Die deutsche Krankheit: German Angst
Nirgendwo sonst blüht die Furcht vor dem Klimawandel so prächtig wie in Deutschland
von Andreas Tögel
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Wer im Internet nach dem Begriff „German Angst“ sucht, findet bei Wikipedia folgenden Eintrag: „Der Begriff Angst, der sich ähnlich wie Weltschmerz in der englischen Sprache eingebürgert hat (Germanismus), bezeichnet hier entweder eine generalisierte Angststörung, eine unbegründete diffuse Furcht oder ein nur ostentativ vorgetragenes ‚Leiden an der Welt‘.“
Das Schüren von Ängsten eignet sich als Herrschaftsinstrument wie kaum ein anderes. Wer Angst hat, ist leicht lenkbar und gehorcht brav den Anweisungen politischer Führer, deren Autorität sich immer häufiger auf die unermesslichen Ratschlüsse von „Experten“ stützt. Der Imperativ „Vertraue der Wissenschaft“ ist im Zuge der totalitären Politik im Kampf gegen die Covid-19-Pandemie zum geflügelten Wort geworden. Den eigenen Verstand zu benutzen, um sich ein eigenes Urteil – zu welcher Frage auch immer – zu bilden, ist nicht länger nötig. Die einst von Medizinmännern, Geisterbeschwörern und Druiden verkündeten, keinesfalls infrage zu stellenden Handlungsanweisungen werden heute von regierungsnahen Wissenschaftlern verkündet. Während der Covid-19-Pandemie schlugen Männer wie Christian Drosten (wissenschaftlicher Berater der deutschen Bundesregierung), Anthony Fauci (wissenschaftlicher Berater der US-Bundesregierung) und Tedros Ghebreyesus (Chef der WHO) den Takt. Jetzt sind es wieder die zu Hohepriestern der Klimareligion mutierten Experten des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC), die den Regierungen die angeblich wissenschaftlich einwandfreien Grundlagen für eine zeitgenössische Art des Ablasshandels und Freiheitseinschränkungen aller Art liefern.
In einer 2021/2022 von der Konrad-Adenauer-Stiftung in Deutschland durchgeführten Umfrage, gab ein Großteil der Befragten an, Angst vor dem Klimawandel zu verspüren. 43 Prozent der Befragten hätten demnach „große Angst“ vor dem Klimawandel, 21 Prozent sogar „sehr große Angst“. Das kann – angesichts des Trommelfeuers, das Regierungen und Medien im Sinne der Klimarettung aufführen – auch nicht verwundern. Mediale Dauerberieselung wirkt, wie jeder Reklamefachmann weiß. Da es inzwischen unmöglich ist, den Fernseher einzuschalten oder eine Zeitung aufzuschlagen, ohne mit alarmierenden Nachrichten über den unmittelbar bevorstehenden Hitzetod der Welt konfrontiert zu werden, wird das Bewusstsein der Menschen entsprechend geprägt. Zum Vergleich: In Australien fürchten sich nur 28 Prozent der Befragten, in den USA 20 Prozent, in Polen elf Prozent und in Brasilien sieben Prozent vor dem Klimawandel. Die „German Angst“ vor der dräuenden Klimaapokalypse kommt also nicht von ungefähr.
Nichts Neues unter der Sonne: Kein totalitäres Regime hat je auf den Einsatz von Propaganda verzichtet. Denn die Machthaber wissen, welche Wirkung die ständige Wiederholung eingängiger Parolen entfaltet. Bevorzugt übrigens auf Kinder und Jugendliche, die, indoktriniert von einer grün-woken Lehrerschaft, besonders stark unter der Angst vor dem Klimawandel leiden.
„Die Partei hat immer recht“, hieß die Hymne der SED. Jemand, der seine Karriere nicht gefährden wollte, wagte nicht zu widersprechen. Das IPCC hat immer recht, lautet nun die Parole der Gegenwart. Ein Wissenschaftler, der an den apokalyptischen Weissagungen des IPCCs Kritik zu üben wagt, sollte entweder steinreich oder bereits pensioniert sein. Seine berufliche Zukunft liegt jedenfalls hinter ihm.
Kontroversen unter Gelehrten zum Thema Klimawandel sind unerwünscht. Das Narrativ vom klimaschädlichen Spurengas CO2 als der alleinigen Ursache für die Erderwärmung zu hinterfragen, zieht den sofortigen Boykott durch linientreue Experten nach sich, die inzwischen jede Debatte zum Thema konsequent verweigern. Renommierte Wissenschaftler wie der emeritierte Experimentalphysiker Gerd Ganteför („Klima – der Weltuntergang findet nicht statt“) werden von der systemkonformen Wissenschaftsgemeinde als „Klimaskeptiker“ und „Verharmloser des Klimawandels“ diffamiert und von öffentlich-rechtlichen Medien nicht mehr zu einschlägigen Sendungen eingeladen. Und das, obwohl Ganteför weder den Klimawandel bestreitet, noch einen menschengemachten Beitrag dazu in Zweifel zieht. Für seine Exkommunikation reicht es bereits, dass er es ablehnt, in den Chor der gleichgeschalteten Weltuntergangspropheten einzustimmen. Was für ein Armutszeugnis für die steuerfinanzierte Wissenschaft, die mehr und mehr zur politischen Religion degeneriert!
Zwar beschränkt sich das Phänomen der sich voll und ganz in den Dienst der Macht stellenden Wissenschaftler nicht allein auf Deutschland. Das Handlungsprinzip des vorauseilenden Gehorsams stammt nicht zufällig aus dem Dunstkreis der Staatsmacht. Regierungsaffinität erweist sich als zuverlässig karrierefördernd. Die bewährte Regel „Wes Brot ich ess, des Lied ich sing“ gilt auch jenseits der deutschen Grenzen. Je höher der formale Bildungsgrad, desto stärker. Ludwig von Mises stellte in seinem Buch „Die Bürokratie“ folgerichtig fest: „Bemerkenswerterweise ist die gebildete Schicht einfältiger als die ungebildete. Die begeistertsten Anhänger des Marxismus, des Nationalsozialismus und des Faschismus waren die Intellektuellen, nicht die Grobiane.“
Wie wahr! Kein Klempner, Friseur oder Stahlarbeiter erzählt Geschichten von 72 verschiedenen Geschlechtern oder von der Sinnhaftigkeit einer gegenderten Sprache. Derlei Unfug entspringt stets und ausschließlich den Gehirnen von Angehörigen der öffentlich bediensteten Intelligenzija, die sich – frei von jedem Druck, messbare Leistungen erbringen zu müssen – in ihren vom Steuerzahler alimentierten Werkstätten den wildesten Hirngespinsten hingeben können.
Allerdings neigt man in Deutschland mehr als im Rest der Welt dazu, Kreuzzüge zu führen. Seit 1945 halt nicht mehr gegen fremde Völker, sondern wahlweise gegen den sauren Regen, das Waldsterben, das Ozonloch, Covid-19 oder eben den Klimawandel. Stets findet sich eine Sau, die durchs Dorf zu treiben sich für interessierte Kreise lohnt.
Jedes der genannten Anliegen verdient ja auch durchaus Aufmerksamkeit – vorausgesetzt, es wird mit kühlem Kopf, ohne hysterischen Furor und ohne die anmaßende Gewissheit angegangen, dass der Zweck jedes Mittel heiligt. Damit indes scheint die deutsche Seele ein Problem zu haben. Der irische Dramatiker George Bernard Shaw stellte einst fest, „dass den Deutschen eine Besessenheit innewohnt, jede Sache so weit zu treiben, bis eine böse daraus geworden ist“.
Was, wenn das wahr wäre?
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