Freiheit der Popkultur: The Return of the First Avenger
Marvels Flaggschiff der Freiheit
von Sascha Blöcker
Marvel ist viel kritisiert und das auch zurecht. Neben dem ganzen Woken rund um Disney und der Zerstörung beliebter Franchisen wie „Indiana Jones“ und „Star Wars“ ist da auch noch das Marvel-Problem selbst. Marvel macht Filme nach dem „Schema F“. Marvel hat vergessen, was sie groß gemacht hat, und Marvel sind die interessanten Protagonisten ausgegangen. Ja, ja und ja, das alles sind große Probleme, aber wir hatten und haben auch immer wieder Goldstücke und gutes Storytelling, die einen sehr freiheitlichen Einschlag zu haben scheinen.
Die Frage lautet also: Kann Marvel Freiheit, und wenn ja, kann es das mit einer Figur, die nach einer Nation benannt ist und als Soldat bekannt ist? Wäre nicht ein Tony Stark (also „Iron Man“) viel geeigneter, da er ja ein Unternehmer, Genie, Milliardär, Playboy und Philanthrop ist? Ich beginne mit einer Enttäuschung für Sie, denn die zweite Frage werde ich in meinem nächsten Artikel beantworten, denn das, was Sie jetzt zu lesen bekommen, ist mehr oder weniger die Einleitung zu Marvels besten Themen: Verstaatlichen oder privatisieren? Auch kann man gerne von der Frage sprechen: Ist Freiheit wichtiger als Sicherheit?
Beginnen wir aber mit dem Film als solchem, und Vorsicht: Hier kann es zu Spoilern kommen. Der ganze Film dreht sich um die uramerikanische Frage: Sollten wir Freiheit für Sicherheit aufgeben? Ok, gehen wir in die Handlung. Steve Rogers („Captain America“) war seit dem Zweiten Weltkrieg eingefroren und findet sich nun in der Moderne wieder. Die meisten seiner Freunde sind tot oder uralt. Er hat natürlich viel verpasst und somit geschichtlich einiges aufzuholen. Der Krieg ist vorbei, genau wie seine Zeit als Soldat, was für viele Veteranen nicht einfach ist. Glauben Sie mir, es geht mir ähnlich. Auf der Suche nach seinem Platz in der Welt und während seines Jobs bei einer geheimen Organisation der USA („S.H.I.E.L.D.“) fallen ihm immer häufiger Ungereimtheiten auf.
So kommt es, dass er während einer Geiselbefreiung auf hoher See nur den halben Auftrag zu kennen scheint. Es werden Geiseln gefährdet, weil einer in dem von ihm geleiteten Team eigentlich einen ganz anderen Auftrag verfolgt. Was für Steve Anlass genug ist, sich bei seinem Vorgesetzten Nick Fury (Samuel L. Jackson) zu beschweren. Während des Gesprächs erfährt Steve, dass die Organisation, für die er arbeitet, komplexe Waffen gefertigt hat, um die ganze Welt zu schützen und Terroristen auszuschalten, noch bevor diese Terroranschläge verüben.
An genau dieser Stelle entwickelt sich ein interessanter Dialog zwischen den beiden, welchen ich hier in Teilen wiedergeben möchte. Nick: „Wir können viele Bedrohungen ausschalten, noch bevor sie akut werden.“ Steve: „Ich dachte, Bestrafung kommt nach dem Verbrechen.“ Nick: „So viel Zeit haben wir nicht.“ Steve: „Wer ist Wir?“ Von diesem Punkt an macht es der Film sehr geschickt, denn es gibt nicht den einen Bösen, sondern es wird sehr viel komplexer.
Es gibt natürlich schlechte Menschen, aber die haben ein Motiv, das ihnen die Möglichkeit gibt, der Held ihrer eigenen Geschichte zu sein. Nach einem Attentat auf Nick Fury kann Steve keinem mehr trauen. Er bricht mit der Organisation „S.H.I.E.L.D.“ und sieht sich gezwungen, eine große innerstaatliche Verschwörung aufzudecken. So viel zur groben Handlung des Films. Erlauben Sie mir aber dennoch einige Anmerkungen zum Handwerklichen.
Die Choreografien sind wirklich gut, vieles von der Aktion ist handgemacht und das Tempo des Films ist nahezu perfekt. Von mir noch nicht erwähnt, aber unbedingt lobenswert hervorzuheben ist die Veteranenthematik, die den ganzen Film über immer mal wieder zum Vorschein kommt. Auch persönliche Elemente finden immer wieder Platz, und die Figuren wachsen uns ans Herz. Sie sind uns nicht egal, wie es ja so oft im modernen Kino der Fall ist.
Warum ich mich entschieden habe, ausgerechnet über diesen Film zu schreiben? Einerseits erscheint am 14.02.2025 mit „Captain America: Brave New World“ ein weiterer Film der Reihe, und zum anderen sind eben diese Themen rund um Freiheit und Sicherheit in der gesamten Marvel-Reihe präsent und damit einem breiten Publikum zugänglich. In diesem popkulturellen Giganten sehe ich viel Aufklärungspotenzial.
Um auf meine Ursprungsfragen einzugehen: Kann Marvel Freiheit und ist ein ehemaliger Soldat des Zweiten Weltkrieges die beste Repräsentation für dieses Thema? Ja, und verdammt nochmal: Ja. Steve Rogers ist blutjung zur Armee gegangen und hat der Freiheit einen großen Dienst erwiesen und dafür nahezu alles geopfert. Wer könnte die Überwachungsmaßnahmen und das rücksichtslose Handeln eines Staates besser und glaubwürdiger anprangern als er? Zusammengefasst lässt sich dieser Film nicht schlecht reden. Er ist sehr gut gemacht, er erzählt eine fantastische Geschichte und er setzt politisch an den richtigen Stellen an, ohne dabei moralisch zu werden oder dem Zuschauer Dummheit vorzuwerfen, indem er ihm alles bis ins Kleinste zerkaut.
Sie können diesen Artikel gerne als Empfehlung von mir werten und auch empfehlen möchte ich meinen nächsten Artikel, wenn es im Detail um staatlich oder privat geht in „Captain America: Civil War“.
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