07. März 2025 18:00

Deutschland nach der Wahl Erstens kommt es immer schlimmer und zweitens als man denkt

Gegen „Schwarz-Rot“ war die „Ampel“ fast ein Waisenknabe

von Thomas Jahn

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Bildquelle: FrankHH / Shutterstock Schuldenbremse: Ausgerechnet Merz will die Weichen nun neu stellen …

Dachten wir nicht alle, dass es nach dem Bruch der Ampel-Koalition und den anschließenden Neuwahlen gar nicht schlimmer kommen könne? Natürlich: Allein die absurde Brandmauer-Strategie von Friedrich Merz hätte eine echte Politikwende immer verhindert. Aber selbst Pessimisten zeigten sich vor wenigen Tagen überrascht, als Merz, Söder, Klingbeil und Esken ausgerechnet zum Kehraus des Faschings neue Schulden in der absolut verrückten Höhe von 900 Milliarden Euro und die Abschaffung der Schuldenbremse ankündigten. Laut Medienberichten soll der Vorschlag für diese Schuldenorgie von dem saarländischen Finanzministers Jakob von Weizsäcker (SPD) gekommen sein und die mehr als dilettantisch agierenden Unterhändler der Union, angeführt von Friedrich Merz und Markus Söder, fielen prompt darauf herein.

Dabei ist es nicht nur mehr als dreist, dass dieselbe Partei, die jetzt unter dem Bruch jeglichen demokratischen Anstands den alten abgewählten Bundestag zur Abschaffung der Schuldenbremse noch ein letztes Mal antanzen lassen will, sich noch 2022 auf genau diese Schuldenbremse berufen und die „Ampel“ erfolgreich vor dem Bundesverfassungsgericht verklagt hatte. Nein, noch frecher gegenüber ihren Wählern und ihren Mitgliedern ist die mit einer völligen Selbstaufgabe der eigenen Programmatik verbundenen Kehrtwende der Union um 180 Grad. Schon in der kommenden Woche soll noch der alte Bundestag mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit das Grundgesetz ändern und die Schuldenbremse kassieren, weil die Union mit der Sitzverteilung vor den Neuwahlen nicht auf die Stimmen der Linkspartei angewiesen wäre. Die „Sondierer“ von CDU und CSU haben sich angesichts dieses wahnsinnig zu nennenden Zeitplans auch in Sachen Verhandlungstaktik komplett über den Tisch ziehen lassen, denn die Union geht mit der von der SPD und anderen Linksaußenparteien schon seit Jahren geforderten Abschaffung der Schuldenbremse im Grundgesetz in Vorleistung, ohne auch nur für eine einzige Forderung aus dem eigenen, vollmundig „Politikwechsel“ genannten Wahlprogramm ein Zugeständnis der anderen Seite in Aussicht zu haben. Der nächste Haken an der Sache ist, dass man auch die Stimmen der Grünen für die Grundgesetzänderung braucht. Wenn die grüne Partei schlau ist, bindet sie ihre Zustimmung daran, dass die von Schwarz-Rot geplanten neuen Ausgabenorgien natürlich klimagerecht eingesetzt werden müssten. Und am besten wäre es für die Grünen, wenn ihre pseudoreligiösen Klimaziele bei dieser Gelegenheit auch gleich noch im Grundgesetz verankert werden könnten. Wenn auch die SPD schlau ist, kassiert sie erst die Schuldenbremse, lässt dann die Koalitionsverhandlungen platzen und räumt in einem Neuwahltermin gemeinsam mit ihren grünen und dunkelroten Partnerparteien die so vorgeführte und deklassierte Union ab, um mit einem charismatischeren Kanzlerkandidaten anschließend eine komplett linke Regierung zu bilden, um dieses Land endgültig in eine zweite DDR zu verwandeln. Merz und Söder haben es geschafft, einer linken Minderheit, die der Wähler am 23. Februar deutlich abgestraft hatte, ohne Not wieder alle Karten für die Rückkehr zur Macht in die Hände zu spielen. 

Doch zurück zur Schuldenbremse, auf die CDU und CSU zuletzt auch in der Zeit der „Ampel“-Regierung so vehement pochten. Noch 2022 klagten CDU und CSU vor dem Bundesverfassungsgericht gegen die „Ampel“, damals nur wegen eines Nachtragshaushalts von „läppischen“ 60 Milliarden Euro. Sehr ähnliche – bislang noch verfassungswidrige – Schuldentricks wollen CDU, CSU und SPD jetzt wieder, unter der Tarnbezeichnung „Sondervermögen“, anwenden. Der Witz dabei ist, dass die FDP die „Ampel“ im November 2024 wegen des Festhaltens an genau jener Schuldenbremse verlassen hat und es jetzt mit sage und schreibe insgesamt 900 Milliarden Euro um ein Vielfaches schlimmer kommt, was allein die von Merz, Klingbeil, Esken und Söder ausgelöste Krise auf dem internationalen Anleihenmarkt zeigt: Nachdem die deutschen Bundesanleihen gestern den stärksten Kurseinbruch seit der Wiedervereinigung erlitten, setzte auch international ein massiver Ausverkauf ein. Die Rendite zehnjähriger japanischer Staatsanleihen erreichte mit 1,5 Prozent ihren höchsten Stand seit 2009. Selbst in Australien und Neuseeland stiegen die Renditen steil an und sogar US-Staatsanleihen wurden abgestoßen. Die EZB wird als Reaktion auf diese von den „Sondierern“ von CDU und CSU ausgelösten Turbulenzen auf den internationalen Finanzmärkten auch die Zinsen erneut senken und damit der wie eine giftige Zusatzsteuer wirkenden Inflation wieder einmal Tür und Tor öffnen. Gegen Merz, Esken, Klingbeil und Söder waren Lindner, Scholz und Habeck tatsächlich die reinsten Waisenknaben.

Als durchsichtige Ausreden für die geplante Rekordverschuldung mussten vor allem Trump und die Bundeswehr herhalten. Dabei hat die neue Koalition der Wahlverlierer wahrscheinlich noch gar nicht gemerkt, dass der ukrainische Präsident Selenskyj den Friedensplan des US-Präsidenten längst akzeptiert hat und es auf Deutschland und die EU nicht mehr ankommen wird. Die geplanten Sonderausgaben für die Bundeswehr von insgesamt 400 Milliarden Euro bringen für die völlig derangierte, über 25 Jahre heruntergewirtschaftete Struktur dieser Armee im Übrigen überhaupt nichts. Die Bundeswehr, die wie keine andere staatliche Institution in Deutschland in einem völlig unbeweglichen Korsett von Vorschriften und politischen Absurditäten gefangen ist, müsste zunächst einmal dem personellen Aderlass der letzten zehn Jahre entgegenwirken, da gerade junge Offiziere mit Einsatzerfahrung von der spektakulären Trägheit und Trübseligkeit der Wehrbürokratie in die Flucht geschlagen worden sin. Die Kapriolen einer Ursula von der Leyen um mehr veganes Essen, Vielfalt, Trans-Soldaten und Kinderbetreuung taten ein Übriges. Der Soldatenberuf bietet, dank der Hass-Kampagne dieser Ministerin gegen alle militärischen Tugenden und Traditionen, gerade in Deutschland keinerlei gesellschaftliche Anerkennung mehr. Das Zeitalter der Drohnen hat die Bundeswehr komplett verschlafen. Die politische Führung pflegt ein tief empfundenes Misstrauen gegen elitäre Kampfverbände, die im Ernstfall töten könnten. Diese „Elite“ wurde wie die früheren Kommando-Spezialkräfte unter den Generalverdacht, „rechts“ zu sein, gestellt und seit Jahren systematisch schikaniert. Einer Armee, der Mülltrennung wichtiger als ihre Kampfbereitschaft ist, werden 400 Milliarden Euro rein gar nichts nützen.

Was bleibt, ist das Prinzip Hoffnung. Hoffnung darauf, dass Abgeordnete, Funktionsträger und die Mitglieder in CDU und CSU endlich erkennen, dass die eigene Führung systematisch gegen die Interessen dieses Landes arbeitet und erneut bewiesen hat, dass man sich auf ihre Wahlversprechen nicht verlassen kann. Seien wir ehrlich: Friedrich Merz geht es doch nur darum, sein Konterfei in der Ahnengalerie der deutschen Kanzler hängen zu sehen. Die Anliegen seiner Unterstützer und seiner Wähler sind ihm völlig gleichgültig. Nach den katastrophalen Verwerfungen der Merkel-Jahre wäre es jetzt an den Abgeordneten, den Funktionsträgern und den Mitgliedern der Union, dem zerstörerischen Treiben ihrer Führung endlich Einhalt zu gebieten. Wir dürfen gespannt sein, was die nächsten Tage an Überraschungen bereithalten.    


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