Top Spin: Zitat der Woche: „Und die Details klären wir später?“ – „So isses.“
Wie Sandra Maischberger an Robert Habeck ein Exempel statuiert
von David Andres
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Das Jahr ist erst dreieinhalb Wochen jung, doch die Zeitenwende an der Oberfläche des politischen Personals und des Zeitgeistes rüttelt es bereits derart durch, dass einem schwindlig wird. Die Brandmauer bröckelt, riesige Steine fallen aus ihr heraus, und oben auf den Zinnen halten sich die bisherigen Wächter irritiert fest und rufen nach den Kübeln mit dem heißen Wasser und dem siedenden Öl. Entlang des Drehbuchs einer Wende, über dessen eigentliche Autoren gerne in der Kommentarspalte spekuliert werden darf, ändert sich auch das Verhalten der Mainstream-Journalisten.
Haben wir uns vor ein paar Wochen noch darüber aufgeregt, wie ergeben und devot Caren Miosga sich Robert Habeck über ihren Tisch hinweg anschmiegte, überraschte ihn und uns die Moderatorin Sandra Maischberger in ihrer Talkshow damit, bei seinen Plänen, Sozialabgaben auf Kapitalerträge einzuführen, gnadenlos nachzubohren. Für wen das Ganze denn nun tatsächlich gelte, wollte sie wissen. Ob er eben doch schon zur Kasse gebeten werde, der kleine Sparer mit seinen 30.000 Euro in ETFs oder Aktien? Gerade er, schwang unausgesprochen mit, weil man ihm im Gegensatz zu den ganz großen Fischen überhaupt habhaft werden kann. Habeck raunte, Habeck schwankte, Habeck versuchte wie immer, die Situation mit seiner seltsamen Mischung aus Aufopferung und Betroffenheit zu retten. Etwas, das seine Fans weiterhin als „Charme“ und „Menschlichkeit“ bezeichnen, das aber eher an Elternteile aus den frühen Sechzigerjahren erinnert, die sagen, dass jeder der notwendig ausgeführten Schläge gegen die Kinder, die einem höheren Erziehungszweck dienten, ihnen selber doch viel mehr wehtue als denen.
Nach einigem Hin und Her, bei dem Maischberger sich am noch amtierenden „Wirtschaftsminister“ festbiss wie einst Berti Vogts oder Jürgen Kohler an einem Angreifer, zog sie selber das vernichtende Fazit, das gemeinsam mit Habecks kurzer Antwort das Zitat der Woche bildet.
„Und die Details klären wir später?“ – „So isses.“
Ja, in der vergangenen Woche ist womöglich noch Bedeutsameres passiert und man hätte durchaus auch den Satz von Friedrich Merz raussuchen können, der anlässlich des grausamen Kindermordes von Aschaffenburg eine Asylwende ankündigte und sagte, dass es ihm nun „völlig egal“ sei, mit wem er das durchsetze. Mittlerweile scheint klar, dass er bereits diese Woche eine entsprechende Gesetzesänderung tatsächlich mit den Stimmen der AfD auf den Weg bringen wird, unter den entsetzten Augen der noch amtierenden, rot-grünen Restampel. Ein Katapult, welches das bislang größte Loch in die Brandmauer reißt. Trotzdem halte ich die Szene zwischen Maischberger und Habeck für mittelfristig wichtiger und wert, immer wieder in Gesprächen über Politik zitiert zu werden. Vor allem dann, wenn man – wie wir Libertären – der Auffassung ist, dass Politik ganz generell nicht nur das Problem ist, sondern von Menschen betrieben wird, die dieses Handwerk (so es denn eines ist) schlichtweg nicht beherrschen.
„Die Details klären wir später“ – in keinem Businessplan der Welt würde dies durchgehen, in keinem Pitch, bei dem ein junges Unternehmen seine Pläne vorstellt, um Investoren zu überzeugen. Kein Trainer würde in den Profifußball-Ligen eingestellt, hätte er kein klares Konzept davon, wie er die Mannschaft zu führen gedenkt und welche Veränderungen an der Aufstellung er beabsichtigt. Selbst die Schatzmeister von Schützenvereinen, Kleingartenanlagen oder Minigolfclubs würden es sicher kaum wagen, das ihnen übertragene Amt so auszugestalten. Und die berühmte schwäbische Hausfrau ohnehin nicht.
Der Fairness halber muss man zugeben, dass Alice Weidel wenig später in einem Interview bei den Tagesthemen in eine ähnliche Situation geriet. Die Moderatorin Jessy Welmer, wohl inspiriert von der Kollegin Maischberger, bohrte auch hier nach, wie die AfD denn nun ganz genau die enormen Steuerentlastungen, die sie verspricht, gegenfinanzieren wolle, da nach einer Rechnung des DIW (Institut der deutschen Wirtschaft) „Haushaltslöcher“ im Umfang von „181 Milliarden“ entstünden. Wo sich Robert bei Sandra in seinen selbstgerechten Trotz flüchtete, doch immer nur das Gute zu wollen, wich Weidel darauf aus, dass das DIW zu staatsnah sei und die Moderatorin sie bloß wieder „framen“ wolle, beklagte sich also über die manipulativen Tricks der Metaebene.
Die Geübten von uns wundert das alles nicht, wissen wir doch, dass mit einer schwarz-blauen Regierung, sollte diese nach dem vollkommenen Einsturz der Brandmauer tatsächlich gebildet werden, sich zwar an der Oberfläche der Politik durchaus einiges ändern kann, das Grundproblem jedoch bestehen bleibt – unterm Strich fahren sie schließlich alle bloß auf Sicht. Sie wollen erst einmal hinauf auf die Burg und diejenigen sein, die hinter den Zinnen und Schießscharten stehen und nicht die, die immer wieder die Leiter an die Mauer anlegen und zurückgeschlagen werden. Wie es danach weitergeht, wenn die Burg einmal erobert ist, das sind immer die berühmten Details, die man später klären kann.
Quellen:
„Sie gucken mich so erstaunt an!“ – Desaströser Auftritt, erst selbstzufrieden, dann beleidigt! Habeck bei Maischberger (Youtube, Auszug bei „Andi in Deutschland“)
AfD-Kanzlerkandidatin Weidel im tagesthemen-Interview (Youtube, „tagesthemen“)
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