19. Mai 2025 21:00

Neue Bundesregierung Wo ist bei Merz die Butter?

Im Wesentlichen erwartet uns ein Weiter-so-wie-bisher

von Klaus Peter Krause drucken

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Bildquelle: penofoto / Shutterstock Friedrich Merz: Kommt sehr entschieden nicht auf den Punkt …

Die erste Regierungserklärung nach einer Bundestagswahl pflegt eine Ankündigungsrede zu sein. Der Bundeskanzler kündigt an, was seine Regierung alles so vorhat. Das war auch diesmal nicht anders, als am 14. Mai der neue Bundeskanzler Friedrich Merz das Programm vorstellte. Es ist ein Programm, wie er es sich vorstellt.

Sein Koalitionsgenosse SPD wird bei dem einen und anderen Thema abweichende Vorstellungen haben, auch wenn die Grundlage beider Vorstellungen der Koalitionsvertrag ist. Ein Beispiel dafür ist das Lieferkettengesetz: Merz will es abschaffen und die entsprechende EU-Richtlinie aufheben, hat aber ebendas in seiner Rede gar nicht gesagt, Klingbeil will das Gesetz auf EU-Ebene nur reformieren. So wird mit dergleichen der Koalitionsvertrag strapaziert werden und bei der Gesetzes- und Parlamentsarbeit dieser neuen Koalition zum Sand im Getriebe werden. Das lassen auch Worte von Matthias Miersch, dem SPD-Fraktionsvorsitzenden, erahnen. Er hielt, wie die „FAZ“ hervorhob, „eine derart sozialdemokratische Rede, die fast vergessen machen könnte, dass die SPD selbst Teil dieser Regierung ist“. Streit, so zitiert sie Miersch, werde es wohl geben. Aber der werde immer zielgerichtet sein. Man wird interpretieren dürfen: zielgerichtet wohl eher im Sinn von SPD-Politik.

Keine überzeugende Lockspeise für Investoren

Mit Investieren und Reformieren will Merz alles daransetzen, die deutsche Wirtschaft wieder auf Wachstumskurs zu bringen. Klingt gut, aber Investieren ist vor allem Sache der privaten Wirtschaft, jedenfalls in einer freien Marktwirtschaft. Von der spricht Merz allerdings nicht. Die Unternehmen, zumal die mittelständischen, investieren aber nur, wenn es sich lohnt, also dann, wenn zuerst die echten und nötigen Reformen geschehen sind (zum Beispiel weg mit dem Klimaschutzbetrug und der Energiewendepolitik). Dagegen sind steuerliche Erleichterungen beim Überstunden-Entgelt und flexiblere Arbeitszeiten nicht gerade die überzeugende Lockspeise für Investoren. Wenn Merz sagt „Wir können aus eigener Kraft heraus wieder zu einer Wachstumslokomotive werden, auf die die Welt mit Bewunderung blickt“, ist das substanzlose Prahlerei.

„Alle finanziellen Mittel“ für die Aufrüstung?

Seine Regierung, sagt Merz, werde „alle finanziellen Mittel“ zur Verfügung stellen, die die Bundeswehr brauche, „um konventionell zur stärksten Armee Europas“ zu werden, wobei „konventionell“ besagen soll „stärkste Armee ohne eigene Atomwaffen“, denn die stärksten Armeen in Europa haben die drei Atommächte Russland, Frankreich und Großbritannien. Aber warum „alle finanziellen Mittel“ für die deutsche Aufrüstung (nämlich gegen eine vorgebliche Kriegsbedrohung durch Russland)? Warum nicht alle diese Mittel für die Aufrüstung der deutschen Infrastruktur? Das stärkt die Wirtschaft, und eine starke Wirtschaft stärkt auch Deutschlands Sicherheit. Das hat Merz selbst sogar gesagt: „Deutschlands Sicherheit, Deutschlands Gestaltungskraft in der Welt, das steht und fällt mit unserer wirtschaftlichen Stärke.“ Also sollte es darum gehen, das viele Geld – es ist Verschuldungsgeld – nicht mit Schwerpunkt in die militärische Aufrüstung zu stecken, sondern in die wirtschaftliche. Krieg zerstört Wirtschaft (außer die Rüstungswirtschaft), Krieg ist menschenfeindlich.

In der Ukraine steht die Friedensordnung auf dem Spiel? Ja, aber aufs Spiel gesetzt wurde und wird sie durch die Nato

Und militärisch aufrüsten wofür? Wenn Deutschland von einem äußeren Feind überhaupt bedroht ist, dann wegen seiner hingebungsvollen, selbstzerstörerischen Unterstützung der Ukraine, mit der sich Deutschland zum Kriegsbeteiligten macht. Ohne sie besteht eine Bedrohung durch Russland nicht. Merz dagegen dröhnt in seiner Regierungserklärung: „In der Ukraine steht nicht weniger als die Friedensordnung unseres ganzen Kontinents auf dem Spiel.“ Ja, aber er unterschlägt, dass es die Nato (zusammen mit Deutschland) war, die mit der Nato-Ausdehnung gegen Russland die Friedensordnung des Kontinents aufs Spiel gesetzt hat und es weiterhin tut, nicht Russland. Die wahren Ursachen des Krieges sind lange bekannt.

Den Frieden neu beleben? Ja: An die Ukraine keine Waffen mehr liefern

Andere schöne Worte von Merz sind: „Deutschland wird Initiativen ergreifen, um die europäische Idee der Freiheit und des Friedens neu zu beleben – damit Europa seinem Anspruch und seiner Bedeutung in der Welt gerecht wird.“ Mit Europa meint Merz nur die EU, beides verwechseln EU-Politiker immer wieder gern. Und den Frieden neu beleben? Dann sollte die Merz-Regierung die Waffenlieferungen an die Ukraine beenden, statt mit ihnen den Krieg weiterführen zu helfen.

Die Chancen in den Blick nehmen? Ja: Auf wieder mehr Freiheit setzen und viel, viel weniger staatliche Gängelung

Oder: „Ich möchte, dass Sie, die Bürgerinnen und Bürger, schon im Sommer spüren: Hier verändert sich langsam etwas zum Besseren, hier geht es jetzt voran!“ Wie das geschehen soll, darauf sind die Bürger sehr gespannt, weil eine wirkliche politische Kehrtwende laut Koalitionsvertrag nicht in Sicht ist. Oder: Union und SPD hätten sich darauf verständigt, wie man Politik gestalten wolle, zum Wohl der Bürger, problemlösend, ohne öffentlichen Streit und „mit Blick nicht nur auf die Risiken, sondern vor allem mit Blick auf die Chancen, die wir haben“. Sehr schön, aber diese Chancen setzen wieder mehr Freiheit und viel, viel weniger staatliche Gängelung voraus. Beides ist, damit die Chancen ergriffen werden und es vorangeht, zuerst zu liefern.

Der Staat, das sind wir alle? Ja, aber immer nur dann, wenn …

Oder: Deutschland sei trotz der verschärften Sicherheitslage nach wie vor ein sicheres Land. Wirklich ein sicheres Land, wenn Bürger mit Messerattacken von islamistischen Fremden seit 2015 immer häufiger niedergemetzelt werden? Oder: Die Bundesregierung werde die Sicherheitsbehörden gezielt stärken und besser ausrüsten. Das ist ein Bekämpfen von Symptomen, nicht von Ursachen. Und noch besser ausrüsten? Die Polizei zum Beispiel ist derart hochausgerüstet, dass man den Verdacht haben muss, es sei eine Vorbereitung gegen in Massen demonstrierende Bürger, die sich auflehnen gegen totalitäre staatliche Maßnahmen. Oder Merz’ Appell: „Der Staat, das sind wir alle.“ Ja, das sind wir, aber „wir alle“ werden immer nur dann beschworen, wenn diesen „wir“ noch mehr Geld abgeknöpft oder die Haftung für politische Fehlentscheidungen ihrer Führung aufgeladen werden soll.

Im Wesentlichen erwartet uns nur ein Weiter-so-wie-bisher

Gespickt mit Allgemeinplätzen war Merz’ Regierungserklärung eine Tour d’Horizont durch den Koalitionsvertrag. Das ist nicht verwerflich und bei ersten Regierungserklärungen durchaus üblich, aber mehr auch nicht. Über das hinaus, was schon im Koalitionsvertrag zu lesen war, hat er daher wenig bis nichts gesagt. Im Wesentlichen erwartet uns nur ein Weiter-so wie bisher – wie es die Wählermehrheit eigentlich sogar verdient hat, aber nicht die überaus starke Minderheit. Dazu Versprechungen wie Bürokratie schnell und spürbar vermindern, Unternehmensgründungen vereinfachen, Spitzentechnik fördern, das Gesundheits- und Pflegesystem reformieren, eine Rentenkommission einsetzen, statt Bürgergeld eine neue Grundsicherung schaffen, Wohnen bezahlbar machen durch verstärkten Wohnungsbau, die Immigration mehr begrenzen, mehr steuern, Immigranten mehr zurückweisen und mehr zurückführen, Integration ermöglichen und auch einfordern.

Viel Vages vorgetragen, aber das mit Entschiedenheit

Merz blieb mit alldem und anderem im Vagen, im Hohlen, aber er versteht es, Vages mit Entschiedenheit vorzutragen. Daher fehlte etwas. Und was? Es fehlte das Konkrete. Im Rheinischen sagt man dazu „Butter bei die Fische“ geben. Das ist grammatikalisch nicht sonderlich korrekt und lautet ursprünglich im Norddeutschen „Butter bi de Fisch doon“, aber jeder weiß, was damit gemeint ist. Wo ist bei Merz die Butter?

Dieser Artikel erschien zuerst auf dem Blog des Autors.


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