02. Februar 2025 06:00

Ökosozialismus Irrtümer des ökologischen Antikapitalismus

Die Ökosozialisten verkennen, dass eine Wachstumsbremse dem Kapitalismus inhärent ist

von Antony P. Mueller

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Bildquelle: Mesve79 / Shutterstock Ein perfektes Steak: Demnächst verboten?

Die politische Ideologie des Ökosozialismus kombiniert Elemente des Sozialismus mit dem Umweltschutz. Die ursprüngliche Idee des Ökosozialismus war, dass die Arbeiterklasse und die Umwelt gemeinsame Interessen haben und dass ein sozialistisches Wirtschaftssystem notwendig sei, um eine nachhaltige und gerechte Nutzung der natürlichen Ressourcen sicherzustellen. Das umweltpolitische Desaster in den Gebieten, in denen die Kommunisten nach 1945 die Herrschaft übernommen hatten, hat diesen Anspruch gänzlich widerlegt. Nichtsdestotrotz fordern die Ökosozialisten weiterhin eine Umgestaltung der Wirtschaft und Gesellschaft in ihrem Sinn. Nach dem Kollaps des „real existierenden Sozialismus“ kann man zwar nicht mehr die zentrale Wirtschaftsplanung als Modell anbieten. Stattdessen geht es den Ökosozialisten nun darum, die Marktwirtschaft „ökologisch nachhaltig“ auszurichten. Dies soll in erster Linie durch eine Umstellung auf erneuerbare Energien erreicht werden.

Die grüne Botschaft lautet, dass der Kapitalismus nicht überlebensfähig sei, denn Kapitalismus bedeute Wachstum. Weil aber ständiges Wachstum in einer endlichen Welt nicht möglich ist, so die Behauptung, muss die kapitalistische Wachstumswirtschaft durch eine ökologische Kreislaufwirtschaft ersetzt werden. Der Weg dorthin führt über eine erzwungene Schrumpfwirtschaft. Ziel ist die drastische Reduzierung der Produktion und des Konsums, um den Verbrauch mit den ökologischen Standards der eigenen Weltanschauung in Einklang zu bringen. Konkret heißt das unter anderem die Einstellung des Flugverkehrs, die Abschaffung des Individualverkehrs und die Kürzung des Speiseplans, vor allem des Fleischkonsums.

Da nach Auffassung der Ökosozialisten der Kapitalismus nicht überlebensfähig ist, muss man entsprechend die Deindustrialisierung vorantreiben. Damit aber nicht genug. Auch die mit dem kapitalistischen Wachstum verbundenen Dienstleistungen wie das Banken- und Versicherungswesen, die Werbeindustrie und die Messelogistik müssten verschwinden. Ein Systemwandel ist nötig, sodass die Produktion nicht länger durch die Profitmaximierung der Unternehmen bestimmt sein darf, sondern sich an „ökologischen“ Kriterien ausrichten muss. Um diese Transformation zu bewerkstelligen, muss eine Übertragung der Entscheidungsmacht von Unternehmen auf die staatliche Technokratie vollzogen werden. Die Kommission der Europäischen Union ist das Musterbeispiel dieses Prozesses. Wie unter dem Faschismus, kann auch unter einem solchen Regime das Privateigentum zwar „formell“ beibehalten werden, aber die Technokratie wird mittels der Staatsmacht strikte Vorgaben für Konsum und Produktion festlegen. Der Markt wird außer Kraft gesetzt, Preise werden kontrolliert und ein System der Mengenrationierung wird installiert. Die Produktion von zu fördernden Gütern wird subventioniert, die Herstellung von als ökologisch schädlich bestimmten Gütern wird verboten oder mit hohen Abgaben belegt. Investitionen und Konsum müssen an staatlichen Vorgaben ausgerichtet werden. Es geht darum, die gesamte wirtschaftliche Tätigkeit auf das Ziel auszurichten, die „CO2-Emissionen“ zu reduzieren. Als Folge werden die Löhne und Gehälter drastisch fallen, und das ist auch gut so, denn dadurch gibt es weniger Konsum.

Die Ökosozialisten glauben, dass der Kapitalismus nicht überlebensfähig ist, weil er ein auf permanentes Wachstum angelegtes System und in einer endlichen Welt Wachstum begrenzt ist. Mit dieser Argumentation der Grenzen des Wachstums verkennen die Ökosozialisten jedoch fundamental das Wesen des Kapitalismus. Dem marktwirtschaftlichen Prozess ist eine Korrektur gegen übermäßiges Wachstum inhärent. Das Gesetz der abnehmenden Grenzerträge verhindert eine Überexpansion der Produktion. Wenn Verlust droht, wird der Unternehmer die Ausweitung des Betriebes stoppen. Das Gewinnmotiv verhindert, dass weiter produziert wird, wenn die Grenzkosten die Grenzerlöse übersteigen. Gleichzeitigt treibt ein geringer werdender marginaler Ertrag der eingesetzten Produktionsgüter die Unternehmen dazu, nach neuen Verwendungen des Kapitals zu suchen, die höhere Erträge bringen. Das „Immer-Mehr“ der alten Produktion wird durch eine neue Verwendung der Produktionsfaktoren abgelöst. Dieser sogenannte „technische Fortschritt“ betrifft nicht nur die Technologie, sondern alle betrieblichen Maßnahmen, welche die totale Faktorproduktivität erhöhen. Nicht immer mehr Wachstum ist das Kennzeichen des modernen Kapitalismus, sondern Innovation. Nicht immer mehr Produktion derselben Güter mit denselben Produktionsmitteln findet statt, sondern es gibt neuartige Güter und neue Produktionstechniken.

Dem beschränkten Horizont ihrer geistigen Ziehväter folgend, behaupten die Grünen, dass die Lebensdauer des Kapitalismus begrenzt sei. Sie folgen hier der marxschen These vom tendenziellen Fall der Profitrate. Demnach treibt der Wettbewerb die Kapitalisten zur Überakkumulation von Kapital. Dies führe zu immer geringer werdenden Erträgen. Dabei falle die Profitrate umso mehr, als dass die Konzentration des Kapitals zunehme. Der Kapitalismus schaffe sich so sein eigenes Grab. Karl Marx (1818–1883) glaubte an die Gesetzmäßigkeit einer zunehmenden Wirtschaftskonzentration durch immer größere Fabrikationsstätten. Er meinte, sein „Gesetz des tendenziellen Falls der Profitrate“ sei unaufhaltsam, weil er das Prinzip des technischen Fortschritts nicht erkannte. Aber auch hier tritt die automatische Wachstumsbegrenzung des Kapitalismus in Erscheinung. In einer Marktwirtschaft gibt es je nach der Grenzproduktivität der Produktionsarten ganz unterschiedliche Firmen- und Betriebsgrößen. Neben den Großunternehmen bestehen gleichzeitig zahlreiche kleine und mittlere Unternehmen.

Auch hielt es Karl Marx für ausgemacht, dass der Lohnsatz der Arbeiter auf ihr Existenzminimum sinke, da die Kapitalisten immer mehr Ausbeutung der Arbeiter betreiben müssten, weil die Produktivität des Kapitals sinke. Marx verkannte damit vollständig, wie sich der Kapitalismus entwickeln würde. Entgegen der marxistischen Prognose der Verelendung des Proletariats zeigte es sich, dass der Kapitalismus nicht nur einen steigenden Massenwohlstand hervorbringt, sondern der Produktivitätszuwachs auch dazu dient, mehr Freizeit statt Güter nachzufragen. Was den modernen Kapitalismus auszeichnet, ist der laufende Produktivitätsfortschritt und nicht, wie die Ökosozialisten einen glauben zu machen versuchen, immer nur mehr Produktion. Durch den technischen Fortschritt sinkt der Ressourcenverbrauch und die höhere Produktivität erlaubt mehr arbeitsfreie Zeit. Das Angebot einer vielfältigen Art von Gütern hoher Qualität ist neben der zunehmenden Freizeit die hervorragende Errungenschaft des modernen Kapitalismus seit Beginn der industriellen Revolution.

Die Ökosozialisten reden von Knappheit der Rohstoffe und ignorieren, dass Knappheit universell ist und das Wesen des Wirtschaftens darstellt. Gäbe es keine Knappheit, bräuchte man nicht wirtschaften. In der Marktwirtschaft dienen die Preise als Knappheitsindikatoren und fungieren zugleich als Anreiz, mit der Knappheit wirtschaftlich umzugehen. Wenn also den Thesen der Ökosozialisten zufolge eine erhöhte Knappheit der Rohstoffe drohte, müsste man nach rationaler Beurteilung nicht auf weniger Marktwirtschaft setzen, sondern umso mehr die marktliche Preisbildung befürworten und keineswegs die „Abschaffung“ des Kapitalismus predigen.

Für die Ökosozialisten ist die kommende menschengemachte, quasi durch „den Kapitalismus“ verursachte Klimakatastrophe eine Gewissheit. Es handelt sich dabei um ein Dogma, das in den Leitmedien als nicht mehr hinterfragbar gilt. Dabei ist unbestritten, dass das Klima auf der Erde seit jeher in ständigem Wandel begriffen ist, da es durch unzählige Kräfte bestimmt wird, die auf die Erde als eine um die Sonne kreisenden und durch den Weltraum rasenden Planeten einwirken. Das Klima ist ein dynamisch-komplexes System und als solches nicht exakt prognostizierbar. Da wir nicht wissen, ob es zu einer globalen Überhitzung oder einer neuen Eiszeit kommt oder ob sich das Klima noch eine längere Zeit wenig wandelt, sollte man sich vernünftigerweise nicht auf nur ein Szenarium einstellen, so wie es die Ökosozialisten mit der Prämisse einer globalen Erwärmung tun.

Deindustrialisierung ist der falsche Weg. Eine konsequent praktizierte Deindustrialisierung wird mit Armut, Hunger und Tod einhergehen. Die bessere Weise, um für einen Klimawandel jedweder Art gewappnet zu sein, ist eine leistungsfähige Volkswirtschaft. Eine hohe Produktivität ist die Grundlage, um zukünftigen Herausforderungen, sei es eine Erwärmung oder Abkühlung, Herr zu werden. Hier liegt die spezifische Leistung des Kapitalismus als eines Systems des freiwilligen Austauschs von Gütern und Leistungen unter Einsatz von Produktionskapital, im Unterschied zu allen anderen Wirtschaftssystemen. Ob nun die angekündigte Klimakatastrophe Wirklichkeit wird oder nicht: Man wird mit ihr umso besser fertig werden, je marktwirtschaftlicher das Wirtschaftssystem ausgerichtet ist. Umgekehrt führt der Ökosozialismus in jedem Fall in eine wirtschaftliche und menschliche Katastrophe – ob die klimatische Katastrophe nun kommt oder nicht.

Antony P. Mueller: „Technokratischer Totalitarismus. Anmerkungen zur Herrschaft der Feinde von Freiheit, Frieden und Wohlstand“ (KDP 2023)


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