24. August 2024 22:00

Messerangriffe Verbote für ein Gefühl von Sicherheit

Mehr Macht für Regierung und Polizei

von Thorsten Brückner

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Bildquelle: guruXOX / Shutterstock Messerangriffe häufen sich: Und der Ruf nach nach einem Messerverbot wird immer lauter

Auf Umfragen, zumal in Deutschland, gebe ich im Allgemeinen wenig. Zu offensichtlich ist, dass bestimmte Institute mit ihren Zahlen nicht nur Geld verdienen, sondern auch knallharte Politik machen wollen. Ich neige immer dann dazu, Resultate für authentisch zu halten, wenn zwei Kriterien erfüllt sind. Erstens müssen die Zahlen durch ähnliche Erhebungen anderer Institute bestätigt werden. Und zweitens erwarte ich, dass sich Saddam-Hussein-Ergebnisse zumindest auch in meinem persönlichen Alltag und Umfeld widerspiegeln. Beides war etwa zu Beginn der Covid-Erzählung gegeben. Dass damals tatsächlich neun von zehn Menschen in Bayern den autoritären Kurs von Markus Söder unterstützten, halte ich für völlig glaubwürdig. Nicht nur, weil mehrere Umfragen dies bestätigten, sondern vor allem aufgrund der zahlreichen Äußerungen und des Verhaltens meiner Mitmenschen, als sogar Libertäre reihenweise der totalitären Versuchung im Namen des Gesundheitsschutzes erlagen. 

Vergangene Woche bin ich dann über eine Forsa-Umfrage gestolpert, wonach 82 Prozent der Deutschen eine Verschärfung des Waffenrechts mit zahlreichen Einschränkungen beim Besitz und Mitführen von Messern befürworten. Eine INSA-Umfrage aus der Vorwoche kommt zu ganz ähnlichen Werten bei geringfügig anderer Fragestellung. Ein generelles Waffenverbot im öffentlichen Raum (freilich mit Blick auf die Messerdebatte) fordern demnach 83 Prozent. Nur neun Prozent sprachen sich dagegen aus. Zahlen, ein bisschen wie aus der Covid-Zeit. Für das bloße Gefühl von Sicherheit werden Freiheitsrechte bereitwillig geopfert.

Doch diesmal waren es keine Särge aus Bergamo, sondern eine Reihe von Messerübergriffen unter anderem an Bahnhöfen, die medial extrem gehypt wurden und die bei vielen Menschen oft stärker zu einem mangelnden Sicherheitsgefühl im öffentlichen Raum beigetragen haben als persönliche Erfahrungen. Dass die Zahl der Messerangriffe aber auch objektiv gestiegen ist, scheint mir statistisch belegt. Ebenso wie die Tatsache, dass es sich bei der übergroßen Mehrheit der Täter um ein ganz bestimmtes Segment von Migranten handelt. Das gab zuletzt sogar die Berliner Polizeipräsidentin Barbara Slowik teilweise zu. „Nach unseren Zahlen ist die Gewalt in Berlin jung, männlich und hat einen nichtdeutschen Hintergrund.“ Das gelte auch für die Messergewalt. Selbst die „taz“ räumt ein, dass nichtdeutsche Staatsbürger in der Messerstatistik überrepräsentiert seien. Allerdings lasse sich „daraus nicht ablesen, ob es Geflüchtete, Arbeitsmigrant*innen oder Tourist*innen“ seien, die die Taten verübten. Touristen? Japaner mit umgehängter Kamera?

Der deutsche Sozialstaat zieht eben eine ganz bestimmte Klientel an und das sollte eigentlich für niemanden eine neue Erkenntnis sein. Diese Leute bringen dann oft die Reputation ganzer Volksgruppen in Verruf, was sicher hierzulande auch deswegen auf fruchtbaren Boden fällt, weil viele Deutsche dazu neigen, nicht ausreichend zwischen Individuum und Gruppe zu differenzieren. In keiner zugewanderten Volksgruppe stellen Gewalttäter eine Mehrheit, und ich würde mich sehr wundern, wenn eine Mehrheit etwa von Afghanen oder Syrern Gewalt von Landsleuten gegen völlig Unschuldige befürwortet. 

Was genau erwarten sich die Verbotsbefürworter, die übrigens bei Anhängern aller Parteien (auch der AfD) deutlich in der Mehrheit sind? Dass der öffentliche Raum sicherer wird, weil Karl-Heinz sein Brotzeitmesser zu Hause lassen muss? Denn darauf wird es hinauslaufen. Als ob einen potenziellen afghanischen Messerangreifer ein Waffenverbot im öffentlichen Raum juckt! Und kontrollieren kann man das fast ohnehin nur an Bahnhöfen, da verdachtsunabhängige Kontrollen Gott sei Dank in fast allen Bundesländern verboten sind. Deswegen auch die Berliner Diskussion über Waffenverbotszonen, die nichts anderes sind als Orte, wo die Polizei legal anlasslos kontrollieren darf. In solchen Verbotszonen befürchte ich, dass Männer mit offensichtlichem Migrationshintergrund überproportional oft angehalten werden, was zu neuen Diskriminierungserfahrungen und Ressentiments führen wird. Ein weiteres Problem ist, dass eine Taschendurchsuchung ja nicht auf Messer oder andere Waffen beschränkt bleibt. Findet die Polizei verbotene Drogen, gibts eine Anzeige, was nicht nur für Menschen, die sich nach staatlichem Verständnis illegal im Land aufhalten, fatale Konsequenzen haben kann. Selbst wenn man dadurch die meisten Messer aus dem Verkehr ziehen könnte, was ich stark bezweifle: Waffen lassen sich für gewaltbereite Menschen im Zweifel immer finden. Dafür tut es sogar eine Bierflasche.

Ich kann mich erinnern, dass bereits vor ein paar Jahren Klingenlängendebatte und Messerverbot im öffentlichen Raum immer mal wieder auf die Agenda kamen. Doch ich erinnere mich auch, wie groß damals, vor Covid, der Widerstand ganz normaler Menschen dagegen, vor allem im ländlichen Raum, war. Was hat sich seitdem geändert? Ist es die Schockberichterstattung in den Medien, die wieder einmal das Bedrohungspotenzial hemmungslos überzeichnet? 

Jeder muss selbst entscheiden dürfen, was er im Zweifel zur Selbstverteidigung mit sich führen will. Ich halte ein Messer für keine besonders gute Defensivwaffe, aber es steht mir nicht zu, darüber zu urteilen, wie sich andere verteidigen können und wollen. Mit dem Messer ist es wie mit Schusswaffen auch: Nur wer andere damit bedroht, verletzt oder tötet, verdient Strafverfolgung. Ein Messerverbot, das von privaten Einrichtungen auf deren Gelände erlassen wird, ist natürlich zu respektieren. Doch für den sogenannten öffentlichen Raum sollte man dem Staat keine Regelungskompetenz zugestehen. 

Mit jedem Verbot wird die Macht von Staat und Polizei ausgeweitet. Dass so viele Menschen trotz der staatlichen Willkürerfahrungen seit 2020 immer noch bereit sind, ihre Sicherheit Regierung und Polizei anzuvertrauen, und beiden dafür quasi einen Blankoscheck ausstellen, fällt mir schwer, nachzuvollziehen. Ich denke, dass das Ausmaß von Polizeibrutalität und Polizeiwillkür der vergangenen vier Jahre alles, was wir derzeit an „Ausländergewalt“ sehen, in den Schatten stellt. Wer mit der Polizei Jagd auf Messermigranten machen will, treibt den Teufel mit dem Beelzebub aus. 

Sich vor einem Angriff mit einem Messer zu schützen, ist, gerade wenn der Angreifer erfahren im Umgang damit ist, sehr schwer. Verbote bringen da gar nichts, die meisten Angriffe erfolgen bereits heute mit längst verbotenen Kategorien von Messern. Ich würde Orte mit einer hohen Wahrscheinlichkeit für Messerangriffe schlicht meiden. In meinem 2000-Einwohner-Ort in Oberfranken gibt es keine vagabundierenden Messermänner. Und wem die Lage in Deutschland allgemein zu unsicher wird, sollte vielleicht darüber nachdenken, mit seiner Familie das Land zu verlassen. Zu weitreichend? Ich finde es besser, seine Zukunft in die eigene Hand zu nehmen, anstatt hilflos nach einem Staat zu winseln, der die gegenwärtigen Zustände doch überhaupt erst zu verantworten hat.

Hoffentlich verstehen die Apologeten eines Sozialstaats für die ganze Welt langsam, was sie da, nicht erst seit 2015, angerichtet haben. Viele junge Männer, die unter falschen Versprechungen hierhergelockt wurden, leben in Deutschland mit einem Gefühl der Entwurzelung. Sprachprobleme und Ausgrenzungserfahrungen spielen eine große Rolle. Ihre Aufstiegschancen in Europa sind gleich null. Das, in Kombination mit dem Anspruch, Versorger einer Familie zu sein, und der derzeitigen massiven Teuerung ist eine explosive Mischung. Deutschland ist zudem ein schwieriges Land, um als Ausländer Freundschaft mit Einheimischen zu schließen. Das liegt auch an der Mentalität der Deutschen und erschwert Integration ungemein. Wobei der Ball hier freilich nicht ausschließlich bei den Einheimischen liegen kann. Wer die sozioökonomischen Hintergründe solcher Verbrechen nicht sehen will, trägt nicht zu einer Lösung bei. Gleiches gilt für alle, die aus politischer Korrektheit die kulturelle Dimension solcher Taten ausblenden oder unter den Teppich kehren wollen.  

Wenn ich im Nahen Osten in eine brenzlige Situation geriet, merkte ich schnell, wie überraschend hilfreich das arabische Wort „Chalas“ (Schluss!/Genug!) sein kann. In Berlin habe ich dieses Wörtchen Jahre später noch mal eingesetzt, als mir ein junger Mann mit offensichtlich arabischem Hintergrund an einem U-Bahn-Gleis nicht von der Pelle rücken wollte. In allen Fällen ließen meine Verfolger von mir ab. Das ist natürlich kein Patentrezept für jede Situation, aber probieren kann man es auf jeden Fall. Das mindeste ist, dass man damit einen kurzen Überraschungseffekt auf seiner Seite hat. Und ein entschlossenes, selbstsicheres „Chalas“ verstehen auch Migranten aus muslimischen Ländern, die nicht Arabisch als Muttersprache sprechen. 


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