Gesellschaftliche Fehlentwicklung: Woke Kulturpolitik
Die progressiv-bunte Regenbogenwelt
von Andreas Tögel drucken

„Woke“ hat heutzutage jedermann zu sein, der nicht in den Geruch des Ewiggestrigen und der Reaktion geraten oder als hartherziger Unmensch „gelesen werden“ will. Woke Politik spaltet die Gesellschaft, indem sie Menschen – etwa nach Geschlecht oder ethnischer Abstammung – in Gruppen einteilt, und steuert sie ambitioniert hinter die Errungenschaften der Aufklärung zurück. Woke Politik will alles Althergebrachte und jede Tradition zerschlagen und setzt an die Stelle von (kalter) Vernunft (warme) Gefühle. Die Sozial- und Geisteswissenschaften, insbesondere auch der Kulturbetrieb, befinden sich inzwischen – und zwar beiderseits des Atlantiks – fest in der Hand woker Progressiver. In universitären Orchideenfächern wie Gender Studies, Queer Studies, Postcolonial Studies und Critical Whiteness Studies manifestiert sich die Umsetzung einer konsequent woken Bildungspolitik.
Im vollständigen Triumph der Wokeness erfüllt sich der zuerst vom brillanten, oft stark unterschätzten italienischen Denker und Mitbegründer der Kommunistischen Partei Italiens, Antonio Gramsci (1891–1937) entwickelte Gedanke der „kulturellen Hegemonie“, die zu erringen eine nach seiner Einschätzung unabdingbare Voraussetzung für die Überwindung der liberalen bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft darstellt. Gramsci, wiewohl Marxist, geht damit weit über die von Karl Marx formulierte, auf die Ökonomie und die daraus angeblich resultierenden Klassengegensätze fokussierte rein materialistische Theorie hinaus.
Nur die wenigsten Zeitgenossen, am wenigsten die zeitgeistigen Bobo-Linken (die sich kaum jemals gründlich mit den geistigen Grundlagen des Kommunismus vertraut gemacht haben), sind sich des marxistischen Fundaments bewusst, auf dem die woke Ideologie beruht, die heute nicht nur an Universitäten, in Schulen, Redaktionsstuben und natürlich im Kunstbetrieb vorherrscht, sondern sich inzwischen sogar anschickt, auch alle anderen Lebensbereiche bis hin zu seichter Fernsehunterhaltung und Fußballturnieren zu dominieren.
Der vom deutschen Studentenführer Rudi Dutschke (1940–1979) in den 1960er Jahren ausgerufene „lange Marsch durch die Institutionen“, der auf den Überlegungen Antonio Gramscis basiert, kann als erfolgreich abgeschlossen betrachtet werden. Die von Schulen, Medien und Kirchen gebildete „Zivilgesellschaft“ – erweitert um die zur Lebenszeit Gramscis noch nicht existenten Nichtregierungsorganisationen – befindet sich so gut wie vollständig in der Hand progressiver Kräfte. Die sozialdemokratische Wiener Kulturstadträtin Ursula Pasterk bezeichnete anno 1994 nicht zufällig das von ihr damals geleitete Kulturressort als „Ideologieressort“.
Heute einen Kulturschaffenden zu finden, der sich politisch nicht links verortet, fällt alles andere als leicht.
Im eben erschienenen Sammelband „Woke Kulturpolitik, Ursprünge, Erscheinungsformen, Auswirkungen“ beleuchten dreizehn in verschiedenen Bereichen des Kulturbetriebs aktive Autoren das Phänomen Wokeness aus sämtlichen denkbaren Perspektiven. Alle kulturrelevanten Bereiche wie Musikbetrieb, Theater, Literatur, Architektur und Filmkunst stehen heute ausnahmslos im Dienst der Vermittlung eines woken Gesellschaftsbildes. Wer hier aus der Reihe tanzt, wird mundtot gemacht, erhält keine öffentlichen Ämter, keine Fördermittel oder verliert seinen Verleger.
Doch Kunst und Kultur können ihrem Auftrag nur dann gerecht werden, wenn ihre Schöpfer freie Individuen sind und nicht nach gruppenspezifischen Merkmalen wie Geschlecht, Hautfarbe, Religion oder ethnischer Herkunft kategorisiert und entsprechend gefördert oder diskriminiert werden. Wer kulturelle Vielfalt zu fördern vorgibt, darf Künstler nicht aufgrund ihrer Gruppenzugehörigkeit entweder als geborene und daher förderungswürdige Opfer oder als deshalb zu benachteiligende Täter betrachten. Genau das aber tut woke Kulturpolitik.
Die Filmproduktion der Traumfabrik Hollywood sei an dieser Stelle als besonders krasses Beispiel genannt. Hier können in Zukunft in der Kategorie „Bester Film“ nur noch Filme für den Oscar nominiert werden, wenn sie bestimmte „Repräsentationsstandards“ erfüllen. Künftig sind demnach Quoten für die Besetzung von Filmrollen mit „Angehörigen von Minderheiten“ (zum Beispiel Menschen mit Behinderung oder Angehörige der wachsenden LGBTQ+-Gemeinde) zu erfüllen, sofern Regisseur und Produzent Wert auf den Gewinn der begehrten Trophäe legen. Selbstverständlich müssen auch das behandelte Thema und die moralische Botschaft des Films woken Standards genügen. Zu erwarten ist also eine öde Uniformierung der Filmkunst. Politisch unkorrekte Mafiaepen wie „Der Pate“ (in denen etwa Indigene keinen Platz haben) oder toxische Maskulinität verherrlichende Kriegsfilme wie „Das Dreckige Dutzend“ (in denen keine übergewichtigen „weiblich gelesenen“ Darstellerinnen vorkommen) wird es künftig kaum noch geben. Dafür aber ein inflationäres Angebot von radikalfeministischen, männerverachtenden Machwerken wie beispielsweise „Barbie“. Der schrille Streifen konnte bei der Oscar-Vergabe 2024 allerdings nur den Oscar für die beste Filmmusik einheimsen, während „Oppenheimer“ gleich sieben der goldenen Statuetten abräumte.
Ein Umdenken in der Filmkunst wird erst dann eintreten, wenn woke Produktionen auch noch den letzten Kinosaal leergespielt haben, wie das mit Frauen besetzten Remakes einst von männlichen Protagonisten gespielten Blockbustern – als Beispiel sei die Horrorkomödie „Ghostbusters“ genannt – gelungen ist.
Auch Sport ist Teil der in einer Gesellschaft herrschenden Kultur. Auch auf diesem Terrain tobt der woke Kult. In Regenbogenfarben angestrahlte Fußballstadien, Trikots mit tuntiger Farbgebung – ohne jeden Hinweis auf die Nationalität der Spieler – und zu Ehren der BLM-Gemeinde gebeugte Knie vor einem Spiel gehören inzwischen zum Standard – zumindest im „besten Deutschland, das wir je hatten“. Dass bei Olympischen Spielen im Boxsport Männer Frauen verprügeln dürfen (siehe untenstehenden Link) und dafür auch noch mit Medaillen geehrt werden, ist nur noch als Irrsinn zu qualifizieren.
Während der Begriff „Misogynie“ allseits bekannt sein dürfte (schließlich wird im Tagesrhythmus die nach radikalfeministischer Lesart zum Himmel schreiende Benachteiligung von Frauen lautstark thematisiert), können mit „Misandrie“ nur wenige Zeitgenossen etwas anfangen. Dabei hat der nicht nur in den Zirkeln von woken Radikalfeministinnen zelebrierte Männerhass (explizite Aufrufe zur Tötung von Männern gehen hier vollkommen in Ordnung) inzwischen selbst in der Fernsehunterhaltung und in der Werbebranche Einzug gehalten. Kaum ein „Tatort“, in dem der stets männliche Täter nicht so gut wie jedes Klischee einer „toxischen Männlichkeit“ bedient, kaum eine Werbekampagne, die nicht zunehmend von starken Frauen und trotteligen Männern geprägt ist.
Fazit: Ein absolut empfehlenswertes Buch, das den Blick für die zahlreichen Fehlentwicklungen schärft, die der kulturmarxistisch fundierten woken Kulturpolitik geschuldet sind.
Aktenzeichen XY gelöst („Emma“)
Trauer, Wut und Bestürzung: „Diese Tat war kein Einzelfall“ (hessenschau)
„Woke Kulturpolitik – Ursprünge, Erscheinungsformen, Auswirkungen“; Alexander Ulfig (Herausgeber); Deutscher Wissenschafts-Verlag 2025; 151 Seiten, broschiert; ISBN: 978-3-869-882-216; 19,95 Euro
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