„Eklat“ im Weißen Haus: Selenskyj angezählt, „Vorarbeiten“ des Krieges abgeschlossen?
Was genau könnte die „Art“ des „Deals“ sein?
von Axel B.C. Krauss

In Abwandlung eines bekannten Diktums: Hinter verschlossenen Türen wird nicht alles so heiß gegessen, wie es öffentlich gekocht wird. Denn dort – bei den privaten Treffen und Diskussionen – wird zumeist ganz nüchtern und mit nüchternem politischem Pragmatismus das kalte Büfett der Interessen abgefuttert. Das gilt mit Sicherheit auch für den auffallend zirkushaften „Eklat“, der nun natürlich sowohl im Mainstream als auch bei den Alternativen für zumeist ulkiges Geschnatter sorgte.
Friedrich Merz hält diesen kuriosen außenpolitischen Purzelbaum für eine bewusst „herbeigeführte Eskalation“ Washingtons. Andere fragen sich, ob Selenskyj „angezählt“ werden sollte, da er durch sein arg großspuriges und zuweilen schlicht impertinentes Verhalten in Ungnade gefallen sei. Gut möglich, denn es ist völlig klar, dass eine Supermacht wie die USA sich von „dreikäsehohen“ Gestalten wie einem Selenskyj, der ohnehin die ganze Zeit als lautstärkster Fürsprecher für weitere westliche Rüstungslieferungen nur „geduldet“ war, einen solchen Tonfall nicht lange bieten lassen wird. Es geht dabei sicher auch um Gesichtswahrung. Ein Pitbull lässt sich vielleicht eine gewisse Zeit von einem Pinscher ankläffen – was kümmert’s ihn angesichts seiner Überlegenheit –, aber irgendwann werden andere Pitbulls sich fragen, warum er sich das gefallen lässt und ihn vielleicht für schwach halten. Dann könnte es passieren, dass er mal kurz zurückkläfft und der Schinken ist gepökelt.
Also warum genau geht es hier? Um den Mineraliendeal mit der Ukraine, wie manche behaupten? Andere vermuten, Trump wolle die Europäer „auf Linie“ bringen. Darunter der Präsident der russischen Föderation selbst, denn Putin sagte laut der russischen Nachrichtenagentur TASS gegenüber Pavel Zarubin, einem Journalisten der Moskauer Medienholding VGTRK: „Trump wird angesichts seiner Persönlichkeit und seiner Entschlossenheit ziemlich schnell für Ordnung sorgen. Und alle werden sich, wie Sie sehen werden, schnell dem Meister zu Füßen werfen und vor ihm mit dem Schwanz wedeln. Es gibt derzeit einige Unstimmigkeiten zwischen den politischen Eliten Europas und dem neu gewählten Präsidenten Trump. Hat sich seit [der Amtszeit des ehemaligen Präsidenten Joe] Biden etwas geändert? Nichts hat sich geändert. Sie haben unter Biden einfach jeden Befehl aus Washington mit Freude befolgt. Sie mögen Trump einfach nicht und haben aktiv gegen ihn gekämpft, indem sie sich in das politische Leben und die Wahlprozesse in den Vereinigten Staaten eingemischt haben. Und jetzt, da Trump gewonnen hat, sind sie ratlos.“
Professor Gilbert Doctorow, der sich auf Russlandpolitik spezialisierte, schreibt auf seinem Blog, Trump würde weithin unterschätzt: „Selbst einige der scharfsinnigsten und weltklügsten Kommentatoren zu Trump in alternativen Medien unterschätzen ihn und sehen in ihm weiterhin einen Possenreißer, dessen Unbeständigkeit und Widersprüche in seinen öffentlichen Äußerungen von einem Tag auf den anderen ein überzeugender Beweis dafür wären, dass er eine Initiative nicht bis zum erfolgreichen Abschluss durchziehen könne. Nein, dieser Trump ist ein Meister der Täuschung. Die heutige Pressekonferenz mit Keith Starmer war der eindeutige Beweis dafür, dass die vage, unspezifische Vorstellung, Amerika würde den europäischen Friedenstruppen in der Ukraine Rückendeckung geben, streng genommen eine Taktik ist, um die Europäer zum Schweigen zu bringen, während Washington eine für beide Seiten akzeptable Endlösung mit Moskau ausarbeitet, die es der Ukraine und Europa zum geeigneten Zeitpunkt aufzwingt.“
Insofern könnte dieser sogenannte Eklat, der nicht umsonst – man bedenke die Psychologie dahinter – sehr öffentlichkeitswirksam durch die Weltpresse gescheucht wurde, eine Taktik sein. Denn warum sollte man etwas, das normalerweise als diplomatische Peinlichkeit gelten kann, gleich an die große Glocke hängen – es sei denn, es stehen Absichten dahinter?
Prof. John Mearsheimer, Mitglied des wichtigsten amerikanischen Thinktanks in Sachen Außenpolitik, des Council on Foreign Relations, äußerte sich wie folgt dazu: „Ich denke, wenn man sich die Regierung und die Vorgänge im Bereich der Außenpolitik ansieht, muss man unterscheiden zwischen dem, was hinter verschlossenen Türen passiert, dem eigentlichen Entscheidungsprozess und dem, was in der Öffentlichkeit geschieht. Beginnen wir mit dem, was hinter verschlossenen Türen geschieht: Donald Trump und alle an der Spitze seiner Regierung kennen die russischen Forderungen genau, und die Tatsache, dass Trump und andere gesagt haben, dass ein Deal ausgearbeitet werden könne, bedeutet, dass wir diese Forderungen kennen und sie erfüllen werden – Punkt, Ende der Geschichte. Und dazu gehört auch diese verrückte Idee von Friedenstruppen und Sicherheitsgarantien und so weiter und so fort. Putin hat unmissverständlich klargestellt, dass dies inakzeptabel ist, und Trump hat dies nun de facto akzeptiert. Dann gibt es die öffentliche Debatte, und die öffentliche Debatte ist eine Art wilde und verrückte – zum großen Teil, weil Trump frei sagen kann, was er will, und weil er täglich gerne doziert, und er achtet nicht sehr auf Fakten und ist nicht sehr vorsichtig mit seiner Sprache. Am Ende enden wir in all diesen Debatten darüber, was er wirklich meint und ob er sich selbst widerspricht und so weiter und so fort. Die Frage ist, was sie privat sagen, und ich glaube, dass sie privat wissen, was gesagt werden muss. Sie haben es bereits mindestens einmal den Russen gesagt, und jetzt müssen die Details ausgearbeitet werden.“
Also, was ist das, „was gesagt werden muss“? Ist man sich einig, dass dieser, recht besehen, absolut unnötige Krieg endlich und so schnell wie möglich beendet werden muss?
Moskau wird – das hat es ganz klar gemacht – keinen Waffenstillstand akzeptieren, solange er Washingtons Vorstellungen folgt. Aus seiner Sicht ist „der Westen“ der Aggressor, der immer näher an seine Grenzen vorrückte. Der Kreml wird also höchstwahrscheinlich glasklare Zusagen fordern, was die binneneuropäische „Sicherheitsarchitektur“ betrifft: keine von uns als solche empfundenen Bedrohungen, sonst. Vermutlich werden Trump und Putin direkt einen „Deal“ aushandeln, nötigenfalls über Selenskyjs Kopf hinweg – der bereits seinen Rücktritt anbot. Fragt sich, wer ihm nachfolgen wird.
Kyrylo Budanov beispielsweise ist der Kopf des ukrainischen militärischen Nachrichtendienstes. In einem Interview gab er seiner Hoffnung auf einen Waffenstillstand Ausdruck: „Ich denke, es wird passieren. Die meisten Voraussetzungen dafür sind gegeben. Wie lange es dauern wird und wie effektiv es sein wird, ist eine andere Frage.“
Ruslan Stefanchuk hingegen, Vorsitzender des ukrainischen Parlaments, wird ebenfalls als Nachfolger Selenskyjs gehandelt. Durch seine bisherigen Äußerungen hat er sich eher als Hardliner erwiesen. „Newsweek“ berichtete am 24. Februar dazu: „Als wichtiger Verbündeter des Präsidenten hat sich Stefanchuk entschieden gegen die Forderungen von Trump und Wladimir Putin nach Wahlen in der Ukraine ausgesprochen. In einem Facebook-Post am 19. Februar erklärte er, das Land brauche ‚Kugeln, keine Stimmzettel‘.“
So weit zur offiziellen Lesart. Es gibt allerdings noch eine andere, die ich in zurückliegenden Artikeln bereits vorgestellt hatte und bei der sich die Frage stellt, ob man diesen Konflikt wirklich noch durch die Brille herkömmlicher „klassischer“ geopolitischer Analytik sehen kann. Vielleicht diente der Ukraine-Krieg als „Katalysator“ für eine beschleunigte und forcierte Umwandlung der Ukraine in ein „Versuchslabor“, so wie Stavroula Pabst es in ihrem Artikel „Die Zukunft der Ukraine liegt im Großen Reset“ vom 16. Mai 2023 beschrieben hatte: „Elitäre Pläne für digitale IDs, digitale Zentralbankwährungen (CBDCs) und eine ‚grüne‘ Nachkriegswirtschaft wuchern in der Ukraine, während der Konflikt wütet. Sie manifestieren sich in der ukrainischen Diia-App, der E-Griwna, einer korpokratischen Übernahme der ukrainischen Kriegsanstrengungen und des voraussichtlichen Wiederaufbaus sowie anderen Bemühungen, die die Einführung der vierten industriellen Revolution signalisieren. Die Einführung der vierten industriellen Revolution in der Ukraine zwingt zu Spekulationen darüber, ob es sich bei den anhaltenden Feindseligkeiten um geopolitische Kämpfe im herkömmlichen Sinne handelt, um die Erleichterung von Initiativen, die für den ‚Great Reset‘ entscheidend sind, oder um eine Kombination aus beidem. Es gibt zwar echte Feindseligkeiten zwischen den Nationalstaaten der Welt, aber die Erfolgsbilanz zeigt, dass sich die Länder bei der Umsetzung vieler der vorgestellten Maßnahmen einig sind oder auf andere Weise zu einer Einigung gebracht wurden.“
Vielleicht ist der „Deal“, den Trump mit Putin anbahnen zu wollen scheint, ein Zeichen dafür, dass die „Vorarbeiten“ des Ukraine-Krieges abgeschlossen sind und nun die Wiederaufbauphase im Sinne der von Pabst unter anderem in den letzten zwei, drei Jahren ausführlich vorgestellten technokratischen Initiativen eingeleitet werden soll.
Bis nächste Woche.
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