Deutschland und seine Bürger: Der K(r)ampf um den Volksbegriff
Schizophrene Zeiten
von Thomas Jahn
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Das gesichert weisungsgebundene Bundesamt für Verfassungsschutz hatte die AfD am vergangenen Freitag vom bisherigen Verdachtsfall überraschend hochgestuft und verkündet, dass man sich über die verfassungsfeindlichen Bestrebungen dieser Partei nun sicher sei. Nicht einmal eine Woche später verkündete dasselbe Amt, dass man sich nun offenbar doch nicht mehr so sicher sei und die offizielle Neueinstufung bis zum Ausgang des inzwischen durch eine Klage der AfD beim Verwaltungsgericht Köln eingeleiteten Verfahrens aussetzen werde. Heute ist klar, dass die Einstufung der AfD als „gesichert rechtsextremistisch“ auf eine stille Weisung der inzwischen gottlob aus dem Amt geschiedenen SPD-Innenministerin und Antifa-Sympathisantin Nancy Faeser zurückzuführen ist. Faeser wollte buchstäblich in letzter Minute noch eine Warnung in Richtung Union senden, so wie man in Mafiakreisen gerne zur Einschüchterung der Opfer verstümmelte Haustiere vor deren Tür legt, um damit die Brandmauer gegen die AfD „aufzustocken“ und die linke Dominanz in den Regierungen auf Landes- und Bundesebene gegen die Mehrheitsentscheidung der Bürger abzusichern.
Aber wenn von „Bürgern“ die Rede ist, gilt es auch gleich an die zweite „Fliege“ zu erinnern, die SPD, Grüne und Linkspartei mit ihrer „Klappe“, also dem Zugriff auf die Bundes- und Landesverfassungsämter, in Sachen AfD mit geschlagen haben. Denn die AfD sei wegen ihrer angeblich „die Menschenwürde missachtenden, extremistischen Prägung der Gesamtpartei“ als rechtsextrem einzustufen. In erster Linie sei dafür das „in der Partei vorherrschende ethnisch-abstammungsmäßige Volksverständnis“ heranzuziehen. Abgesehen von rechtsstaatlichen „Merkwürdigkeiten“, wie einem Gutachten, das der Verfassungsschutz dazu, angeblich in jahrelanger Kleinarbeit, angefertigt habe, das die betroffene AfD aber nicht einsehen darf, sondern nur ausgewählte, regierungsfreundliche Journalisten, wirft die regierungsamtliche Skandalisierung des Volksbegriffs zumindest mehrere Fragen auf. In einer Flut von Internetartikeln machten sich die „Tagesschau“ und ihre regierungsnahen Partnersendungen deswegen auch gleich am vergangenen Freitag ans Werk, um verdutzten Lesern die gehörige Einordnung durch die unvermeidlichen „Experten“ zu präsentieren. Vermeintlich neutrale „Experten“ wie Mathias Quent, ein langjähriger Mitarbeiter der gesichert linksextremen Thüringer Landtagsabgeordneten Katharina König („Die Linke“), konnten die interessante Behauptung aufstellen, dass die AfD gegen das Menschenwürde-Prinzip verstoße, weil sie insgesamt Menschen mit Migrationshintergrund verächtlich mache und mit abwertenden Äußerungen versehe. Die Frage, die sich dabei allerdings für alle neutralen Beobachter aufdrängt, lautet: Wenn die AfD angeblich so ausländerfeindlich agiert und einem „ethnischen Volksbegriff“ anhängt, warum gibt es dann so viele Menschen mit Migrationshintergrund in den Reihen dieser Partei? Sind Anna Nguyen, Serge Menga, Petr Bystron, Jeremy Jason, Harun Aydin, Artur Abramovych, Andreas Jurca, Harald Weyel, Tomasz Froelich, Mary Khan-Hohloch oder Gabrielle Mailbeck, um nur einige zu nennen, in Wahrheit vielleicht Masochisten, weil sie die AfD nicht nur wählen, sondern für diese Partei sogar öffentlich Wahlkampf machen und sie in diversen Parlamenten vertreten? Oder können uns Anja Reschke und Georg Restle erklären, warum eine angeblich rassistische, deutsch-völkische Partei ausgerechnet die zuvor genannten und zahlreiche weitere Menschen mit Migrationshintergrund aufnehmen sollte?
Merkels Volksbegriff
Die zweite Merkwürdigkeit ist die Skandalisierung des Wortes „Volk“, das – wenn man die inzwischen wieder gelöschten Verlautbarungen auf der Internetseite des Verfassungsschutzes ernst nimmt – im Umkehrschluss nur den grundgesetzlichen Anforderungen genügen würde, wenn man es so wie Angela Merkel in ihrer berühmten Stralsunder Rede deuten würde: „Das Volk ist jeder, der in diesem Lande lebt.“
Wie häufig im Falle von Frau Merkels Kanzlerschaft sieht das Grundgesetz dies aber explizit anders und definiert in Artikel 116 des Grundgesetzes, wer Deutscher im Sinne der geltenden Verfassung ist: Dies sind jene Menschen, die die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen, also den deutschen Pass oder – und jetzt wird es für den Verfassungsschutz kritisch – die „deutsche Volkszugehörigkeit“. Nachgeordnete Gesetze wie das Bundesvertriebenengesetz haben diese Definition natürlich übernommen und verfeinert, sodass neben den deutschen Heimatvertriebenen auch die sogenannten Spätaussiedler aus den Republiken der ehemaligen Sowjetunion als Angehörige des deutschen Volkes gelten.
Vielen Linken und vor allem einigen SPD-Politikern war dieser Volksbegriff allerdings seit Längerem ein Dorn im Auge, denn jene autochthonen Deutschen haben seit vielen Jahren nicht so gewählt, wie sich das schon Oskar Lafontaine vor 30 Jahren vorgestellt hatte. Er forderte damals einen Zuzugsstopp vor allem für die Deutschen aus Russland, die noch bis vor zehn Jahren überwiegend den Unionsparteien ihre Stimme gaben, viele in dankbarer Erinnerung an Helmut Kohl, der auch die gemeinsame deutsche Staatsbürgerschaft bis 1989 gegen die Forderung der SPD verteidigte, die damals eine Anerkennung der DDR-Staatsangehörigkeit wollte und damit die Flucht von Zehntausenden Deutschen seit dem Sommer 1989 über Ungarn und die damalige ČSSR unmöglich gemacht hätte.
Der Kreis zwischen dem offenbar geplanten AfD-Verbot und der grundgesetzwidrigen Umdeutung des Volksbegriffs schließt sich dieser Tage bei der seit Jahren betriebenen Politisierung der deutschen Geschichte. Ein Tag wie der 8. Mai 1945, der viele Jahre auch an die unendlichen Leiden der deutschen Zivilbevölkerung, der Bombenopfer, der Vertriebenen und Geflüchteten, der hundertausendfach vergewaltigten deutschen Mädchen und Frauen und an das unmenschliche Schicksal von Millionen von Kriegsgefangenen erinnerte, wurde staatlicherseits mittlerweile vollständig umgedeutet in einen „Tag der Befreiung“, den man ausgerechnet in Bundesländern wie Thüringen, Sachsen, Berlin und Brandenburg auf Betreiben der früheren DDR-Staatspartei und auch der SPD sowie Teilen der CDU zu Ehren jener (Roten) Armee feiert, gegen die Deutschland heute nach Aussage seines Verteidigungsministers Boris Pistorius (SPD) wieder „kriegstauglich“ gemacht werden müsse. Wir leben wahrlich in merkwürdig schizophrenen Zeiten!
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