Medien: Staatlicher Qualitätsjournalismus: Ein Widerspruch in sich selbst
Nur ein freier Markt sorgt für Vielfalt
von Olivier Kessler
Eingriffe in die Freiheitsrechte – wie etwa das Eintreiben von Zwangsgebühren für Radio und Fernsehen – werden gern mit noblen Beweggründen gerechtfertigt. So gibt man zum Beispiel im Bereich der Medien vor, es ginge um eine Qualitätssicherung. In einem marktwirtschaftlichen System würden die privaten Medien von reichen Kapitaleignern beherrscht, die danach trachteten, ihre persönlichen politischen Interessen durchzusetzen. Es gäbe ohne staatliche Intervention nur noch Medien, die Propaganda im Interesse der Eigentümer verbreiteten, wobei die wahrhaftige Berichterstattung unter den Tisch fallen würde. Es brauche daher staatlich subventionierte Medien, die unabhängig von solchen Sonderinteressen blieben und wahrheitsgetreu berichten könnten
Zu dem Schluss, der Staat könne unabhängigen Qualitätsjournalismus sicherstellen, indem er Medien finanziere oder selbst betreibe, kann nur kommen, wer ein idealisierendes und beschönigendes Bild vom Staat hat. Wer in diesem eine makellose Instanz der reinen Güte erblickt; wer glaubt, Machtinteressen seien seinen Vertretern fern und diese sorgten sich ausschließlich um das Gemeinwohl, verkennt die Realität: Es ist der Staat höchstpersönlich, der aufgrund seines Gewaltmonopols die größte Gefahr für die Medienfreiheit darstellt.
Staatsromantiker sehen aus ideologischen Gründen die eigentliche Herausforderung nicht beim Machtmissbrauch der verpolitisierten Medien, sondern auf der Seite der Privatwirtschaft, also bei nichtstaatlichen Institutionen, die nicht mit dem Gewaltmonopol ausgestattet sind – beispielsweise profitorientierte Medienunternehmen, Reiche oder „die Wirtschaft“. Sie behaupten, diese seien die eigentliche Gefahr für die Medienfreiheit. In einem freien Medienmarkt seien Journalisten auf Gedeih und Verderb von Werbeeinnahmen privater Firmen abhängig und müssten sich wohl oder übel deren Interessen beugen. Aus diesem Grund müsse der Staat die Unabhängigkeit der Medienschaffenden durch staatliche Subventionen sicherstellen.
Selbstverständlich besteht bei werbefinanzierten Medien ein Spannungsfeld zwischen der Unabhängigkeit der Journalisten und den Interessen der Werbekunden. Angenommen, ein Inserent trägt einen großen Teil zum Budget bei: In einem solchen Fall besteht tatsächlich die Gefahr, dass die Journalisten weniger kritische Töne in Bezug auf diesen Werbekunden anschlagen könnten, als angebracht wäre. Dasselbe gilt natürlich, wenn die Sender einem Unternehmen oder einer NGO gehören und damit politische Interessen verfolgt werden. Echte Unabhängigkeit und wahre Medienfreiheit sind jedoch nur in einem freiheitlichen, wettbewerbsorientierten Mediensystem zu haben – Werbefinanzierung hin oder her. Journalismus-Experte Jeff Jarvis erinnert zu Recht an die befreiende Wirkung, welche die Werbefinanzierung einst hatte: „Bevor wir davon ausgehen, Werbung würde korrumpieren, täten wir gut daran zu bedenken, dass die Werbung einst die Zeitungen vom Besitz und von der Kontrolle durch politische Parteien befreit hat.“
Die Abhängigkeit eines Mediums von einer Firma auf dem freien Medienmarkt ist ordnungspolitisch wesentlich weniger schlimm als eine Abhängigkeit vom Staat. Denn wenn die Bürger selbst entscheiden können, welche Sender sie finanzieren und konsumieren, entsteht ein Wettbewerb der Programmanbieter um die Gunst der Kunden. Sobald ein Sender einen blinden Fleck aufweist und über gewisse Themen aus Eigeninteresse nicht mehr oder verzerrend berichtet, werden seine Konkurrenten dies genüsslich ausschlachten und auf die fehlende Unabhängigkeit hinweisen. Für den Entlarvten bedeutet dies ein Verlust der Glaubwürdigkeit und der Reputation, was ihn Kunden kosten wird. Ein Medienunternehmen auf dem freien Markt muss es sich also gut überlegen, wie stark es sich von einzelnen Werbekunden abhängig machen will. Wenn die Interessen bekannt sind, sorgt Vielfalt für ein ausgewogeneres Bild.
Was oftmals vergessen geht: Werbefinanzierung ist nicht die einzige Variante, um auf dem freien Medienmarkt profitabel zu wirtschaften. Eine weitere Möglichkeit stellen Einnahmen aufgrund verkaufter Abonnements dar. In diesem Falle würden nicht Werber, sondern die Konsumenten selbst für das Produkt aufkommen. So, wie das zu einem gewichtigen Teil auch bei den meisten Zeitungen der Fall ist. Mit diesem Finanzierungsmodell ist das Medium einzig den Konsumenten verpflichtet und nicht irgendwelchen Sonderinteressen.
In einem freien Medienwettbewerb zählen in erster Linie die Bedürfnisse des Publikums, nicht die Bedürfnisse der Eigentümer. Wer ein Medium als Eigentümer zu einem reinen Propagandasender umgestaltet, der tagein, tagaus nur noch plumpe Indoktrinierung im Sinne der Eigentümer verbreitet, wird einen signifikanten Anteil seines Publikums verlieren – womit auch die Einnahmen dahinschmelzen.
Sind die Medien aber von der Politik abhängig, besteht die Möglichkeit der gegenseitigen Disziplinierung nicht mehr im gleichen Ausmaß wie auf dem freien Markt. Dann nämlich sind alle vom selben Player – vom Staat – abhängig und die Medienlandschaft tendiert dazu, zu einem inhaltlichen Einheitsbrei im Sinne der herrschenden Politik zu verkommen. Und selbst wenn die private Konkurrenz auf die Staatsabhängigkeit der öffentlich-rechtlichen Medien hinweist, wird sie kaum noch wahrgenommen. Denn aufgrund der Marktverzerrung durch Zwangsgebühren und Subventionen rutscht die private Konkurrenz höchstwahrscheinlich in die relative Bedeutungslosigkeit ab, weil sie sich nicht die gleiche Anzahl teurer Produktionen leisten kann und nicht die nötigen Mittel hat, die besten Moderatoren von der staatsfinanzierten Konkurrenz abzuwerben, weil man bei Letzterer marktunüblich hohe Löhne zur Bindung der besten Mitarbeiter zahlen kann. Öffentlich-rechtliche Medien können mitnichten als „unabhängig“ bezeichnet werden, sondern unterliegen den Vorlieben der Politik. Durch ihre Staatsfinanzierung sind sie vom „Goodwill“ der politischen Entscheidungsträger abhängig, was es schwierig macht, den Mächtigen im Staat – also den Politikern und Verwaltungsfunktionären, die die direkte Kontrolle über das Gewaltmonopol innehaben – medial auf die Finger zu schauen und politische Missstände aufzudecken. Denn die Hand, die einen füttert, beißt man in der Regel nicht.
Skurril ist auch ist die Behauptung, nur staatsfinanzierte Medien könnten unabhängigen „Qualitätsjournalismus“ gewährleisten: Denn was „Qualitätsjournalismus“ ist, kann nur jeder Konsument für sich selbst entscheiden. Das, was die einen unter „Qualität“ verstehen, muss für die anderen nicht unbedingt eine solche sein. Die einen verstehen darunter beispielsweise aufgemotzte, luxuriöse TV-Studios, andere eine Berichterstattung aus Sicht der vermeintlich richtigen politischen Perspektive, wieder andere eine unvoreingenommene, möglichst neutrale und kritische Tatsachendarstellung. Für die einen sind die Themen A, B und C entscheidend, für andere D, E und F. Es gibt folglich keine objektive Qualität, die man gesetzlich definieren und durchsetzen könnte. Dies wäre reine Willkür.
Würde man jedoch den Medienwettbewerb spielen lassen und auf die Eintreibung von Zwangsgebühren verzichten, könnte jeder diejenigen Angebote beziehen, die ihm persönlich zusagen. Es gäbe keine Streitigkeiten darüber, welche Art von Medien nun mit den Zwangsgebühren finanziert werden sollen und welchen „Qualitätskriterien“ diese genügen müssen. Die freie Marktwirtschaft ist nichts Exkludierendes. Verschiedene Arten der Berichterstattung könnten problemlos nebeneinander bestehen. Echte Medienvielfalt und Medienfreiheit können daher nur in einem marktwirtschaftlichen Mediensystem gedeihen.
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