Freiheit: Eine Wunschliste für 2026
Warum Freiheit im Alltag gelebt werden muss
von Joana Cotar drucken
Eine Wunschliste für 2026
Ich habe in meinem Leben viele Neujahrsreden gehört. Zu viele. Sie folgen alle demselben Muster: wohlklingende Sätze, ritualisierte Hoffnung, viel Zukunftsversprechen und auffällig wenig Risiko. Man weiß beim Zuhören schon, dass sich an den entscheidenden Fragen nichts ändern wird. Deshalb rede ich heute, am 31.12., nicht mit der Politik, sondern mit Ihnen, lieber Leser.
2025 war kein Jahr des großen Zusammenbruchs. Es war das Jahr der Gewöhnung. Gewöhnung an Dauerfrust, an Stagnation, an das diffuse Gefühl, dass sich nichts wirklich ändert und nichts bewegt, außer den Mündern der Politiker. In Berlin nennt man das „herausfordernde Zeiten“, streut etwas „Zuversicht“ darüber und setzt darauf, dass wir uns verhalten wie bei der verspäteten Regionalbahn: kurz schimpfen, dann seufzen, Smartphone zücken und uns arrangieren.
Wirtschaftlich gab es 2025 keine Erholung, im Gegenteil. Kaum Investitionen, hohe Kosten, viele Pleiten und Insolvenzen und noch mehr Regulierungen. Dazu das alljährliche Ritual des angeblichen „Bürokratieabbaus“ – zuverlässig angekündigt, zuverlässig folgenlos. Stattdessen neuer Irrsinn aus Brüssel, eine Arbeitsministerin im Kriegsmodus gegen Unternehmer und ein Kanzler, der lieber Außenminister spielt. Wer im Herbst noch ernsthaft an tiefgreifende Reformen glaubte, musste entweder bemerkenswert optimistisch oder schlicht erschöpft sein.
Gesellschaftlich? Gereizte Stimmung, wenig Vertrauen, viel Zynismus. Nichts ging spektakulär kaputt, aber der Eindruck festigte sich, dass hier niemand mehr etwas reparieren wird.
Was sich 2025 allerdings verschärfte, war die Erkenntnis, dass dieser Staat nicht nur groß, sondern auch empfindlich ist. So empfindlich, dass er auf zugespitzte Worte oder schlechte Witze mit Strafrecht und Hausdurchsuchungen reagiert. Bei Publizisten, bei Libertären, bei ganz normalen Bürgern. Dabei ging es weniger um Rechtsdurchsetzung als um Machtdemonstration und Abschreckung. Die Botschaft war klar: „Überlege dir künftig besser, was du sagst oder schreibst.“ Kein Wunder also, dass sich nur noch rund 46 Prozent der Deutschen trauen, ihre politische Meinung frei zu äußern. Der Rest wiegt jedes Wort auf der Goldwaage.
Und trotzdem wäre es falsch, 2025 nur als Jahr der Resignation zu beschreiben. Es gab auch ein leises, aber spürbares Umdenken. Immer mehr Menschen begreifen, dass der Staat kein gütiger Onkel ist, sondern ein Machtinstrument mit eigener Agenda. Es sind noch immer viel zu wenige, aber es sind mehr als früher. Und diese Menschen ahnen, dass der Hebel, das zu ändern, nicht in Berlin liegt, sondern bei uns selbst – wenn wir aufhören, Freiheit als Geschenk zu sehen und sie stattdessen als Alltag leben.
Was heißt das konkret?
Für uns Bürger heißt das zuerst: Schluss mit der inneren Untertanenhaltung. Normal sprechen, Dinge beim Namen nennen, nicht jeden Satz dreimal auf Political Correctness prüfen. Eine Gesellschaft, die Angst vor dem eigenen Wort hat, ist schon kaputt. Dazu gehört auch, Rechte nicht nur theoretisch zu kennen, sondern praktisch zu nutzen. Wissen, wann man schweigen darf. Übergriffe dokumentieren. Öffentlichkeit herstellen. Politik hasst keine Empörung, die gehört inzwischen zum Grundrauschen. Sie hasst belegte Peinlichkeiten. Und schließlich: Politik nicht wie einen Dienstleister behandeln, dem man alle vier Jahre eine Bewertung ausstellt. Wer Freiheit will, muss sich einmischen – vor Ort, im Unscheinbaren, in Vereinen, Initiativen, Elternbeiräten. Wer fehlt, überlässt das Feld anderen.
Für Unternehmer heißt es: Raus aus der Bittstellerrolle. Nicht nur hinter vorgehaltener Hand fluchen, sondern sichtbar werden. Entscheidungen nicht mehr politisch rechtfertigen, sondern betriebswirtschaftlich treffen. Stunden, Kosten, verlorene Aufträge öffentlich machen, sonst bleiben Bürokratie und Regulierung abstrakt. Dazu gehört auch, Verbandslogiken hinter sich zu lassen und neue Allianzen zu bilden: regional, branchenübergreifend, pragmatisch. Freiheit beginnt auch im eigenen Unternehmen. Wo Verantwortung delegiert, Leistung vertraut und Meinung zugelassen wird, entsteht ein Gegenmodell zu einem Staat, der immer mehr kontrollieren will. Und ja, Freiheit heißt auch, Optionen offen zu halten, auch geografisch. Nicht aus Illoyalität, sondern aus Selbstschutz.
Für Eltern bedeutet Freiheit, das staatliche Bildungsmonopol innerlich zu kündigen. 2026 sollte das Jahr sein, in dem Eltern Bildung wieder als Familienaufgabe begreifen. Lesen, argumentieren, rechnen, ökonomisches Grundverständnis – ohne Denkverbote ist möglich. Mündige Kinder entstehen nicht durch Staatslehrplan, sondern durch mutige Eltern.
Am Ende ist meine Hoffnung schlicht, dass die kleine Minderheit, die 2025 etwas begriffen hat, 2026 wächst. Dass mehr Menschen ihr Leben so einrichten, dass der Staat weniger Zugriff hat. Dass aus dem resignierten Satz „Die machen doch sowieso, was sie wollen“ ein anderer wird: „Dann machen wir eben, was wir können.“
2026 wird kein besseres Jahr, weil es jemand verspricht.
Es wird besser, wenn wir aufhören, Freiheit zu wünschen und anfangen, sie zu leben.
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