07. September 2025 06:00

Wirtschaft und Gesellschaft Privateigentum contra Staatsherrschaft

Endstation Totalitarismus

von Antony P. Mueller drucken

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Bildquelle: Red Vector / Shutterstock Staat greift zunehmend nach allem Eigentum: „Sie werden nichts besitzen, aber glücklich sein“

Sowohl Ludwig von Mises als auch Karl Marx haben im Eigentumsbegriff den Kern des Gesellschaftlichen lokalisiert. Für Mises ist Privateigentum, spezifisch auch das an Produktionsmitteln, der Kern der politischen Forderungen des klassischen Liberalismus. Im Konflikt über die Rolle des Eigentums steht der Liberalismus dem Sozialismus gegenüber. Die unterschiedliche Auffassung zwischen beiden kristallisiert sich in der Frage, ob Eigentum individualistisch oder kollektivistisch zu bestimmen ist.

Während Mises erklärt, dass das Programm des Liberalismus, in einem einzigen Wort zusammengefasst, „Eigentum, das heißt: Sondereigentum an den Produktionsmitteln“ heißen muss („Liberalismus“, 1927, Seite 17) und dass sich aus dieser Grundforderung alle anderen Forderungen des Liberalismus ergeben, steht im „Kommunistischen Manifest“ (MEW, Band IV, Seite 475), dass „die Kommunisten ihre Theorie in dem einen Ausdruck: Aufhebung des Privateigentums, zusammenfassen (können)“. 

Privateigentum im Unterschied zum Gemeineigentum und Individualismus im Unterschied zum Kollektivismus kennzeichnen Liberalismus und Sozialismus.

Für den klassischen Liberalismus und den heutigen Libertarismus gibt es theoretisch ein klares Kriterium für die Staatstätigkeit: Diese ist nur insoweit legitim, wie sie eine Verbesserung der gesellschaftlichen Kooperation ermöglicht. Der Staat verliert seine Legitimation, wenn er die freiwillige Zusammenarbeit beeinträchtigt, wenn er die Kooperation, zum Beispiel durch Besteuerung und Reglementierung, erschwert oder wenn die Staatsführung die Gesellschaft auf zerstörerische Ziele, wie zum Beispiel Krieg oder Bürgermord, ausrichtet. In diesem Fall gibt es nicht nur ein Widerstandsrecht aus Vernunftgründen, sondern eine Widerstandspflicht.

Soll die praktische Politik beurteilt werden, ist die Frage nicht absolut zu bestimmen – Privateigentum contra Staatseigentum, ja oder nein –, sondern in welche Richtung, von einer konkreten Situation ausgehend, die Lage zu bestimmen ist als die Frage, durch welche spezifische Maßnahme das System sich in welche Richtung bewegt. Hin zu mehr Kollektivismus und Gemeineigentum oder hin zu mehr Individualismus und Sondereigentum? Damit ist auch die Frage zu verbinden, welche politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgen die jeweilige Richtungsbestimmung nach sich zieht. In diesem Licht zeigt sich, dass ein Mischsystem wie die „Soziale Marktwirtschaft“ der Transformation ausgesetzt ist. Die Sozialpolitik, gedacht als Stabilisator des Marktkapitalismus, ist das Einfallstor des Sozialismus, und als Resultat entsteht der Staatskapitalismus als ein System, welches das Privateigentum auch an Produktionsmitteln bestehen bleiben lässt, aber durch Staatseingriffe immer mehr aushöhlt.

Hier gilt es, sich erneut der Worte von Ludwig von Mises zu erinnern, für den das „Sondereigentum an den Produktionsmitteln“ die Basis anderer liberaler Werte bildet: „Die wesentliche Lehre des Liberalismus ist, dass die gesellschaftliche Kooperation und die Arbeitsteilung nur in einem auf dem Sondereigentum an den Produktionsmitteln, das heißt in einer Marktwirtschaft, dem Kapitalismus beruhenden Wirtschaftsverfassung verwirklicht werden können. Alle anderen Prinzipien des Liberalismus – Demokratie, persönliche Freiheit des Einzelnen, Rede- und Pressefreiheit, religiöse Toleranz, Frieden zwischen den Völkern – sind Folgen dieses Grundpostulats. Sie können nur in einer Gesellschaft verwirklicht werden, die auf Sondereigentum basiert“ (Ludwig von Mises: „Allmächtiger Staat“, Seite 96, „Omnipotent Government“, 1944)

Nur wenn die Idee maßgeblich bleibt, dass die Eigentumsordnung dem Staat vorgeordnet ist, kann ihre Auflösung aufgehalten werden. Wenn die gesellschaftliche Idee der Eigentumsordnung zerfällt, wird der Staat zum Zerstörer des Eigentums. Der Staat strebt nach außen wie nach innen die volle Herrschaft an. Nur Ideen können die Staatsmacht begrenzen. Schwindet die Gegenmacht im Innern, schwingt sich der Staat gleichsam von selbst zum Hegemonen auf. Totalitarismus ist keine Abirrung des Staates, sondern er wird stets überall dort auftreten, wo die Gegenkräfte zu schwach geworden sind, um die hegemonialen Strebungen des Staates zu bändigen.

In der Tat können wir heute beobachten, wie zusammen mit der Auflösung des Privateigentums die anderen Werte des Liberalismus umso mehr verfallen, je mehr auch der sogenannte „Westen“ in den Interventionismus schlittert. Wie Carl Menger („Volkswirtschaftslehre“, 1871, Seite 57) erklärt, ist das Eigentum unzertrennbar mit Wirtschaft und Gesellschaft verbunden. Ein sogenanntes „Gemeineigentum“ im Sinne der Verfügbarkeit über die Güter kann es prinzipiell nicht geben. Wird das Privateigentum abgeschafft, gelangt es nicht in die Hände „der Gemeinschaft“, sondern in die Verfügungsmacht von Funktionären, den Apparatschiks der jeweils herrschenden Parteienmacht.

Der Erosion des Eigentums folgt die Auflösung von Freiheit und Wohlstand. Es kommt eine Kaskade in Gang. Zuerst erfolgt die Aufhebung des Privateigentums durch exzessive Besteuerung und andere Formen der Enteignung. Dies impliziert die Aufhebung der Leistungsgerechtigkeit durch Gleichheitswahn und Umverteilung. Beides beinhaltet Etatismus und bedeutet die Staatsherrschaft. Am Ende stehen Despotismus und Totalitarismus, mit denen dann, zusammen mit dem Eigentum, auch die Freiheit und der Wohlstand verloren gehen.

Antony P. Mueller: „Antipolitik“ (2024)


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