21. Januar 2025 16:00

Weiterer Schlag gegen Nutztierhaltung Die Politik beschützt uns gerade vor einer Tierseuche

Warum nur will sich bei mir kein Gefühl des Vertrauens einstellen?

von Christian Paulwitz

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Bildquelle: Shutterstock Wasserbüffel: In Brandenburg starben einige Tiere an der Maul- und Klauenseuche

„Le germe n’est rien, le terrain est tout“ – „Die Mikrobe ist nichts, das Milieu ist alles“, so lautete das zusammengefasste Ergebnis des Mediziners und praktizierenden Arztes Claude Bernard zu seinen Forschungsarbeiten. Im Wissenschaftsstreit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts sah er den Organismus als selbstregulierendes System und war der Gegenpol zu Louis Pasteur, Mitbegründer der medizinischen Mikrobiologie, der im Auftrag der französischen Regierung an den Ursachen von Infektionskrankheiten forschte und sich dem Kampf gegen Krankheitserreger verschrieb. So stellte er unter anderem das Prinzip der Impfung, das man bisher nur in Bezug auf die Pocken praktizierte, auf eine breitere Grundlage.

Bernard und Pasteur kannten sich und pflegten einen wissenschaftlichen Austausch. Auf lange Sicht hat sich Pasteur mit seinem Weg durchgesetzt, obwohl er angeblich am Ende auf dem Totenbette Bernard überwiegend recht gegeben haben soll. Für den Staat ist der Krieg gegen die Mikrobe ungleich attraktiver als ein selbstregulierendes System, dessen Stärkung man der Eigenverantwortung überlassen müsste, denn beim Kriegführen bewegt er sich auf dem Feld seiner ureigensten Kernkompetenzen. Und wie auch in anderen Bereichen der Kriegführung, kann er dabei die Ausübung von Macht zur Stärkung seiner selbst mit dem Profit für Sonderinteressengruppen verbinden, die mit ihm kooperieren.

Möglicherweise liegt die Wahrheit ja irgendwo dazwischen, und das Milieu mag eine wesentliche Rolle spielen, ist aber nicht „alles“, sondern auch Krankheitserreger haben ihren Anteil, damit es zum Ausbruch zumindest bestimmter Infektionskrankheiten kommt. Das erscheint mir schlüssiger als die Fixierung auf einen Faktor, wenn ich mich selbst im Allgemeinen auch näher am Konzept Bernards sehe und es auch in der praktischen Anwendung für grundsätzlich wirksamer halte. Denn der Krieg gegen Krankheitserreger verengt den Blick, selektiert die für diesen Krieg geeigneten Waffen und vernachlässigt die Kollateralschäden, die jedes Schlachtfeld zurücklässt. Ist der Erreger besiegt, doch fällt der Patient im Kampfe, hängt es lediglich vom Geschick der Kriegspropaganda ab, ob die Siegesfeier getrübt oder gar noch euphorischer wird.

Bei der Maul- und Klauenseuche (MKS), von der Paarhufer betroffen sind, wird sofort beim ersten Ausbruch der Krieg gegen den Erreger ausgerufen, und die Generalmobilmachung eingeleitet. Die Krankheit gilt als hochansteckend und kann je nach Variante insbesondere bei Rindern mit einer hohen Letalitätsrate verbunden sein. Entsprechend sind die Bemühungen gegen eine Weiterverbreitung des Erregers sehr rigoros, obwohl er für Menschen wohl nicht gefährlich ist. Zudem schützt dank Louis das „Pasteurisieren“ von Milch vor Übertragung; da die sonstige Auswirkung auf das Lebensmittel Milch im Krieg nicht interessieren, gibt es auch nur noch solcherweise pasteurisierte zum Verkauf und für die weitere Bearbeitung zu Milchprodukten. Bezüglich einer Übertragung auf den Menschen sind die offiziellen Quellen übereinstimmend ziemlich entspannt. So ein Rind ist schließlich keine Fledermaus.

Am 10. Januar wurde das MKS-Virus in Brandenburg in einem Betrieb bei Wasserbüffeln festgestellt; drei Tiere verendeten an der Krankheit, wie es heißt, insgesamt wurde der Erreger bei 14 Tieren festgestellt. Es ist seit 35 Jahren der erste Ausbruch in Deutschland, und bisher wurde er nur an Tieren in diesem Betrieb nachgewiesen. Bilder entstehen, Männer in weißen Schutzanzügen, Desinfektionsmaßnahmen; Sperrzonen; Schutzgebiete; Transportverbote – Tierbetrieb-Lockdown. Sehr aufregend, sehr ernst – vor allem für die Tiere in diesem und in Nachbarbetrieben. Vorsichtshalber werden alle Tiere des Betriebs getötet, und auch in einem Umkreis von einem Kilometer, wovon unter anderem ein Schweinemastbetrieb mit 200 Tieren sowie 55 Ziegen und Schafe betroffen sind. Die Kadaver werden vernichtet, um eine mögliche Ausbreitung zu unterbinden. Mehrere Staaten haben bereits die Einfuhr von Fleisch von Rindern, Schweinen und Schafen aus Deutschland gestoppt.

Was verursacht den größeren wirtschaftlichen Schaden? Die Seuche oder die Maßnahmen zur Seuchenbekämpfung? Niemand kann diese Frage beantworten, denn Entscheidungen können unter denselben Umständen nur einmal getroffen werden. Aus Angst vor Eskalation wird jede Maßnahmeneskalation akzeptiert. Die Verbände tun wieder das, was ihre systemische Aufgabe ist, nämlich den Schulterschluss mit der Politik zu üben. Sieht doch gleich viel besser aus als Bauernproteste vor der Wahl.

Es gibt übrigens auch wieder einen Impfstoff, der allerdings erst einmal nicht zur Anwendung kommen wird. 1991 gab es in der EU Pflichtimpfungen von Rinderbeständen. Da allerdings bei den Antikörpertests geimpfte Tiere nicht von infizierten unterschieden werden können, sind Handelsbeschränkungen die direkte politische Folge von Impfungen.

Angesichts der nach allgemeiner Auffassung geringen Bedrohung für den Menschen selbst erstaunen doch die umfassenden Tötungsmaßnahmen und damit verbundenen Schäden. Anfang des Jahrhunderts wurden im Zuge eines Ausbruchs in Großbritannien mehr als vier Millionen Tiere getötet. Angesichts des Prinzips der vorsorglichen Tötungen dürften die wenigsten von ihnen tatsächlich infiziert gewesen sein. Ob man nun das Lebewesen oder das daraus produzierte Lebensmittel sieht: Die kalte Geringschätzung durch den Maßnahmenapparat ist beeindruckend. Die Behandlung der Krankheit ist verboten. Unter diesen Umständen wird man auch nie herausfinden, welche Haltungsbedingungen Tiere robuster gegen eine Infektion macht. Das ist auch nicht interessant. Die bewirtschaftbare Angst vor den Schäden durch die Seuche – und mittelfristigen Folgen wie Handelsbeschränkungen – ist zu groß, und für die Keulung von Beständen werden Entschädigungen durch den Staat versprochen. Jedenfalls bis zur Wahl. Die Maßnahmen werden nicht in Frage gestellt.

Im politischen Rampenlicht steht ein Landwirtschaftsminister einer Partei, die den Konsum von Fleisch am liebsten allgemein verbieten würde, um das Klima zu retten, und kann nun als „Krisenmanager“ Dinge sagen, die jeder hören möchte. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

Obendrein ist gerade wieder einmal Wahlkampf, und die einschlägig Verdächtigen überbieten sich mit Umverteilungsversprechen und impliziten Griffen in die Taschen der Bürger sowie jeder Menge nervigem und überflüssigem Geschwätz. Die politische Klau- und Maulseuche hat sich unter Menschen als übertragbar und sogar hochansteckend erwiesen. Erkrankte zeigen Symptome eines eingetrübten Verstands bis hin zum Verlust jeglicher ethischer Maßstäbe. Während sich die Bekämpfung dieses Erregers als schwierig erwiesen hat, zeigt sich jedoch der ausgiebige und regelmäßige geistige Aufenthalt im libertären Milieu als hochwirksamer Schutz gegen eine Infektion mit dem berüchtigten Virus.


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