15. November 2025 21:00

Dekadenz Es lebe die Dekadenz

Warum "Dekadenz" das neue "Black" ist?

von Anne-Sophie Chrobok drucken

Ein düsteres, symbolträchtiges Bild einer zerfallenden antiken Stadt am Meer mit einer untergehenden Sonne im Hintergrund, die Wellen und Stürme andeutend, 16:9, Querformat, ohne Text/Schrift/Logos.
Bildquelle: Redaktion Ein düsteres, symbolträchtiges Bild einer zerfallenden antiken Stadt am Meer mit einer untergehenden Sonne im Hintergrund, die Wellen und Stürme andeutend, 16:9, Querformat, ohne Text/Schrift/Logos.

Was haben die Mythen von Atlantis, Troja und Rungholt gemeinsam? Atlantis wurde von Disney verfilmt. Troja bekam Brad Pitt in Sandalen. Nur Rungholt hat es bisher nicht auf die große Leinwand geschafft. Doch eines eint alle drei: die Vorstellung, dass eine Zivilisation mit einem großen „Bang“ untergeht. In einer Katastrophe. Flut. Krieg. Chaos. Plötzlich. Unerwartet. Vielleicht als göttliche Strafe – für Hochmut. Oder für die Wahl der falschen Frau (vorzugsweise einer, die schon verheiratet war).

Diese Vorstellung sitzt tief: Der Untergang einer Kultur muss stürmisch, gewaltig und tragisch sein. Eine Intervention von oben. Unaufhaltbar. Und auf seltsame Weise sogar romantisch.

Die Realität aber sieht anders aus. Große Reiche sterben selten im Donnerhall. Rom ging nicht in Flammen auf, sondern zerfiel über Jahrhunderte. GK Chesterton bemerkte dazu: „There was nothing left that could conquer Rome, but there was also nothing left that could improve it.“ Auch Sparta teilte dieses Schicksal. Ebenso die Maya-Kultur. Byzanz. Natürlich Ägypten, das immer wieder zerfiel und sich neu erfand, bis es nach einer langen Phase der Dekadenz mit Kleopatra unterging.

Und damit sind wir beim Thema dieses Artikels: Dekadenz. Leben wir heute in einem Zeitalter, in dem die westliche Zivilisation an ihrer eigenen Dekadenz scheitert?

Zunächst müssen wir klären, was Dekadenz überhaupt bedeutet. Sind wir wirklich wie die römischen Senatoren, die träge auf ihren Liegen hocken und sich mit Weintrauben füttern lassen? Ich werde mich hier an Ross Douthat orientieren („The Decadent Society“). Er beschreibt Dekadenz mit vier Merkmalen: Stagnation in Innovation und Wirtschaft, Sterilität, Sklerose der Institutionen und eine bloße Repetition der Kunst.

Der erste Punkt ist gleich der umstrittenste: Stagnation der Erfindungen.

„Hej Mädchen, bekommst du denn nicht mit, dass die Welt sich draußen ändert? So schnell wie nie! Computer. Internet. Smartphones. Bitcoin. Künstliche Intelligenz.“ – mögen Sie jetzt denken.

Darauf würde ich entgegnen: Und was haben wir in den letzten 50 Jahren erreicht außerhalb der Kommunikationstechnologie? Windräder? E-Autos? Gender-Toiletten? Verschleiern unsere digitalen Errungenschaften nicht vielleicht nur unsere Stagnation?

Schauen wir doch auf eine andere Zeit: 1850–1900. In diesen 50 Jahren kamen Automobile, Kameras, Flugzeuge, Telefone, Glühlampen, Röntgenstrahlen – eine Explosion an Neuerungen, die jeden Lebensbereich veränderten. Das war ein Zeitalter der Innovation.

Und heute? Heute werden die Dinge meist schlechter. Vom Fernseher bis zur Unterhose. „Fortschritt“ bedeutet, dass ein Auto per Smartphone-App gesteuert werden kann – vielleicht. Wenn es nicht gerade an tausend Regulierungen scheitert.

Über die Stagnation der Wirtschaft muss ich hier kaum viele Worte verlieren – dazu gibt es genügend Artikel. Wirtschaftlicher Stillstand zeigt sich klar genug: durch überbordende Besteuerung und permanente Geldentwertung.

Nun könnte man mir entgegenhalten, dass Robert Habeck als Wirtschaftsminister vielleicht schon eine Katastrophe war wie der Ausbruch des Vesuvs für Pompeji. Aber ich sehe darin weniger eine Naturgewalt als vielmehr ein Symptom: das Produkt einer betäubten Gesellschaft, die ihre Dekadenz darin auslebt, dass sie sich die denkbar ungeeignetsten Menschen als Entscheidungsträger leistet.

Die Sterilität unserer Gesellschaft dagegen ist ein Thema, das gar nicht genug beleuchtet werden kann. Eine starke Zivilisation feiert das Leben. Sie altert nicht weg. Sie zelebriert keinen Todeskult. Sie verfault nicht in ihrer eigenen Bequemlichkeit.

Stattdessen hören wir Sätze wie: „Kinder sind anstrengend.“ – „Man kann sich keine Kinder leisten.“ – oder groteske Parolen wie: „Ich bin ein Mann, der eine Trans-Frau ist und werde jetzt schwanger!“ Kinderkriegen verkommt zu einer Anstrengung, die nur noch interessant ist, wenn sie zur reinen Selbstdarstellung dient.

Eine dekadente Gesellschaft erzeugt egoistische Alte, die ihre eigene „Sicherheit“ höherstellen als das Leben der nächsten Generation – man denke nur an Lockdowns und Masken, die Kinder zur Manövriermasse degradierten.

Hinzu kommen gesundheitliche Faktoren: Der Testosteronspiegel sinkt so rapide wie der Wert des Geldes. Frauen ruinieren durch jahrelange Hormonpräparate oft ihre Fruchtbarkeit. Und über all dem liegt wie eine unsichtbare Glocke der Mikroplastik, die wir täglich in uns aufnehmen. Der Westen veraltet. Und hasst sich so sehr, dass er sein lebendiges Fortbestehen Bequemlichkeit und Sinnlosigkeit opfert.

Über die Sklerose der Institutionen ist in diesem Heft schon oft geschrieben worden. Wir leben in einer Zeit, in der die Bürokratie eines der wenigen Dinge ist, die noch wächst. Sie schafft Probleme, um sie dann mit noch mehr Regulierung zu lösen. Der ewige Feind jeder Innovation: der graue, engstirnige Beamte. Das wusste schon Kafka. Und auch wir spüren täglich den Atemhauch des „kältesten Ungeheuers“ (Nietzsche). Stagnation durch graue Männer – und natürlich auch Frauen.

Über die ewige Repetition der Kunst muss man nicht viele Worte verlieren. Besonders deutlich spürbar ist sie im Film. In den letzten zehn Jahren bestand Hollywood fast ausschließlich aus Sequels, Neuverfilmungen und immer der gleichen Geschichte. Und ich bezweifle, dass es in Musik, Architektur, Kunst oder Tanz besser aussieht. Wer anderer Meinung ist, darf mich gern widerlegen.

Doch ich möchte noch einen weiteren Faktor hinzufügen: die große Welle des Eskapismus in unserer Gesellschaft. Sie beginnt beim gedankenlosen Abschießen mit dämlichem Entertainment, setzt sich fort über die Inflation psychologischer „Erkrankungen“, die mit möglichst vielen Psychopharmaka stillgestellt werden, und gipfelt in den Drogenkrisen, die uns derzeit heimsuchen. Man nimmt etwas, um sich zu betäuben. Downers sind in. Oder wie Ross Douthat es formuliert: „Downers are the drugs of choice in a decadent culture as they help numb people to the futility and frustration that pervades modern life.“

Und wohin führt das? Wozu verkommt eine solche dekadente Gesellschaft? Zu einem „weichen“ Polizeistaat, in dem Freiheit gegen Sicherheit eingetauscht wird? Zu einer Welt, in der die Freiheit darin besteht, Drogen auf offener Straße zu konsumieren oder seine Perversionen vor Kinderaugen auszuleben – während Eigentum und freie Meinungsäußerung abgeschafft werden?

Sehr wahrscheinlich. Und seien wir ehrlich: Wollen wir nicht insgeheim lieber dieses weiche Dahinsiechen, als den harten Knall, der uns alle mitreißt? Wer möchte schon dabei sein, wenn die Flut kommt? Der Krieg? Das Ende des Westens!

Also dann: Es lebe die Dekadenz.


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