29. April 2025 11:00

Fass ohne Boden Glasfaser ins Nichts

Mit fremdem Geld am Kabel drehen

von David Andres

von David Andres drucken

Artikelbild
Bildquelle: Shutterstock Viel Glasfaser, kein Anschluss: Wenn „Fördergelder“ ins Leere verlegt werden

Sie betteln wieder. Oder soll ich es werben nennen? In jedem Briefkasten meiner Umgebung fand sich in den vergangenen Wochen der große Umschlag eines neuen Unternehmens, das in meiner ländlichen Umgebung erneut den Glasfaserausbau vorantreiben möchte. Vor Jahren gab es von anderer Seite her einen ersten Anlauf, der weitgehend versandete. Auch dieses Mal steht noch lange nicht fest, ob das Unternehmen sein Vorhaben durchziehen wird, denn erst ab einem Kundenzuspruch von 40 Prozent der potentiell Nutznießenden, wird aus einem reinen Angebot ausgebaute Realität. Ich stelle mir dieses Prinzip in anderen Zusammehängen vor, sehe vor mir, wie ich in den Supermarkt gehe, an der Frischtheke das Gemüse in Aspik vermisse und die Verkäuferin mir sagt: „Herr Andres, ich lege es erst raus, wenn genügend Kunden dafür Interesse geäußert haben.“

Immerhin – das Modell in meiner Gegend scheint eine rein privatwirtschaftliche Initiative zu sein, die sich eben rechnen muss. Womöglich ist mein Vergleich daher schief gewesen und ich müsste eher das ganz normale Verhalten des Einzelhändlers als Referenz heranziehen, wenn er neue Produkte testet und bei mangelndem Zuspruch der lokalen Kundschaft wieder aus dem Programm nimmt. Die Werbung im Briefkasten und die sicher nicht ganz billigen, großen Banner entlang der Schlüsselstraßen, sind in Sachen Glasfaserausbau die Entsprechung zum neuen Warenaufsteller im Supermarkt, mit dem man für zwei, drei Wochen eine neue Produktlinie testet. Anders verhält es sich allerdings – und da sind wir beim Thema dieser Rubrik –, wenn der Staat den Ausbau mit öffentlichen Geldern fördert. Beim Verschleudern der von uns geraubten Steuern braucht es keine Marktanalyse, kein Umfrage ob des Bedarfs, ja nicht einmal einen Abnehmer am Ende der verlegten Leitung!

Im Nienwohlder Moor bei Itzstedt im Kreis Segeberg lässt sich dieses frische Fass ohne Boden beobachten, denn dort lässt die Gemeinde Glasfaser verlegen – quer durch ein Naturschutzgebiet, zu einer Adresse, an der das einst dort vorhandene Haus überhaupt nicht mehr existiert! „Hier, im Umkreis von drei, dreieinhalb Kilometern wohnt nicht ein Mensch“, erklärt Jagdpächter Günther Kaste in der sehenswerten Folge „Realer Irrsinn“ des Formats „extra3“ – einer der letzten Nischen im Zwangsgebührenfernsehen, die ich begrüße. Natürlich wissen auch die Zuständigen, die den Auftrag durchführen lassen, dass ihr Kabel ins Nichts führt, doch „die Stadtwerke Neumünster“, so der Bericht, „tilgen hier im Autrag vom Kreis Segeberg“ einen „weißen Fleck von der Landkarte“ der Netzabdeckung, denn „das Gebiet gilt internetmäßig als „unterversorgt“.

Ich wiederhole es nochmal – Arbeiter verlegen im Auftrag des Kreises ein Glasfaserkabel durch Naturschutzgebiet an eine im Katasterarmt noch vorhandene Adresse, an der niemand mehr lebt, weil das Fördergeld vom Bund nunmal da ist und verbraucht werden möchte. „Die Tatsache, dass das Gebäude Lundener Weg 2 bereits im Jahr 2019 aufgegeben worden ist, wurde erst jetzt im Zuge des Ausbaus bekannt“, äußerte sich der Landkreis. Ich stelle mir auch hierzu eine Entsprechung vor und sehe das Bedauern eines Krankenhauses, das schreibt: „Die Tatsache, dass der Patient zum Zeitpunkt der Operation bereits verstorben war, wurde erst im Zuge des Narkoseversuchs bekannt.“

Ach ja, um das örtliche Amt zu erweitern, soll in Itzstedt ein kleines, wildes Wäldchen neben dem bisherigen Gebäude abgeholzt werden. Glasfaser durchs Naturschutzgebiet, Wäldchen weg für mehr Bürokratie – wenn die Leute fremdes Geld in der Tasche haben, vergessen sie offenbar auch, dass sie eigentlich grundsätzlich das Klima retten wollen. Aber wie sagt man so schön? „Was weg muss, muss weg!“

Quellen:

Realer Irrsinn: Glasfaser-Ausbau im Naturschutzgebiet in Schleswig-Holstein (extra3)

Wald soll für Erweiterung des Amtgebäudes in Itzstedt weichen (Kieler Nachrichten)

Der Martin: Drei Worte wie ein Gedicht (Steuern sind Raub) (Der Martin, Youtube)


Sie schätzen diesen Artikel? Die Freiheitsfunken sollen auch in Zukunft frei zugänglich erscheinen und immer heller und breiter sprühen. Die Sichtbarkeit ohne Bezahlschranken ist uns wichtig. Deshalb sind wir auf Ihre Hilfe angewiesen. Freiheit gibt es nicht geschenkt. Bitte unterstützen Sie unsere Arbeit.

PayPal Überweisung Bitcoin und Monero


Kennen Sie schon unseren Newsletter? Hier geht es zur Anmeldung.

Artikel bewerten

Artikel teilen

Kommentare

Die Kommentarfunktion (lesen und schreiben) steht exklusiv nur registrierten Benutzern zur Verfügung.

Wenn Sie bereits ein Benutzerkonto haben, melden Sie sich bitte an. Wenn Sie noch kein Benutzerkonto haben, können Sie sich mit dem Registrierungsformular ein kostenloses Konto erstellen.