„Green New Deal“: Der Weg zu mehr Armut und Umweltverschmutzung
Marktwirtschaft als Sündenbock
von Olivier Kessler
Der Begriff „Green New Deal“ bezeichnet Konzepte, mit denen der „ökologische Umbau“ des Wirtschaftssystems vorangetrieben werden soll, um gesellschaftliche Herausforderungen (insbesondere den Klimawandel) zu bewältigen. Dabei wird klar, dass „Green New Deal“ lediglich ein weiterer Slogan für das ewig gleiche sozialistische Anliegen ist: nämlich die „Überwindung des Kapitalismus“. Denn der „Green New Deal“ läuft darauf hinaus, das marktwirtschaftliche Wirtschaftssystem (oder das, was noch davon übrig ist) durch ein anderes zu ersetzen, in welchem dem Staat noch mehr Macht, Einfluss und Kontrolle übertragen werden soll. Der „Green New Deal“ reiht sich damit ein in die Tradition des etatistischen Irrglaubens, wonach der Staat ein überlegenes Wissen zum Schutz der Umwelt habe.
In einem Interview mit Greenpeace verriet kürzlich ein Gymnasiast, der an den Treffen der nationalen Klimajugend partizipiert, dass die meisten Teilnehmer einen „System Change“ befürworteten. Angesichts der an Klimastreiks skandierten Parolen wie „Kapitalismus versenken, Klimakrise abwenden“, „Nieder mit dem Kapitalismus, hoch mit den Bäumen“ und „Aufstehen gegen die kapitalistische Naturausbeutung“ dürfte dies kaum überraschen. Die eigenverantwortlich handelnden Bürger hat man dabei längst abgeschrieben: „Die Zeit für Freiwilligkeit ist vorbei“, heißt es, und: „Um Verbote werden wir nicht herumkommen.“ Im Parteiprogramm der Jungen Grünen Schweiz, die sich als Vorkämpfer für den Umweltschutz verstehen, nimmt man ebenfalls kein Blatt vor den Mund: „Die Jungen Grünen sind eine antikapitalistische Partei“, die eine „Überwindung des Kapitalismus“ anstrebt.
Doch nicht nur Klima- und grüne Parteiaktivisten tun so, als sei die Marktwirtschaft schuld an Umweltschäden. Auch einflussreiche Intellektuelle mischen in der vordersten Reihe mit. So etwa Jeremy Rifkin, der in seinem vielbeachteten Buch „Der globale Green New Deal“ einen Kollaps der „fossil befeuerten Zivilisation um 2028“ prognostiziert und für einen weltweiten Plan zur Rettung der Welt „eine grundsätzlich neue Form des Wirtschaftens“ sowie für höhere Steuern und neue Gesetze zur Lenkung privater Investitionen plädiert. Der Staat soll es also richten, weil der Markt zu einer Katastrophe führen würde. Ähnlich argumentiert Naomi Klein in ihrem Buch „Warum nur ein Green New Deal unseren Planeten retten kann“, in dem sie massive staatliche Subventionen zur Förderung ausgewählter Energiequellen fordert.
Befürworter des „Green New Deal“ tun so, als könne ein Ausbau der staatlichen Kontrolle, Besteuerung und Regulierung zu einem besseren Schutz der Umwelt führen. Doch in der Wissenschaft gibt es keinerlei Hinweise darauf, dass ein Mehr an staatlicher Planung und Intervention einen besseren Umweltschutz zur Folge hätte. Vielmehr gibt es zahlreiche theoretische und empirische Belege für das Gegenteil.
Wirtschaftliche Freiheit und hohe Lebensstandards sind kein Widerspruch zu einer gesunden Umwelt. Im Gegenteil. Werden Bevölkerungszahl und Wirkungsmacht in Beziehung miteinander gesetzt, wurden von früheren Generationen, die nicht in einem kapitalistischen System und deshalb auch wesentlich weniger wohlhabend lebten, weitaus größere Umweltschäden angerichtet: Die Maya etwa haben um das Jahr 0 herum offenbar ihre ökologische Lebensgrundlage durch weiträumige Rodungen zerstört und mussten umsiedeln. Die fast komplette Entwaldung der Adria-Küste durch die Römer und die weitflächige Rodung der europäischen Landschaften für den Ackerbau sind weitere eindrückliche Beispiele. In der Steinzeit wurden zudem diverse Tierarten ausgerottet.
Vergleiche zeigen: Je reicher eine Gesellschaft ist, desto mehr nimmt sie tendenziell auf die Umwelt Rücksicht. Die Sensibilität für eine saubere Umwelt nimmt mit dem Anstieg der Lebensstandards zu. Die Umwelt-Kuznets-Kurve aus der Umweltökonomik verdeutlicht, dass sich der Umweltschutz ab einem gewissen Wohlstandsniveau bei jeder weiteren Zunahme des Pro-Kopf-Einkommens weiter verbessert. Dies gilt vor allem hinsichtlich der Eindämmung gesundheitsschädigender Luftschadstoffe, bei der Wasserverschmutzung sowie bei Abfällen der Landwirtschaft und der Haushalte.
Kein Weg zu einem besseren Umweltschutz führt an höheren Lebensstandards für breite Schichten vorbei – vor allem in Entwicklungsländern. Umweltschutz wird für viele Menschen erst dann zu einer Priorität, wenn zunächst andere lebensnotwendige Bedürfnisse befriedigt werden. Die ehemalige indische Innenministerin Indira Gandhi brachte diese Herausforderung treffend auf den Punkt: „Sind nicht Armut und Entbehrung die größten Verschmutzer? Wie können wir mit denen, die in den Dörfern und Slums leben, über die Reinhaltung der Ozeane, der Flüsse und der Luft sprechen, wenn doch ihre eigenen Leben an der Quelle verunreinigt sind? Die Umwelt kann unter Bedingungen der Armut nicht verbessert werden.“
Wissenschaftliche Untersuchungen bestätigen diese Vermutung Gandhis: Für die weltweit Ärmsten geht es gemäß einer globalen Umfrage der Uno vor allem um Aspekte wie Nahrung, Gesundheitsversorgung und Bildung. Das Thema Klimaschutz landete abgeschlagen auf dem letzten Platz der Prioritätenliste. Die Gleichung „Je reicher, desto grüner“ gilt auch innerhalb der westlichen Wohlstandsgesellschaften: Je wohlhabender ein Haushalt ist, desto schonender fällt der Umgang mit Ressourcen aus. Bernd Biliteski, Professor für Abfallwirtschaft, meint, man könne den Lebensstandard eines Haushalts sehr exakt an dessen Mülltonneninhalt erkennen: „Wohlhabende kaufen viel mehr frische Sachen ein und produzieren daher weniger Verpackungsabfall.“
Wir brauchen daher in erster Linie ein Wirtschaftssystem, das die Lebensstandards möglichst vieler Menschen anhebt, damit sich immer mehr Leute dem Umweltschutz widmen können und dieser für immer breitere Schichten zu einer Priorität wird. Erfahrungsgemäß führt einzig eine Politik, die sich weitgehend aus dem Wirtschaftsleben heraushält, zu diesem Ergebnis, und nicht eine solche, die dieses von A bis Z durchplanen, regulieren und lenken will.
Dass tendenziell marktwirtschaftliche Länder den ökosozialistischen Systemen nicht nur beim Wohlstandsniveau, sondern auch beim Umweltschutz meilenweit voraus sind, zeigt unter anderem die Feldstudie, bei der ein Gebiet mit der gleichen Sprache und einer ähnlichen Kultur über mehrere Jahrzehnte lang in zwei Gebiete aufgeteilt wurde: in die eher kapitalistische Bundesrepublik und die eher sozialistische DDR.
Die DDR-Führung sah sich beim Schutz der Umwelt gern in der Rolle einer Vorreiterin: Sie schrieb im Jahr 1968 den Umweltschutz als Staatsziel in der Verfassung fest und gründete 1972 – bereits 15 Jahre vor der westlichen Bundesrepublik – ein eigenes Umweltministerium. Der desaströse Zustand der Umwelt in der DDR zeigte jedoch klar, wie krass man dieses Ziel in Abwesenheit marktwirtschaftlicher Mechanismen verfehlte. Unter anderem verursachten eine verschwenderische planwirtschaftliche Produktion sowie eine suboptimale Wasser- und Energieversorgung gewaltige Schäden an der Natur. Jeder zweite größere Fluss der DDR war biologisch tot und der CO2-Ausstoß pro Kopf war in den 1970er und 1980er Jahren einer der höchsten der Welt.
„Green New Deal“ mag für Etatisten nach einer verlockenden Losung klingen. Wer jedoch über die Bedingungen eines funktionierenden Umweltschutzes Bescheid weiß, fällt nicht auf diese realitätsferne technokratische Rhetorik herein. Er weiß, dass die Folgen eines „Green New Deal“ nicht nur Umweltverschmutzung, sondern auch Armut sein werden.
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