27. September 2025 21:00

Kontaktimprovisation KI in der linksgrünen Blase

Freiheit im Tanz

von Anne-Sophie Chrobok drucken

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Bildquelle: Davidonet / Wikipedia (CC-BY-SA FR; CC-BY-SA-2.0-FR) Contact Improvisation: Völlige Freiheit im Körper

Was haben Sie am Wochenende gemacht? Stundenlang Youtube-Videos gesehen, in denen diskutiert wurde, ob Javier Milei nun Christus oder Judas für die libertäre Bewegung ist? Mit Freunden und Familie eine schöne Zeit verbracht? Die Einsamkeit der Natur gesucht? Oder vielleicht sogar die Welt gerettet? Ganz egal, was es war – ich hoffe, Sie hatten eine gute Zeit.

Ich jedenfalls habe die letzten Tage eine Reise in eine wundervolle Welt der linksgrünen Blase gemacht – und es war großartig. Die „lange“ Anreise dauerte ganze fünf Minuten mit dem Auto, mit dem Fahrrad vielleicht drei. Aber zu einer grünen Veranstaltung sollte man natürlich stilgerecht mit Verbrenner erscheinen – Sie verstehen. Und nun greife ich vorweg: Ich habe dort eine Form von Freiheit entdeckt, die man nicht erwarten würde, wenn gleichzeitig Sätze wie „Der Kapitalismus sorgt für eingeschränkte Teilhabe“ durch den Raum schweben. Wo war ich also? Trommelwirbel! Auf einer KI-Fortbildung.

Jetzt denken Sie bestimmt: „Wow, die Anne-Sophie bildet sich weiter in Sachen Künstliche Intelligenz. Wie vorausschauend!“ Leider weit gefehlt. Ich habe weder ein tiefes Interesse an Computern noch an Technik noch an der Zukunft. Der Blick in die Vergangenheit hat mich immer weitaus mehr fasziniert. Deswegen bedeutet KI für mich auch nicht Künstliche Intelligenz, sondern Kontaktimprovisation.

Da stellt sich sofort die große Frage: Was ist Kontaktimprovisation? Nun, es ist eine Form des Tanzes (darüber lässt sich streiten) für Hippies, Durchgeknallte, Bewegungsfanatiker, Perverse, gescheiterte Tänzer, Einsame, Kampfsportler und Yoga-Lehrer. Wobei die Kategorien sich durchaus überlappen können. Geben Sie es einmal bei Youtube ein: Sie werden Menschen sehen, die übereinander rollen, ohne sich wehzutun. Und so seltsam es klingt – es ist großartig, über fremde Menschen zu rollen. Total befriedigend. Sie merken: Wahrscheinlich ordne ich mich selbst in die Gruppe der Perversen ein.

Bei solchen Veranstaltungen trifft man die Crème de la Crème der Problem-Ponys, Vokuhila (bei Frauen), Nasenringe und bunte Haare. Und alle sind furchtbar nett zueinander. Vorsichtig. Umsichtig. Bei der Vorstellungsrunde nennt man seine Pronomen – wir hatten nämlich eine Transperson unter uns. Stephanie. 1,88 Meter groß, 35 Zentimeter Bizepsumfang, Waschbrettbauch. In einer lesbischen Beziehung mit Kindern. Wundervoll.

Man begegnet außerdem Psychologen, die auffällig große Schwierigkeiten mit ihrem eigenen Körper haben. Glauben Sie mir: Wenn ich jemanden leicht berühre und er sofort abweisend auf Druck oder Kompression reagiert, stimmt etwas nicht. Ich muss hinzufügen, dass KI viele somatische Übungen beinhaltet – Massagen, Atemtechniken, Körperarbeit. Unser Psychologe jedenfalls brach schon nach ein wenig Kompression nervlich zusammen und verweigerte in den nächsten Tagen jeden weiteren Kontakt. Ja, ich bin wohl ein Zerstörer feiner Seelen! Zu meiner Verteidigung: Wir waren drei Personen bei dieser Übung, und ich schiebe die Schuld gerne auf die anderen. Doch ehrlich gesagt bestätigt es meine private, höchst unwissenschaftliche Studie: Psychologen haben oft den größten Knacks. Vielleicht studiert man Psychologie, um sich selbst besser zu mögen? Oder um Heilung für die eigene Seele zu finden? Wer eine Antwort weiß – bitte melden.

Wie sieht also so eine KI-Fortbildung aus? Man sitzt im Stuhlkreis (auf dem Boden natürlich – Tänzer lieben den Boden mehr als jeden Stuhl) und redet über seine Empfindungen. Immer wieder staune ich, was Menschen mit Fremden teilen. Man macht Körperwahrnehmungsübungen. Man lernt Techniken, um übereinander zu rollen – ja, selbst dafür gibt es Techniken. Und abends wird „gejammt“. Jemand spielt eine Metalltrommel, und alle tanzen. Übereinander. Aufeinander. Miteinander. Jemand kniet auf einem. Dann wird man über die Schulter gewirbelt. Schließlich steht man minutenlang starr da und starrt einem Fremden in die Augen. Es ist verrückt. Es ist großartig. Und es ist wundervoll.

Abends erwartet mich dann mein Mann zu Hause – bewaffnet mit einem riesigen Desinfektionsspray und den Worten: „Das waren bestimmt alles Geimpfte. Du bist verseucht!“

Tja, und nun die große Frage: Wie findet man Freiheit in solch einer Umgebung? Nun, abgesehen davon, dass Kontaktimprovisation an sich schon der gelebte Anarchismus des Tanzes ist, muss man die ganze linksgrüne Kultur drumherum einfach ausblenden. Denn beim Tanzen wird nicht geredet. Vier Tage lang beschäftigt man sich intensiv mit dem eigenen Körper und mit dem der anderen. Und dann, in der letzten Stunde – während die übrigen erschöpft an der Seite sitzen – geschieht es plötzlich. Es klickt. Die Beine werden leichter. Bewegungen ergeben Sinn. Muster brechen auf. Sprünge werden höher, Drehungen wilder. Und dieser Moment, in dem der eigene Körper plötzlich kein Gefängnis mehr ist, sondern völlig frei – das ist die Erfahrung, die bleibt.

Ironischerweise habe ich diese Freiheit, von der die linksgrüne Szene so gerne schwärmt, nicht in ihren politischen Ansichten gefunden – sondern im reinen Tanz, der ohne Vorschriften, Hierarchie oder Kontrolle auskommt. Keine Bürokratie, keine Regeln, keine staatliche Ordnung. Nur Selbstverantwortung und gegenseitiges Vertrauen. Gelebter Anarchismus eben – und vielleicht die freieste Form, die man im Tanz, ja sogar im Leben, überhaupt finden kann.


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