auch vorkommen.

Nein, das Problem scheint mir zu sein, eine gesetzeskonforme, aber trotzdem funktionierende und überzeugende Parteistruktur aus der Taufe zu heben. Und ja, die deutschen Gesetze sind mittelalterlich, im Geiste echter Politik-Gilden-Wirtschaft. Im Politikbetrieb hat sich Deutschland ein politisches Kartellrecht geschaffen, was eher massiv wettbewerbsfeindlich ist.

Das fängt mit dem Parteien-Privileg an: Es gibt überhaupt keinen Grund, warum in einer freien Gesellschaft nur nach staatlichen Vorgaben funktionierende Parteien zu Wahlen antreten sollten. Bei der Europawahl ist dies, geschuldet dem Europarecht, längst nicht mehr der Fall, in Brandenburg für den Landtag auch nicht.

Und das geht weiter mit dem momentanen Zwang zu Landeslisten: Keine Bundeslisten für die Wahl zum Deutschen Bundestag aufstellen zu dürfen, erschwert die Etablierung und Führung einer neuen Struktur ganz erheblich, weil für die Bundestagswahl plötzlich 16 Landesverbände nötig sind.

Dann gibt es noch die Vorgabe der „innerparteilichen Demokratie“, weshalb alle innerparteilichen Wahlen geheim sein müssen, und die sehr hohe Frequenz der Wiederwahlen (alle zwei Jahre), während eine Amtszahlbegrenzung wohlweislich im deutschen Gesetzeswerk momentan nicht auftaucht – diese ganzen Randbedingungen führen dazu, dass ein deutscher Parteiverein den größten Teil seiner Zeit mit sich selber verbringt. Auf Kosten der Zeit, Nerven und Gesundheit der Mitglieder und Funktionäre, von denen ein Teil mit Mandaten oder Partei-, Fraktions- oder Abgeordnetenarbeitsstellen entschädigt wird – ein letztlich grundmarodes, grundmalignes System, in dem Intrigantentum und Inkompetenz, aber vor allem Unprofessionalität ständig fröhliche Urständ feiern.

Für jeden Liberalen, Libertären ist das natürlich der absolute Horror!

Für keinen Lebensentwurf ist diese Art Zeitvernichtungsmühle ertragbar, außer vielleicht, wenn man eine komplette Berufskarriere hinter sich und Lust und finanzielle Absicherung für eine interessante Altersbeschäftigung hat.

Dabei sind alle diese Features eines deutschen Parteivereins für gute Politik, insbesondere für radikal-liberale, absolut verzichtbar.

Eine politische Organisation hat genau einen Zweck: den Apparat zur Aufstellung von Kandidaten, zur groben inhaltlichen Ausrichtung und zur Kampagnenführung bereitzustellen – eigentliche Kunden und damit der zentrale Lenker dieses Marktes sind die Wählerinnen und Wähler.

Eine professionell organisierte politische Struktur, die sich Partei nennen muss, solange dies das Gesetz erzwingt, braucht keine Mitglieder.

Das zentrale Element für eine echte libertär-freiheitliche Partei sind Prinzipien und programmatische Grundsätze und Personalauswahlprozesse, die ein Höchstmaß an politischem Erfolg versprechen – kurzfristig (Wählbarkeit) und mittel- und langfristig (Wiederwählbarkeit).

Die momentane deutsche Parteivereins-Regulatorik ist reinster Sozialismus: Denn im Prinzip sind Mitgliederparteien strukturell nichts anderes als Verhinderungsmaschinen des Leistungsprinzips.

Mitglieder haben in diesem Konstrukt keinen Platz und keine intrinsische Berechtigung – weder für eine inhaltliche Zuarbeit noch für eine personelle Beteiligung (Kandidatur) hat eine Mitgliedschaft irgendeinen Mehrwert. Es ist auch nicht so, dass die innerparteiliche Ersatzdemokratie jetzt eine politische Schule von Wert wäre – im Gegenteil, es führt gnadenlos zu genau der adversen Auswahl, die ja zum Beispiel ein Markus Krall so klar seziert.

Insbesondere für eine libertäre Kraft muss gelten: Die politische Struktur wird organisiert wie eine Firma, wie ein Start-up. Insbesondere gibt es keine „innerparteiliche Demokratie“. Was nicht bedeutet, dass es nicht offene Prozesse und harte Diskussionen gibt – ganz im Gegenteil.

Eine Partei ist eine Struktur zur Organisation von Wahlkampagnen und anderen Kampagnen. Ziel ist immer die maximale Durchsetzung von Politik – schon die Zahl der Ämter und Mandate ist ein Sekundär-, keinesfalls ein Primärziel.

Mandatsträger und Amtsträger müssen nicht Mitglieder sein.

Kern der Organisation ist die Führung, die auf Zeit gewählt wird (ideal wäre auch Mitgliedschaft auf Zeit, zum Beispiel fünf Jahre mit der Möglichkeit der ein- oder zweimaligen Verlängerung).

Mitarbeiter (weder im Parteiapparat noch in den Parlamenten) dürfen nicht Mitglieder sein!

Mitglieder dürfen nicht in Ministerien oder Behörden arbeiten, keine Beamten sein (insbesondere keine Lehrer, Polizeibeamte, Finanzbeamte), sie dürfen keine Subventionsempfänger sein und keine Empfänger von Sozialmaßnahmen des Staates. Mitglieder dürfen keine staatlichen Renten oder Pensionen erhalten! Diese Einschränkungen gelten natürlich überhaupt nicht für Nominierungen für Ämter oder Mandate!

Arbeit und Kampagnen werden streng professionell organisiert – der Einsatz des Ehrenamts im Kernbereich ist zu minimieren (nicht bei den Kampagnen oder der inhaltlichen Zuarbeit, wo Ehrenamt gewünscht und hoch angesehen ist) – auch die Führungskräfte werden für die organisatorische Arbeit möglichst entschädigt.

Unterstützer, Sympathisanten und temporäre Kampagnenunterstützer werden in separaten, zeitlich befristeten Organisationsformen strukturiert.

Es gilt strikte Corporate Mentality (Compliance, innere Führung, aber eben auch ein respektvoller, professioneller Umgang nach innen und außen). Intrigantentum und das Schlechtreden von internen oder gar externen Kontrahenten wird nicht geduldet. Pressearbeit ist strikt professionell und ganz klar top-down.

Perspektivisch wird möglichst alle Verantwortung mit den Wählerinnen und Wählern und Unterstützern geteilt – Blaupause ist der amerikanische „registered voter“.

Primaries oder vergleichbare Vorwahlprozesse sind das demokratische Element und werden demokratisch organisiert (geheime Abstimmung, aber offene Nominierung (zum Beispiel durch Delegierte)).

Die politische Organisation setzt sich auch für libertäre Elemente im Parteiensystem ein:

Amtszeitbegrenzung

Mandatsbegrenzungen (zum Beispiel dritte und vierte Wiedernominierung nur mit 66 Prozent, ab fünfter Widernominierung 75 Prozent in Primaries)

Verkleinerung des Parlaments durch Reduktion der Wahlkreise auf 250 oder weniger

Bundeslisten als Möglichkeit – die libertäre Kraft nominiert für Europa und Bund auf Bundesebene (auch bezüglich Wahlkreise, Primaries werden aber sobald als möglich eingeführt (für Wahlkreise) und als Votum für Platzierung auf Bundesliste auf Landesebene).

Die Landesebene wird von der jeweiligen Landesstruktur nominiert.

Bundes- und Landesstrukturen werden getrennt (die Freien Wähler sind nach meinem Eindruck schon ein bisschen auf diese Weise).

Die Kommunalebene wird überhaupt nicht von einer übergeordneten Struktur bestimmt, sondern hier kommt es zu agilen Allianzen und Bündnissen!

Die Kommunalebene organisiert sich absolut frei.

Inhalte werden in möglichst offenen Runden diskutiert und als Konzepte verfeinert, die dann Arbeitsaufträge an beziehungsweise Leitplanken für die jeweiligen Fraktionen sind.

Dem Unterstützerumfeld wird perspektivisch Einfluss auf die Wahl des Vorsitzenden (oder Möglichkeit zur Abwahl) eingeräumt.

Teil 2 folgt nächste Woche.


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