19. Dezember 2024 06:00

Wirtschaft Lässt eine Gesellschaft den Konkurs nicht zu, ist sie erledigt

Ein wichtiger reinigender Prozess

von Olivier Kessler

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Bildquelle: BreizhAtao / Shutterstock Konkurs: Schmerzhaft für jeden davon Betroffenen, aber notwendig

Ein Konkurs gilt vielen als Tragik schlechthin. Das ist mit Blick auf die individuellen Folgen für Angestellte und Investoren verständlich. Denn hier geht etwas kaputt. Das ist mit unmittelbarem Leid verbunden: Arbeitsplätze werden gestrichen, die Betroffenen müssen sich umorientieren und die Investoren verlieren ihr Geld.

Man macht es sich jedoch zu leicht, den Konkurs als solchen zu verdammen. Konkurse gehören nun mal zu einer freien Wirtschaftsordnung, wie ein reinigendes Gewitter zur Natur. Man ist gut beraten, sie als wichtigen Bestandteil eines funktionierenden Gefüges zu akzeptieren und ihren Beitrag für unser aller Wohl nicht zu unterschätzen. Konkurse zum Sündenbock zu machen und sie mit politischen Interventionen zu verunmöglichen, würde einen Prozess des schleichenden zivilisatorischen Niedergangs einläuten. Denn ohne Konkurse würde der Wohlstand massiv schrumpfen und der Fokus der Unternehmen würde sich von der Befriedigung des Kundenwohls mehr und mehr wegbewegen.

Dass der Fortbestand eines Unternehmens gesichert werden will, ist verständlich. An ihm hängen eine Menge Interessen. Es gibt Akteure, die von diesen Gebilden ihr Einkommen beziehen und deren soziale Stellung an die Weiterexistenz dieser Organisationen geknüpft ist. Entsprechend werden diese Akteure alles daransetzen, ihre Vorteile in die Zukunft zu retten, indem sie sich für das Weiterbestehen der entsprechenden Firmen einsetzen.

Dies können sie auf zwei verschiedene Weisen tun. Die erste ist die ethisch einwandfreie, weil sie zu einer Win-win-Situation führt. Hier wendet ein vom Niedergang bedrohtes Unternehmen den Konkurs durch eine Restrukturierung oder Neuorientierung ab, indem es sich neu ausrichtet, indem es unnötige Ausgaben streicht und nach neuen Einnahmequellen sucht. In einer freien Marktwirtschaft bedeutet dies: Das Unternehmen muss besser hinhören, was die Abnehmer konkret wollen. Es muss diese Bedürfnisse in geeignete Produkte und Dienstleistungen ummünzen, für die die Nachfrager bereit sind, freiwillig einen Preis zu bezahlen, der über den Produktionskosten liegt. Schafft die Firma dies, so erwirtschaftet sie einen Gewinn und kann den Konkurs abwenden. Ein Unternehmen gerät so wieder auf die Erfolgsbahn und kann weiterbestehen, wenn es weiterhin für die Gesellschaft Wert schöpft.

Dieser geschaffene Wert misst sich in einer freien Marktwirtschaft (in der es keine Subventionen, Sonderinteressenregulierungen, verzerrende Steuern und andere Staatsinterventionen gibt) an der Höhe des Gewinns. Die entsprechenden Arbeitsplätze wandern zu den erfolgreichen Unternehmen, die mit ihrer Wertschöpfung beweisen, dass die wertvollen Arbeitskräfte damit am richtigen Ort eingesetzt sind.

Die andere (unethische) Weise, um einen Konkurs abzuwenden, ist die folgende: Man ruft den Staat zu Hilfe. Dieser soll mit Subventionen, Hilfskrediten, einer Verstaatlichung oder auf anderen Wegen den drohenden Konkurs abwenden. Doch was geschieht hier eigentlich genau?

Erstens wird durch diesen chirurgischen Eingriff in die freie Marktwirtschaft ein wichtiger Mechanismus gestört, der dafür verantwortlich ist, dass Wohlstand geschaffen wird. Wendet ein Unternehmen nämlich fortdauernd mehr Mittel auf, als es erwirtschaftet, so heißt das nichts anderes, als dass die Firma Werte vernichtet. Sie schafft keinen Wohlstand, sondern zerstört ihn. Sie verwendet knappe Ressourcen nicht zur Befriedigung dringender und wichtiger menschlicher Bedürfnisse, sondern macht mit den knappen Ressourcen etwas, was die Menschen nicht entsprechend wertschätzen. Diese fehlende Wertschätzung kommt mit der ausbleibenden oder zu geringen Zahlungsbereitschaft zum Ausdruck. Die Einnahmen bleiben weg.

Indem der Staat den Konkurs durch seine Intervention verhindert, stellt er sicher, dass auch weiterhin Werte durch diese Firma vernichtet sowie knappe Ressourcen und Mitarbeiter durch diese Firma gebunden werden, die andernorts besser und zum größeren Wohle der Menschheit eingesetzt werden könnten. Insofern kann man schlussfolgern, dass Staatseingriffe zur Verhinderung von Konkursen im besten Fall die Entstehung von Wohlstand verhindert, im wahrscheinlichsten Fall aber den Wohlstand reduziert respektive die Armut vergrößert. Weshalb sollten wir Maßnahmen gutheißen, die vielleicht kurzfristig den Schmerz der Anpassung hinauszögern, die jedoch mittel- bis langfristig zur Verarmung führen?

Zweitens muss man sich anschauen, wie der Staat einen Konkurs abwendet. Die einzige Möglichkeit besteht darin, die fehlenden Mittel jemandem abzunehmen und sie dann der vom Konkurs bedrohten Firma zufließen zu lassen. Selbst wenn das Geld frisch von der Zentralbank geschöpft wird und dann an das Unternehmen fließt, wird die Allgemeinheit geschädigt, denn damit wird der Wert der bestehenden Geldeinheiten reduziert, womit den Bürgern Kaufkraft verloren geht. Dies läuft am Ende auf dasselbe hinaus, wie wenn man dem Steuerzahler direkt Geld abnähme.

Etwas anders stehen die Dinge, wenn es sich beim von einem Konkurs Bedrohten um den Staat handelt, denn dieser ist von Natur aus nicht als gemeinwohlorientierte Institution organisiert, weil er durch seinen Zwangscharakter die finanzielle Schieflage noch lange hinauszuzögern weiß. Damit kann er seine Verschwendung noch lange fortsetzen. Er raubt den Akteuren einfach immer mehr von den Früchten ihrer Arbeit.

Irgendwann aber ist der Punkt erreicht, an dem weitere Steuer- und Abgabenerhöhungen zu einer Verringerung der Steuereinnahmen führen (Laffer-Kurve) oder auf zu großen Widerstand der fiskalisch Ausgebeuteten stoßen. Dann kommt die Geheimwaffe der Politik immer ausgiebiger zum Zug: die Ausweitung der Staatsverschuldung und die uneingeschränkte Ausdehnung der Geldmenge, um die Zinsen und damit die Kosten der Verschuldung künstlich tief zu halten. Diese heimliche Enteignung wird dann so lange fortgesetzt, bis es schließlich der Hinterste und Letzte auf schmerzvolle Weise gemerkt hat, welches Spiel gespielt wird. Es folgt die Enteignung der Gläubiger zur restlosen Tilgung der Staatsschulden, die dann als „Währungsreform“ verkauft wird. Anschließend beginnt das Spiel auf dem Buckel der Bevölkerung von Neuem.

„Währungsreformen“ waren bislang im Grunde genommen gar keine Reformen, wie der Ökonom Roland Baader treffend bemerkte: „Nichts wird reformiert, weder der Ausgabenwahn des Staates noch die Kumpanei der Notenbank mit den Politikern, weder die verantwortungslose polemische Raserei der Gewerkschaften und Interessenverbände noch die unbegrenzte Neid- und Bestechungsmentalität der Bürger. Es wird nur etwas deformiert, nämlich das Vermögen der Bürger.“ Es gilt also bei der nächsten „Reform“ unbedingt darauf zu achten, dass eine solche auch ihren Namen verdient. Das Wiederholen der immer gleichen Fehler ist zu vermeiden.

Bereits Adam Smith warnte seinerzeit vor einer Aufblähung der staatlichen Verschuldung: „Haben Staatsschulden eine übermäßige Höhe erreicht, so ist kaum ein einziges Beispiel vorhanden, dass sie ehrlich und voll bezahlt worden wären.“ In der Tat ist die Geschichte – auch die neuere – voll von Anschauungsmaterial, das zeigt, dass Volkswirtschaften immer wieder an zu hohen Schulden zugrunde gehen. Allein seit 1980 kam es weltweit zu 90 Insolvenzen von 73 verschiedenen Staaten. Doch auch hier deckt letztlich der Staatsbankrott einen nicht nachhaltigen Exzess und eine Verschwendung von Ressourcen auf, weshalb es auch in diesem Kontext reinigend wirkt.


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