02. November 2025 06:00

Große Depression Der Krach von 1929

Kann es wieder geschehen?

von Antony P. Mueller drucken

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Bildquelle: Everett Collection / Shutterstock Börsencrash von 1929: Führte global zu massiver Arbeitslosigkeit, Armut und Elend

Fast jeder meint, den nächsten Crash rechtzeitig zu erkennen. Experten warnen vor Blasen, Ökonomen präsentieren Charts, Nachbarn diskutieren am Grill über Schulden und Aktien. Doch echte Krisen kündigen sich nicht mit Sirenen an. Sie kommen im Gewand des Wohlstands – gefeiert als „Innovation“ oder „neue Wirtschaft“. Erst wenn die Illusion platzt, sind Ersparnisse verloren, Bilanzen ruiniert, und die Hüter der Stabilität haben längst Ausreden gefunden.

Wenn wir verstehen, was 1929 wirklich geschehen ist, erkennen wir die Parallelen zu heute. Die Technologie ist neu – das menschliche Verhalten nicht. Kreditexpansion verzerrt Preissignale, treibt Spekulationen an und endet unausweichlich in Korrektur und Liquidation. Das war damals so, und es gilt noch immer.

In den 1920er Jahren boomte Amerika. Den Ersten Weltkrieg hatte nur ein Land wirklich gewonnen: die USA. Die Kassen waren voll. Fast das ganze europäische Gold war in den Händen der Vereinigten Staaten. Die Produktivität explodierte. Neue Medien wie Radio und Kino verzauberten die Menschen. Autos machten Millionen mobil, die Elektrizifierung erleuchtete die Häuser und der Aktienmarkt schien ein Automat zur Geldvermehrung. Viele verwechselten Investieren mit Spekulieren, und andere glaubten zu sparen, während sie tatsächlich ihr Geld an unsolide Banken verliehen.

Statt Radio und Auto sind es heute die Künstliche Intelligenz, Elektroautos und neuartige Finanzprodukte, die die Phantasie bewegen. Doch auch diesmal wird der Zyklus enden – nicht durch äußere Schocks, sondern durch innere Widersprüche und weil das Fiatgeldsystem dazu treibt.

Die Österreichische Schule der Nationalökonomie erklärt Krisen nicht durch Stimmungen, sondern durch falsche Signale. Der wichtigste Preis in einer Marktwirtschaft ist der Zins. Er koordiniert, wie viel gespart und investiert wird, also wie viel Zukunft auf Gegenwart verschoben werden kann. Wenn Zentralbanken den Zins künstlich senken, wird Sparen entmutigt und Investieren scheinbar billig. Unternehmer beginnen Projekte, als ob es mehr reale Ersparnisse gäbe – doch das ist eine Täuschung.

Die Folgen sind Fehlinvestitionen („Malinvestments“), Überkapazitäten und Blasen. Wenn die Realität – steigende Kosten, sinkende Gewinne oder Zinsanstiege – diese Illusion auflöst, kommt es zur Bereinigung. Die Krise ist keine Katastrophe von außen, sondern die Korrektur innerer Fehler.

1929 war die Finanzwelt davon überzeugt, den Konjunkturzyklus besiegt zu haben. Heute wiederholt sich die Selbsttäuschung – nur digitaler und globaler. Schulden gelten als Fortschritt, Spekulation als Mut, kurzfristiger Gewinn als Intelligenz.

Das Problem: Die Schuldenberge sind heute um ein Vielfaches höher. Staaten, Unternehmen und Haushalte leben auf Kredit, oft über Jahrzehnte hinaus. Auch „sichere“ Institutionen – Rentenfonds, Versicherungen, ETFs – sind tief in das System der Verschuldung verstrickt. Wenn die Zinsen steigen oder Liquidität verschwindet, kann das ganze Netz ins Wanken geraten. Der Unterschied zu 1929 ist also nicht die Ursache, sondern die Dimension. Wo früher ein kleiner Kreis von Spekulanten direkt vom Börsenkrach betroffen war, hängt heute die Altersvorsorge von Millionen von Menschen vom Florieren der Börse ab.

Viele sind unbesorgt, weil sie glauben, staatliche Rettungspakete böten im Notfall die Lösung. Tatsächlich verschärfen sie die Probleme. Seit der Finanzkrise 2008 reagieren Regierungen und Zentralbanken mit immer denselben Mitteln: niedrigere Zinsen, mehr Schulden, neue Programme. Jedes Mal „funktioniert“ das kurzfristig – im Sinne einer Aufschiebung. Doch die eigentlichen Ungleichgewichte werden größer.

Man kann Fehler nicht durch neue Kredite heilen. Man kann den Krach zeitweise verschieben, aber nicht verhindern. Wer Verluste „verstaatlicht“, erhält Fehlinvestitionen künstlich am Leben – und schafft so eine Zombie-Ökonomie, in der echtes Unternehmertum erstickt.

Den genauen Zeitpunkt des nächsten Crashs kann niemand bestimmen – aber man kann sich vernünftig verhalten und Fiatgeld und unfundierte spekulative Finanzprodukte vermeiden und stattdessen auf ertragsreiche Sachwerte und die bewährten Edelmetalle setzen. Völlig fehl am Platz wäre es, sich auf die Politik zu verlassen und zu glauben, der Staatsapparat würde es schon richten. Das wäre falscher Optimismus.

Diese Perspektive der Österreichischen Schule ist nicht pessimistisch, sondern realistisch: Wohlstand kann nur auf Ersparnis, Produktion und ehrlicher Preisbildung beruhen. Wer diese Prinzipien verletzt, schafft Instabilität.

Dass 1929 wieder geschehen kann, ist nicht so abwegig, wie es auf den ersten Blick erscheint. Dies zeigt das Beispiel Japan. Ende 1989 erreichte dort der Nikkei-Index fast 40.000 Punkte. Drei Jahre später war er auf unter 10.000 gefallen – und es dauerte 25 Jahre, bis er den ehemaligen Stand wieder erreichte. Warum? Die japanischen Behörden reagierten mit gewaltigen Konjunkturprogrammen und billigem Geld. Sie setzten die Politik fort, die das Problem hervorgerufen hatte, und verschärften es. Die Staatsverschuldung explodierte, die Wirtschaft stagnierte, die Produktivität blieb nicht nur hinter den USA zurück, sondern auch gegenüber Europa – geschweige denn China und andere Länder in Südostasien.

Heute droht der Westen denselben Fehler zu wiederholen – mit noch größeren Summen. Doch die Zeit der Globalisierung, die Japan stützte, ist vorbei. Der neue Protektionismus wird den Preis der Fehlsteuerung erhöhen. Japan kam mit seiner gescheiterten Politik vergleichsweise noch einigermaßen glimpflich davon, weil die vergangenen Jahrzehnte von Globalisierung und Freihandel geprägt waren. Das hat sich inzwischen geändert. Eingeleitet von der gegenwärtigen US-Regierung, wird die ganze Welt zunehmend protektionistischer – ein Trend, der den Wohlstand weit schneller zerstören wird, als man es sich vorstellen kann.

Die Lehre, die zu ziehen ist, lautet: Nur mit solidem Geld, ehrlicher Buchführung und echter Unternehmertätigkeit werden wirtschaftliche Krisen überwunden. Wenn man an diesen Prinzipien festhält, sind die konjunkturellen Abschwünge kurz und die Erholung kommt schnell und geschieht anhaltend. Unermüdlich muss daran erinnert werden, dass die Ursache der Großen Depression nicht an der freien Marktwirtschaft lag, sondern im staatlichen Interventionismus zu finden ist. Der Krieg, in dem die Herrschaftsmächte dann in den 1930er Jahren den Ausweg suchten, war schrecklich genug – heute würde es die ultimative Katastrophe der Menschheit bedeuten. 1929 war keine Laune des Schicksals, sondern das Ergebnis politisch verzerrter Signale. Solange wir glauben, Wohlstand drucken zu können oder dass Protektionismus der eigenen Wirtschaft hilft, bleibt die Wiederholung möglich.

Atlas-Initiative: Wie Fiat-Geld unsere Wirtschaft und Gesellschaft zerstört – und wie wir es loswerden können: Essenz der Geldkonferenz der Atlas Initiative (2025)

Andrew Ross Sorkin: „1929. Inside the Greatest Crash in Wall Street History – and How It Shattered a Nation“ (2025) 


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