12. August 2025 18:00

Freiheit der Popkultur The Good, The Bad & The Ugly – Quentin Tarantinos Lieblingsfilm

Ein Tanz um Gold und Verrat

von Sascha Blöcker drucken

Ein von ChatGPT erzeugtes Filmplakat zu „The Good, The Bad & The Ugly“
Bildquelle: KI: ChatGPT Ein von ChatGPT erzeugtes Filmplakat zu „The Good, The Bad & The Ugly“

Wir haben die ersten zwei Filme ausführlich besprochen und widmen uns nun dem dritten Teil. Was an diesem dritten Teil so besonders ist? Für viele ist er nicht nur der beste Film der Reihe, nicht nur der beste Spaghetti-Western, nicht nur der beste Western, sondern gar der beste Film aller Zeiten. Zum Beispiel für Quentin Tarantino: The Good, The Bad & The Ugly. Sie sind es von mir gewohnt, dass ich hier mit dem deutschen Titel arbeite, das werde ich heute nicht tun, denn der Titel „Zwei glorreiche Halunken“ wird diesem Film in keiner Weise gerecht, und derjenige, der für dieses Namensdisaster verantwortlich ist, sollte sich schämen. Im Folgenden werden Sie hier und da mal „The Good, The Bad & The Ugly“ lesen, weil dieser Titel perfekt ist. Da wir bereits viel über die Machart von Spaghetti-Western gelesen haben, lassen wir das heute mal weg, und ich probiere, den Hauptteil des Artikels so zu schreiben, wie ich von dem Film erzählen würde.

Die Handlung: Ein Tanz um Gold und Verrat. Die Geschichte spielt während des Amerikanischen Bürgerkriegs (1862) im New-Mexico-Territorium, genauer während der Sibley-Offensive, und folgt drei Männern, die unterschiedlicher kaum sein könnten, aber durch eine gemeinsame Obsession verbunden sind: einen Schatz von 200.000 Dollar in gestohlenem Gold. Der Film beginnt mit einer Reihe von Episoden, die die drei Protagonisten einführen:

  • Tuco (The Ugly), dargestellt von Eli Wallach, ist ein impulsiver, charismatischer mexikanischer Bandit, dessen Humor und Unberechenbarkeit dem Film eine lebendige Dynamik verleihen. Seine Liste an Verbrechen, die in einer Szene verlesen wird, ist so lang wie komisch – von Mord bis zur „Förderung von Prostitution“ ist alles dabei. Die Eröffnungsszene ist großartig, weil sie direkt mit den Erwartungen spielt – und das auf eine brillante Weise. Man sieht ein paar zwielichtige Typen und denkt: Jetzt kommt es zu einem klassischen Showdown zwischen Cowboys, es ist „Zwölf Uhr mittags“, also „High Noon“. Aber nein, sie treffen sich, um Tuco abzuknallen. Wir hören Schüsse, und Tuco springt mit einer Hähnchenkeule in der Hand aus dem Fenster – er ist mal wieder dem Tod entkommen. Wir sehen ihn zwar zum ersten Mal, aber wir spüren, dass so sein ganzes Leben verläuft. Die Charakterzeichnung dieser Figur ist einfach großartig. 
  • Sentenza (The Bad), verkörpert von Lee Van Cleef, ist ein kaltblütiger Auftragskiller, der ohne Skrupel mordet, um seine Ziele zu erreichen. Sein Spitzname „Angel Eyes“ in der englischen Version ist eine ironische Anspielung auf seine teuflische Natur. Und seine Eröffnungsszene wurde immer wieder kopiert, nie so gut wie das Original. Auch Quentin Tarantinos Inglourious Basterds hat diese Szene „geklaut“, und es stört mich nicht, denn ich liebe die Szene mit Hans Landa, die ja auch zu einem Meme geworden ist. Allerdings ist die Szene in Inglourious Basterds dialoglastig, während die Szene mit Angel Eyes eher nonverbal ist. Und meiner Meinung nach aussagekräftiger. Angel Eyes kommt an eine Farm, und wir wissen sofort: Er ist der Todbringer, das personifizierte Böse. Er steht im Flur dieser Familie, befragt den Mann, der ihn beauftragt hat. Angel Eyes ist ein Auftragskiller mit einem Kodex: Wenn er bezahlt wird, zieht er es durch, egal wen es erwischt. Ich bin mir ziemlich sicher, dass Javier Bardems Figur in No Country for Old Men stark von Angel Eyes inspiriert ist. Er unterbricht also das Frühstück dieser Familie, setzt sich an den Tisch und fragt den Mann aus. Er will wissen, welchen Alias ein Mann namens Jackson hat, der mit einer Menge konföderiertem Gold abgehauen ist. Er erfährt, dass der Mann jetzt Bill Carson heißt, aber nichts kann den armen Mann am Tisch retten. Angel Eyes erschießt ihn und danach auch noch seinen Sohn – zwar in „Selbstverteidigung“, aber das ist egal. In meinem Artikel zu „Für eine Handvoll Dollar“ habe ich bereits geschrieben, dass ich nicht glaube, dass dieser Film gleich zu den zwei Dollar-Filmen gehört, und spätestens jetzt wird diese Annahme deutlich, denn der Charakter von Lee Van Cleef ist in „Für ein paar Dollar mehr“ ein ganz anderer.  
  • Blondie (The Good), gespielt von Clint Eastwood, ist ein wortkarger, lakonischer Revolvermann, der mit kühler Präzision und einer Prise Moral agiert. Er bleibt namenlos, ein Archetyp des „Mannes ohne Namen“, der durch seine Taten definiert wird. Wenn ich hier namenlos schreibe, dann beziehe ich mich darauf, dass er in den vorherigen Filmen bereits zwei verschiedene Namen verwendete. In diesem Film nutzt er den Namen Blondie. Ich habe übrigens keine Referenzen zu diversen Hunden gefunden, meine Freunde.

Die Handlung dreht sich um eine Schatzsuche, die durch einen Zufall ausgelöst wird. Sentenza sucht nach einem Soldaten namens Bill Carson, der eine Regimentskasse der Südstaatenarmee im Wert von 200.000 Dollar veruntreut hat. Gleichzeitig betreiben Blondie und Tuco ein lukratives Geschäft: Blondie liefert Tuco, einen steckbrieflich gesuchten Banditen, an Sheriffs aus, kassiert die Belohnung und rettet ihn dann in letzter Sekunde vor dem Galgen. Viele kennen diese Sequenz wahrscheinlich aus „Zurück in die Zukunft 3“, wo Marty McFly kurz davor ist, erhängt zu werden, und Doc Brown den Strick durchschießt. Blondie macht das ständig mit Tuco, seinem Partner. Als Tuco aber einen höheren Anteil fordert, lässt Blondie ihn in der Wüste zurück, was eine bittere Fehde auslöst. Tuco sinnt auf Rache und zwingt Blondie zu einem qualvollen Marsch durch die Wüste – bis sie auf eine Kutsche mit dem sterbenden Bill Carson stoßen. Carson verrät Tuco den Namen des Friedhofs, auf dem das Gold vergraben ist, und Blondie den Namen des Grabes, bevor Bill Carson stirbt. Plötzlich sind die beiden Erzfeinde aufeinander angewiesen, um den Schatz zu finden. Was folgt, ist ein episches Katz-und-Maus-Spiel, durchsetzt mit Verrat, Gewalt und unerwarteten Allianzen. Sentenza, der ebenfalls vom Schatz erfährt, kreuzt ihre Wege, und die drei Männer geraten in einen Strudel aus Intrigen, Gefangenschaft und Bürgerkriegsschlachten. Ein Höhepunkt ist die Sprengung einer strategisch wichtigen Brücke, die Blondie und Tuco durchführen, um ihren Weg zum Friedhof freizumachen – eine Szene, die den sinnlosen Horror des Krieges unterstreicht. Der Film kulminiert im legendären „Mexican Standoff“ auf dem Sad-Hill-Friedhof, einem der ikonischsten Showdowns der Filmgeschichte, bei dem die drei Männer sich in einem nervenzerfetzenden Dreierduell gegenüberstehen. Eine Szene, die Quentin Tarantino für das Ende von Reservoir Dogs übernahm. Blondie, der Tucos Waffe heimlich entladen hat, behält die Oberhand, erschießt Sentenza und lässt Tuco das Gold ausgraben – nur um ihn in einer letzten Demütigung mit einem Strick um den Hals auf ein wackliges Grabkreuz zu stellen. Blondie reitet mit seiner Hälfte des Goldes davon, doch nicht ohne den Strick aus der Ferne durchzuschießen, Tuco zurücklassend, wütend, aber lebendig. Quasi denselben Text, den Tuco hier spricht, verwendet Samuel L. Jackson in Django Unchained. In „The Good, The Bad & The Ugly“ erreicht diese Schlussszene nicht nur einen dramaturgischen Höhepunkt, sondern auch ein Sinnbild für Leones ironischen Blick auf die Helden des Westens: Niemand ist wirklich „gut“, niemand wirklich „böse“ – alle sind sie von Gier, Überlebensinstinkt und einer Prise Menschlichkeit getrieben.

Sergio Leones Regie: ein Meilenstein der Filmkunst

Sergio Leones Regie in The Good, The Bad & The Ugly ist nichts weniger als meisterhaft. Mit einem Budget von 1,3 Millionen US-Dollar – deutlich höher als bei seinen Vorgängerfilmen – konnte Leone seine Vision voll entfalten. Seine Inszenierung ist geprägt von einer einzigartigen Mischung aus epischer Breite und intimer Intensität. Die Kameraarbeit von Tonino Delli Colli nutzt das Breitbildformat, um die Weite der Wüstenlandschaften Spaniens (wo der Film größtenteils gedreht wurde) mit atemberaubenden Panoramen einzufangen, während extreme Nahaufnahmen, insbesondere auf die Augen der Protagonisten, die Spannung in den Duellszenen ins Unermessliche steigern. Leones berühmter Wechsel zwischen Totalen und Close-ups, etwa im finalen Showdown, ist ein Paradebeispiel für seine Fähigkeit, visuelle Spannung zu erzeugen. Fünf Minuten lang sehen wir quasi nur Augen, und das Spiel mit den Augen ist genial.  

Einige historische Ungenauigkeiten, wie die Erwähnung des Andersonville-Gefängnisses (das erst 1864 eröffnet wurde) oder die Verwendung von Dynamit (erfunden 1867), stören die Immersion kaum, da Leone weniger an historischer Präzision als an mythischer Erzählung interessiert war. Wie Historiker Michael Grauer kritisiert, nährt der Film zwei große Mythen des Wilden Westens: dass jeder Mann ein Revolverheld war und dass Duelle schnelle, präzise Schusswechsel waren. Tatsächlich waren Waffen in vielen Städten verboten, und Revolver waren notorisch ungenau. Doch genau diese Überhöhung macht den Reiz des Italowesterns aus: Er erzählt nicht die Realität, sondern eine größere, opernhafte Geschichte.

Ennio Morricones Musik  

Ein Soundtrack für die Ewigkeit. Kein Element von „The Good, The Bad & The Ugly“ ist so ikonisch wie Ennio Morricones Filmmusik. Der Soundtrack, mit seinem unverkennbaren Titelthema – einem Mix aus Kojotengeheul, Trompeten und Pfeifen – ist ein integraler Bestandteil der Popkultur. Morricones Kompositionen wechseln zwischen melancholischen, fast lyrischen Passagen und harten, ironischen Tönen, die die Handlung perfekt unterstreichen. Besonders das Stück „The Ecstasy of Gold“, das die frenetische Suche Tucos auf dem Friedhof begleitet, ist ein Meisterwerk der musikalischen Dramaturgie. In dieser Szene ließ Leone die Musik laufen, und Eli Wallach spielte zum Soundtrack. Viele sprechen hier von der Geburtsstunde des Musikvideos. Tarantino ist natürlich ein Fan von Morricones Musik, die er in seinen eigenen Werken immer wieder zitiert. Die Musik ist nicht nur Begleitung, sondern ein eigenständiger Charakter, der die Emotionen der Zuschauer lenkt und die epische Qualität des Films unterstreicht.

Die Besetzung: Antihelden mit Charisma  

Die drei Hauptdarsteller sind das Herz des Films. Clint Eastwood, der mit Leone bereits in den ersten beiden Teilen der Trilogie zusammengearbeitet hatte, perfektioniert seine Rolle als „Mann ohne Namen“. Sein minimalistisches Spiel, gepaart mit einer charismatischen Präsenz, macht Blondie zum Inbegriff des coolen Einzelgängers. Eli Wallach stiehlt jedoch oft die Show als Tuco, dessen lebendige, fast clowneske Energie den Film mit Humor und Menschlichkeit durchzieht. Lee Van Cleef als Sentenza bringt eine bedrohliche Intensität ein, die jede Szene mit ihm zu einem Nervenkitzel macht. Interessant ist, dass Charles Bronson sowohl für die Rolle des Tuco als auch für die des Sentenza in Betracht gezogen wurde, aber ablehnte, was Wallach und Van Cleef die Chance auf ihre karriere-definierenden Rollen gab.

Filmgeschichtliche Bedeutung und Rezeption  

The Good, The Bad & The Ugly gilt als einer der einflussreichsten Filme der Geschichte. Quentin Tarantino nennt ihn seinen Lieblingsfilm, Jeff Bridges seinen Lieblingswestern, und Kritiker wie Roger Ebert zählen ihn zu den großen Werken des Kinos. Auf Rotten Tomatoes wird er als „zertifiziert frisch“ geführt, ein Zeichen für die nahezu einhellige Anerkennung.  

Trotz kleiner Fehler – wie einem anachronistischen Jeep, der bei zwei Stunden, 28 Minuten und sechs Sekunden im Hintergrund auftaucht – bleibt der Film ein zeitloses Erlebnis. Seine Länge von etwa 160 bis 179 Minuten (je nach Fassung) mag abschreckend wirken, doch die episodenhafte Struktur und die meisterhafte Inszenierung machen jede Minute packend. Er wirkt wie ein 105-Minuten-Film.

Fazit: ein zeitloses Meisterwerk  

The Good, The Bad & The Ugly ist mehr als ein Western – es ist eine epische Parabel über Gier, Moral und Überleben, verpackt in eine visuell und musikalisch überwältigende Inszenierung. Sergio Leone schuf mit diesem Film ein Werk, das die Grenzen des Genres sprengte und bis heute als Maßstab für cineastische Exzellenz gilt. Ob es die ikonische Musik, die unvergesslichen Charaktere oder der nervenzerfetzende Showdown ist – der Film bleibt ein Muss für jeden Filmfan. Es ist die wahrscheinlich beste Trilogie, die jemals gedreht wurde. Heute würde ich das so sagen.


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