Linke Protestkultur: Der „Globale Marsch nach Gaza“
Ein Fiasko westlicher Selbstüberschätzung
von Joana Cotar drucken

Im Juni starteten Hunderte westlicher Aktivisten, überwiegend aus links-progressiven Kreisen, den sogenannten „Globalen Marsch nach Gaza“. Ihr Plan war, von Al-Arish im ägyptischen Sinai zur Rafah-Grenze zum Gazastreifen zu marschieren, um gegen die israelische Blockade zu protestieren. Doch die Aktion endete in den letzten Tagen abrupt:
Ägyptische Behörden und sogar Einheimische und Kinder reagierten mit harter Hand, setzten Aktivisten fest, schleiften, zerrten und trieben sie mit Fußtritten in Busse und schafften sie kurzerhand außer Landes.
Dieses Debakel ist ein Lehrstück westlicher Arroganz – ein Paradebeispiel dafür, wie selbstgefällige Aktivisten glaubten, ihre moralische Überlegenheit und ihre Protestkultur aus westlichen Demokratien in ein Land wie Ägypten exportieren zu können, ohne die lokale Realität auch nur ansatzweise zu begreifen.
Ein Plan voller Selbstüberschätzung
Der Marsch nach Gaza wurde als Fortsetzung früherer Aktionen wie der „Gaza Freedom Flotilla“ angekündigt. Organisatoren wie Melanie Schweizer von der deutschen Kleinpartei Mera25 oder Zwelivelile „Mandla“ Mandela, ein südafrikanischer Politiker, erwarteten Tausende Teilnehmer aus über 80 Ländern. Der Plan: in Kairo sammeln, per Bus nach Al-Arish fahren und dann 50 Kilometer durch die Wüste zur Rafah-Grenze marschieren, um medienwirksam gegen die Blockade zu protestieren. Auf Plattformen wie X wurde die Aktion mit palästinensischen Flaggen und Hashtags wie #GlobalMarchtoGaza beworben, was in westlichen linken Kreisen natürlich Beifall fand.
Doch der Plan war von Anfang an durchdrungen von einer naiven, fast schon dreisten Selbstsicherheit. Die Aktivisten schienen zu glauben, dass ihre westliche Protestkultur – geprägt von Freisprechzonen, Social-Media-Hype und grenzenloser liberaler Toleranz – universell anwendbar sei. Sie gingen davon aus, dass Ägypten, ein Land mit eigenen politischen, kulturellen und historischen Realitäten, ihre moralische Pose nicht nur akzeptieren, sondern feiern würde. Diese Überzeugung, dass die Welt spuren müsse, sobald westliche Aktivisten mit ihren Slogans und Fahnen auftreten, war an Arroganz nicht mehr zu überbieten.
Ägyptens Reaktion: Ein Realitätscheck für die Moralposen
Ägypten, ein Land mit strikter Kontrolle über öffentliche Versammlungen, reagierte erwartungsgemäß scharf. Der Sinai, wo Rafah liegt, ist eine militärisch sensible Zone, in der Ägypten aufgrund seines Friedensvertrags mit Israel und anhaltender Sicherheitsbedrohungen durch militante Gruppen besonders wachsam ist. Doch während die autoritäre Haltung des Sisi-Regimes eine Rolle spielte, war es vor allem die dreiste Haltung der Aktivisten, die fassungslos machte. Und zwar auch die Ägypter. Schon bei ihrer Ankunft in Kairo wurden Hunderte festgesetzt, deren Pässe konfisziert und mindestens 170 von ihnen ausgewiesen.
In Ismailia, etwa 30 Kilometer vor dem Sinai, stoppte die Polizei Busse mit Aktivisten und zwang sie auszusteigen. Videos zeigten, wie Sicherheitskräfte und Zivilisten mit Schlagstöcken und Flaschen gegen die Demonstranten vorgingen. Auf X wurde die Szene spöttisch kommentiert: „Die Ägypter treiben die woken Linken aus dem Land – und die sind schockiert, dass niemand klatscht.“ Ein anderer Nutzer schrieb: „Sie dachten, sie könnten in Ägypten wie auf einem Uni-Campus protestieren. Willkommen in der Realität.“ Die Reaktionen zeigen, wie wenig die Aktivisten die lokale Stimmung verstanden. Ihre Annahme, als westliche „Retter“ willkommen zu sein, war nicht nur naiv, sondern eine Beleidigung für ein Land, das mit seinen eigenen Herausforderungen kämpft.
Der woke Westen: Moralische Überlegenheit ohne Rücksicht
Das Scheitern des Marsches nach Gaza ist ein Musterbeispiel westlicher Selbstüberschätzung. Die Aktivisten, eingehüllt in ihre links-woke Ideologie, glaubten, ihre Werte und Protestmethoden seien universell gültig. Sie ignorierten, dass Ägypten keine westliche Universität ist, wo moralische Empörung automatisch Applaus erntet. Sie gingen davon aus, dass die arabische Welt ihre Agenda teilen und ihre Methoden akzeptieren würde. Falsch gedacht.
In westlichen Demokratien mögen solche Aktionen funktionieren. Hier reagiert die Polizei, wenn überhaupt, nur zurückhaltend und die Mainstream-Medien bestärken selbst die absurdesten Aktionen. Selbst für Gewalt findet sich irgendwo noch eine Entschuldigung, schließlich sind die „die Guten“.
Doch in Ägypten erwarteten sie Misstrauen und Ablehnung. Die Einheimischen sahen in den Aktivisten nicht Verbündete für die vermeintlich gute Sache, sondern selbstgerechte Eindringlinge, die Ägypten als Kulisse für ihre moralische Selbstdarstellung missbrauchten.
Der „Globale Marsch nach Gaza“ war kein Akt des Mutes, sondern ein peinliches Schauspiel westlicher Selbstüberschätzung. Mit ihren Fahnen und Hashtags marschierten die Aktivisten in Ägypten ein, davon überzeugt, die Welt würde vor ihrem Protesttheater niederknien. Stattdessen wurden sie mit Fußtritten in Busse verfrachtet und als Eindringlinge aus dem Land gejagt. Ihr Fiasko ist eine bittere Lektion: Wer die Realität ignoriert und sich in moralische Posen wirft, endet nicht als Held, sondern als Witzfigur.
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