26. Oktober 2025 06:00

Wirtschaftskrise Der Wall-Street-Crash und die Große Depression

Was wir heute daraus lernen können

von Antony P. Mueller drucken

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Bildquelle: Rawpixel.com / Shutterstock Armut und Hunger: In den 30er Jahren in den USA allgegenwärtig

Am 24. Oktober 1929 – dem „Schwarzen Donnerstag“, der in Europa wegen der Zeitverschiebung als „Schwarzer Freitag“ bekannt wurde – begann der Börsenkrach, der den Auftakt zur Großen Depression markierte. Innerhalb weniger Wochen verlor die New Yorker Börse mehr als die Hälfte ihres Werts, Millionen von Menschen verloren ihre Ersparnisse, Banken gingen bankrott, und die Arbeitslosigkeit in den USA stieg auf über 25 Prozent.

Dieser wirtschaftliche Zusammenbruch war kein gewöhnlicher Konjunkturabschwung, sondern eine weltweite Krise. Bis heute wird er oft fälschlich als Beweis für das Versagen des Kapitalismus gedeutet. Doch eine genauere Analyse zeigt: Nicht der freie Markt scheiterte, sondern die Politik – vor allem die der Zentralbank, die durch künstliches billiges Geld die Wirtschaft aus dem Gleichgewicht brachte.

Bereits 1963 zeigte Murray N. Rothbard in „America’s Great Depression“, dass die Katastrophe das Ergebnis einer planlosen Geldpolitik und massiver Interventionen war. Seine Analyse bestätigt, was die Österreichische Schule schon seit Mises’ „Theorie des Geldes und der Umlaufmittel“ (1912) lehrt: Eine Manipulation des Zinses führt unvermeidlich zu Fehlentwicklungen im Kapitalaufbau.

Der Zins erfüllt im Marktprozess eine entscheidende Funktion: Er koordiniert das Verhältnis zwischen Konsum und Ersparnis. Ein niedriger Zinssatz signalisiert, dass Menschen bereit sind, für die Zukunft zu sparen – Kapital wird verfügbar, Investitionen werden möglich. Wenn Zentralbanken den Zins jedoch künstlich senken, entsteht eine Illusion: Investieren scheint günstig, aber reales Sparen bleibt aus.

In den 1920er Jahren senkte die US-Notenbank (Federal Reserve) die Zinsen und weitete die Geldmenge drastisch aus – zwischen 1921 und 1929 um über 60 Prozent. Unternehmer begannen Investitionsprojekte, für die in Wahrheit kein reales Kapital vorhanden war. Es entstanden Aktien- und Immobilienblasen, Spekulationswellen und Überinvestitionen – eine Scheinblüte, getragen von Kredit und Papiergeld. Als die Federal Reserve dann 1928 begann, den Zins zu erhöhen, um die Überhitzung zu bremsen, platzte die Blase. Der Crash war keine Überraschung – er war die logische Folge einer zuvor künstlich erzeugten Boomphase.

Auch konnte es nicht überraschen, dass eine weltweite Wirtschaftskrise entstand, die Deutschland, wo die Arbeitslosenquote 1931 auf 30 Prozent stieg, besonders hart traf. Nach dem Ersten Weltkrieg musste Deutschland hohe Reparationen an Großbritannien und Frankreich zahlen. Diese Länder nutzten die Mittel, um ihre Kriegsschulden gegenüber den USA zu begleichen. Doch das Geld, mit dem Deutschland zahlte, stammte aus amerikanischen Krediten – ein Kreislauf, der nur durch ständige Kapitalzuflüsse aus den USA aufrechterhalten werden konnte. Als die Kreditströme 1929 versiegten, brach das System zusammen. Die Depression wurde so zu einem globalen Phänomen: eine Weltkrise, ausgelöst durch die amerikanische Geldpolitik und ein internationales Schuldenkarussell.

In einer freien Marktwirtschaft wäre die Krise ein notwendiger Bereinigungsprozess gewesen. Fehlinvestitionen hätten liquidiert, Preise und Löhne angepasst, Kapital neu verteilt werden können. Doch die Politik griff ein – und verschlimmerte die Lage.

Präsident Herbert Hoover forderte Unternehmen dazu auf, Löhne nicht zu senken, was die Arbeitslosigkeit weiter erhöhte. Staatliche Kreditprogramme hielten unproduktive Betriebe künstlich am Leben. Roosevelts „New Deal“ schließlich überzog die Wirtschaft mit Bürokratie, Subventionen und gigantischen Staatsprojekten – ein Programm, das den Anpassungsprozess weiter hemmte. 1939, kurz vor Beginn des Zweiten Weltkriegs, lag die Arbeitslosenquote in den USA immer noch bei rund 17 Prozent.

Die scheinbare Erholung war eine Illusion der Kriegswirtschaft, kein Zeichen echten Wohlstands.

1936 veröffentlichte John Maynard Keynes seine „Allgemeine Theorie der Beschäftigung, des Zinses und des Geldes“, in der er die Depression auf eine mangelnde Gesamtnachfrage zurückführte. Er empfahl staatliche Ausgabenprogramme, um den Konsum zu stimulieren.

Doch Keynes’ Ansatz beruhte auf einem Missverständnis: Die Krise war nicht durch zu wenig Nachfrage entstanden, sondern durch falsche Kapitalstrukturen – die Folge verzerrter Zinsen. Im Vorwort zur deutschen Ausgabe schrieb Keynes bemerkenswerterweise, seine Theorie lasse sich „viel leichter den Bedingungen eines totalitären Staates anpassen“ als denen freier Konkurrenz.

Und tatsächlich konnte seine Politik nur dort funktionieren, wo Preise, Löhne und Zinsen zentral kontrolliert wurden – etwa im nationalsozialistischen Deutschland, wo wirtschaftliche Freiheit längst beseitigt war.

Trotzdem wurde Keynes später als Retter gefeiert. Doch sein Ansatz verschleierte die wahren Ursachen und lieferte Regierungen die theoretische Rechtfertigung für noch mehr Interventionen.

Ein weiterer Faktor, der die Depression verschärfte, war der Protektionismus. Am 17. Juni 1930 unterzeichnete Präsident Hoover das Smoot-Hawley-Zollgesetz. Die Zölle auf über 20.000 Produkte wurden massiv erhöht – bei Agrargütern um bis zu 57 Prozent. Andere Länder reagierten mit Gegenzöllen; der Welthandel brach zwischen 1929 und 1934 um rund zwei Drittel ein.

Damit zerstörten die USA den freien Handel, auf dem der Wohlstand der Vorkriegszeit beruht hatte. Die Weltwirtschaft geriet in eine Abwärtsspirale, die nationalistische und autarke Wirtschaftssysteme begünstigte – ein fataler Rückschritt, der den politischen Extremismus der 1930er Jahre befeuerte.

Die Große Depression war kein Versagen des Kapitalismus, sondern ein Lehrstück über die Gefahren politischer Eingriffe. Sie zeigt, dass Geldschöpfung keine realen Werte schafft, dass Zinsmanipulation Fehlentwicklungen erzwingt und dass staatliche „Rettungsprogramme“ meist nur Symptome kurieren, nicht Ursachen beseitigen.

Die Lehren der Österreichischen Schule bleiben aktuell: Geldschöpfung schafft keinen Wohlstand. Sie erzeugt Blasen, keine Prosperität. Wird der Zins als politisches Werkzeug missbraucht, zerstört diese Manipulation den Zeitkompass des Marktes. Rezessionen sind Heilungsprozesse. Sie korrigieren Fehlentwicklungen, wenn man sie lässt. Staatliche Eingriffe verlängern Krisen. Bürokratie und Subventionen blockieren die Erneuerung. Freihandel und stabiles Geld sind die Grundlage nachhaltiger Prosperität.

Heute, im Zeitalter der globalen Schuldenblasen, staatlichen Überdehnung und protektionistischen Tendenzen, hat die Botschaft der Österreichischen Schule nichts an Aktualität verloren: Wohlstand entsteht nicht durch Politik, sondern durch Freiheit, Sparen, Eigentum und Marktprozesse.

Murray Rothbard: „Amerikas Große Depression“ (2024)


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