Streit um Musk-Sekte: Warum so rabiat?
Lieber ganz entspannt und humorvoll demontieren
von Axel B.C. Krauss
Nachdem die „Welt am Sonntag“ sich entschieden hatte, einen Gastbeitrag Elon Musks, Guru der „X“-Sekte, abzudrucken, meldeten sich andere Journalisten der Zeitung zu Wort. Sie widersprachen, teils heftig. So schrieb Franziska Zimmerer in der „Welt“ am 28. Dezember: „Der Abdruck eines Gastbeitrags des US-Unternehmers und Milliardärs Elon Musk in ‚Welt am Sonntag‘ hat in unserer Redaktion zu einer intensiven Diskussion geführt. Viele Kollegen argumentierten gegen eine Veröffentlichung, so auch ich.“
Und zur (aus meiner Sicht völlig erwartbaren) Werbung Musks für die AfD schrieb ein anderer Redakteur der „Welt“, Philipp Burgard, sie sei eine Gefahr für Deutschland. Das ist natürlich insofern eine äußerst streitbare Äußerung, da vor dem Hintergrund der massiven Gefährdung Deutschlands durch die bewusst wirtschaftsdemontierende „Degrowth“- oder „Nachhaltigkeits“-Politik zu fragen wäre, wie die AfD hier noch nachtreten könnte – wohl höchstens dadurch, diesem gezielten Demontagekurs zu folgen. Dass in anderen Publikationen – auch das ist erwartbar, es versteht sich von selbst – natürlich von „Staatsversagen“ und so weiter die Rede ist, obwohl eine längst detailliert offengelegte Agenda dahintersteht, verbuche ich als „geschenkt ist noch zu teuer“.
Warum seinen Beitrag nicht veröffentlichen? Was spricht denn dagegen? Ach so, ich verstehe: Weil Musk ein „Prominenter“ ist und deshalb vielleicht die „Gefahr“ besteht, dass viele Menschen seiner Meinung „folgen“? Sollte das ein Argument in den redaktionsinternen Diskussionen gewesen sein: Sechs, setzen. Ich hab’s nich’ so mit dem Folgen. Und es ist mir so was von egal, welche politischen Empfehlungen ein Multimilliardär ausspricht. Ähem: Hat seine Meinung ein ganz besonderes Gewicht, ist sie „bedeutender“ als andere Meinungen, nur weil er „berühmt“ ist und über beträchtliche Finanzmittel verfügt, oder wie? Wo liegt das Problem? Lasst ihn doch ruhig frei reden. Oder wollt ihr jetzt seinem „X“ hinterhereifern, wo Unerwünschtes, naja, algorithmisch wegstalinisiert wird?
Was die psychologische Funktionsweise des Massenformierungs- und Gefolgschaftskultes betrifft, den auch ein Musk als Guru selbstverständlich ausgiebig bedient, so hatte ich mich dazu bereits eingehender ausgelassen (in meinem Büchlein „Folgen Sie mir bloß nicht! Interview mit einem Säugling“). Der zweite Band folgt in Kürze. Dieses Elend muss ja mal aufhören.
Jedenfalls gibt es bessere Möglichkeiten als Zensur und Verbote, diesem Quatsch zu begegnen. Druckt einfach seine Beiträge ab, ihr könnt sie dann ja durch Gegendarstellungen ergänzen. Fundierte. So hatte zum Beispiel der amerikanische Autor CJ Hopkins, der in Deutschland lebt, die kindische Musk-Sekte satirisch fachgerecht zerlegt (wie vor ihm bereits Iain Davis, aber den hatte ich schon zitiert): Hopkins schreibt in seinem amüsanten Jahresrückblick „Das Jahr des Zeloten“: „Die andere Hauptquelle für schamlosen Fanatismus im Jahr 2024 war der Musk-Kult. Ungeachtet der Tatsache, dass er massiv und global ist, funktioniert der Musk-Kult wie jeder andere auch. Die Gehirne der Kultisten werden unerbittlich mit infantilen, von der KI generierten Elon-Memes bombardiert. Elon als Cäsar. Elon als Jesus. Elon als Captain Free Speech America. Elon als die rechte Hand von Trump. Elon als der marsianische Führer. Sie werden den ganzen Tag über mit Elons gedankenvernichtenden Klischees und geisttötenden Plattitüden überschwemmt. ‚X ist die einzige Quelle der Wahrheit‘, ‚Der Hammer der Gerechtigkeit kommt‘. Und so weiter. Wer es wagt, etwas Kritisches über Elon zu posten, wird von Musk-Kult-Zeloten angegriffen oder in die Unsichtbarkeit gefiltert. Milieukontrolle, Reinheitsgebot, belastete Sprache, Auslöschung der Existenz und all die anderen klassischen Kennzeichen von Kulten und operanter Konditionierung sind in Kraft.“
Seht ihr, wie einfach das war? Man braucht nur Klartext zu reden, mehr ist gar nicht nötig. Keine langen Diskussionen, ob man den Guru sprechen lassen sollte oder nicht. Lasst ihn.
Was ich außerdem recht erheiternd fand, war die Verwunderung darüber – zum Beispiel in einem Artikel des „Focus“ –, dass Musk sich in seiner AfD-Werbung („Nur die AfD kann Deutschland retten“) ausgerechnet auf einen Tweet der politischen Influencerin Naomi Seibt berief – Verzeihung: der künstlich zur politischen Influencerin aufgebauten Naomi Seibt.
Natürlich hat Musk ihren Tweet geteilt. Der Mann ist erstens nicht auf den Kopf gefallen, zweitens nicht blind und drittens mit den Nachrichten- und Geheimdiensten auf Du und Du. Weshalb er längst weiß, dass Seibt Teil jenes Zitierkartells aus politischen Influencern ist, das den Auftrag hat, innerhalb der alternativen Medien einen „Neuen Mainstream“ oder vielleicht besser: einen „Alternativen Mainstream“ aufzubauen, um bessere Narrativkontrolle ausüben zu können. Was ja der Grund ist, warum Seibts Tweets vom „X“-Algorithmus gefördert werden und der Meister schon mal selber nachhilft, um den (falschen) Eindruck zu erwecken, es handele sich dabei um absolut glaubhafte, authentische Opposition.
Es hängt eben alles davon ab, welche Informationen man hat. Ihre Qualität ist entscheidend. Wenn man also nicht weiß, dass Seibt nicht auf ganz natürlichem Wege so „einflussreich“ wurde, sondern als politische Influencerin ein Kunstprodukt ist, wird man sich wahrscheinlich darüber wundern, dass ein US-Milliardär den Tweet einer deutschen Follower-Kultistin teilt. Weiß man es aber, lächelt man entspannt: Sektenführer teilt Follower-Kultistin zwecks Aufbaus einer Legion von Richtigmeinenden.
Manche Dinge ändern sich eben nie – oder nur sehr langsam. Und was den von Hopkins zu Recht so genannten „Fanatismus“ betrifft, lässt sich für das brandneue Jahr die sichere Voraussage machen: Sektenmentalität, Kader- beziehungsweise Lagerdenken und andere psychische Störungen werden auch 2025 weiter prächtig gedeihen.
Bis nächste Woche.
Kommentare
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