24. September 2025 18:00

Meinungsfreiheit Wenn das Pendel zurückschlägt

Zensur ist immer Schwäche

von Joana Cotar drucken

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Bildquelle: gualtiero boffi / Shutterstock Die Hegemonie des linken Cancel-Culture-Denkens ist vorbei: Das Pendel schlägt zurück

Meinungsfreiheit ist kein Luxus. Sie ist das Rückgrat jeder Zivilisation, die den Namen „frei“ verdient. Sie ist mehr als ein Recht. Sie ist die unantastbare Bedingung dafür, dass Menschen überhaupt gemeinsam denken, streiten, wachsen können. Wer an ihr sägt, zerstört nicht nur die Rede des anderen, sondern sägt am eigenen Fundament.

Und doch, in den vergangenen Jahren wurde dieser Grundpfeiler von jenen verhöhnt, die sich moralisch im Recht wähnten. „Cancel Culture“ hieß das neue Werkzeug. Ein Instrument, das angeblich Ungerechtigkeit bekämpfen sollte, in Wahrheit aber nichts anderes war als eine moderne Form des Prangers. Wer widersprach, wurde gebrandmarkt und zum Schweigen gezwungen.

Nun aber schlägt das Pendel zurück. In den USA hat der Mord an Charlie Kirk, dem Gründer von „Turning Point USA“, die Verhältnisse ins Rutschen gebracht. Der Schuss, der ihn traf, traf zugleich das Selbstverständnis einer ganzen Gesellschaft. Was folgte, war nicht nur Trauer, sondern auch blanker Hass: Lehrer, Ärzte, Soldaten, die in den sozialen Medien Kirks Tod feierten, als sei es ein Tiktok-Trend. Eine moralische Bankrotterklärung.

Doch kaum wurden diese Stimmen selbst zur Rechenschaft gezogen, durch Entlassungen und öffentliche Bloßstellung, da verstummte das selbstgerechte Gelächter. Plötzlich riefen dieselben Stimmen, die gestern noch „Konsequenzen“ forderten, heute nach Meinungsfreiheit. Plötzlich war die Methode, die man anderen gnadenlos übergestülpt hatte, „Zensur“ und „Demokratiegefährdung“. Die Ironie ist so grell, dass sie fast schmerzt.

Die andere Seite ist jedoch auch gerade dabei, den Kompass zu verlieren. Konservative, jahrelang Opfer dieser Jagdgesellschaft, wittern nun ihre Stunde der Vergeltung. Stimmen wie Ted Cruz oder JD Vance rufen zum „Naming and Shaming“ auf, Donald Trump feiert Suspendierungen von Gegnern als „gute Nachrichten“. So droht ausgerechnet jene Bewegung, die sich als Verteidigerin der Freiheit versteht, ihre eigene moralische Grundlage preiszugeben. Auch wenn man die Wut und den Wunsch nach Rache versteht, geben sie hier gerade einen ihrer eigenen Werte auf.

Und Deutschland? Auch hierzulande hat die selbsternannte Avantgarde jahrelang Andersdenkende diffamiert, mit allen Mitteln. Man stellte sie an den Pranger, drehte ihnen das Wort im Mund um, konstruierte Karikaturen ihrer Ansichten, um sie dann zu zerstören. Cancel Culture war kein amerikanischer Exportschlager, sie avancierte hier längst zur Staatsräson, flankiert von einem öffentlich-rechtlichen Rundfunk, der Vielfalt versprach und Monotonie lieferte und von einer Politik, die sich jede Kritik verbat. Kein Wunder, dass die Wut auf dieses System wächst. Sie ist nicht irrational, sie ist das Echo jahrelanger Arroganz und Lüge. Und jetzt, da das Kartenhaus zu wanken beginnt, inszenieren sich die Stimmen, die früher Existenzen ohne mit der Wimper zu zucken vernichteten, plötzlich als Opfer. Doch wer so lange gelogen hat, sollte den Spiegel nicht als Angriff empfinden.

Was folgt nun aus alldem?

Dass Rache keine Antwort ist. Dass Freiheit kein Werkzeug der Vergeltung sein darf, sondern Prinzip. Wer glaubt, man könne die eigene Verletzung heilen, indem man den anderen verstummen lässt, wiederholt den gleichen Fehler in anderer Farbe.

Die Verteidigung der Freiheit verlangt mehr Größe. Sie verlangt, dass der Staat seine Finger von der Rede lässt. Dass Unternehmen nicht unter politischem Druck Entscheidungen treffen. Dass Monopole gebrochen werden, damit Stimmenvielfalt eine Chance hat. Und dass Worte, so verletzend sie sein mögen, stets mit besseren Worten und nicht mit Strafmaßnahmen beantwortet werden.

Cancel Culture ist Gift, gleichgültig, ob es aus linker oder rechter Hand verabreicht wird. Kirks Tod mahnt uns: Worte können töten, Freiheit heilt.

Eine Gesellschaft, die Worte aushält, auch die falschen, die hässlichen, die unliebsamen, bekennt sich zu ihrer eigenen Größe. Nicht Worte zerstören sie, sondern die Angst vor ihnen. Zensur ist nie Schutz, sie ist immer Schwäche. Wer glaubt, Sprache bannen zu können, verrät damit nur die eigene Unsicherheit und er scheitert. Immer.

Die wahre Prüfung einer freien Ordnung ist nicht der Applaus für das Angenehme, sondern die Standhaftigkeit im Angesicht des Unerträglichen. Wer da einknickt, verliert mehr als nur Debatten, er verliert die Fähigkeit zur Wahrheit. Und eine Gesellschaft, die diese Fähigkeit aufgibt, überlebt zwar biologisch, aber sie stirbt geistig.


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