01. März 2024 23:00

Milliardärs-Planwirtschaft – Teil 14 Mittelstand in Bedrängnis: Margenschwund und Pleitewelle

Transformation der Wirtschaft

von Benjamin Mudlack

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Bildquelle: Gunnar Pippel / Shutterstock Pleitewelle: Insolvenzen nehmen 2024 immer mehr an Fahrt auf

Langsam, aber sicher entlädt sich die wirtschaftliche Krise. Sie trifft auf ein toxisches Gemisch aus systematischer Geldverschlechterung, willkürlichem Zinsdiktat, staatlichem Interventionismus, lobbygetriebenen Regulierungsexzessen und nicht wettbewerbsfähigen Energiepreisen.

26,2 Prozent mehr Insolvenzen

Am 16. Februar 2024 veröffentlichte das Statistische Bundesamt die Insolvenzanmeldungen für den Monat Januar 2024. Die Zahl der beantragten Regelinsolvenzen stieg im Vergleich zum Januar 2023 um satte 26,2 Prozent. Allerdings wurde über die Jahre auch eine immense Anzahl an Insolvenzen aufgestaut.

Statistisch gesehen nach der Finanzkrise über 100.000 Zombie-Unternehmen angesammelt

Seit 2009 war die Zahl der Insolvenzen kontinuierlich rückläufig. Nahezu parallel mit den Zinssenkungen sank auch die jährliche Pleitezahl. Die natürliche Auslese, auch als schumpetersche kreative Zerstörung bekannt, fand nicht mehr im Maße des statistischen Mittelwertes statt. Die Begründung ist einfach und banal. Unternehmen mit einer hohen Fremdkapitalquote wurden durch die niedrigen Zinsen subventioniert. Knapp 33.000 Unternehmen meldeten im Jahr 2009 noch Insolvenz an. Im Jahr 2020 lag die Zahl bei 16.300. Geht man von 33.000 Unternehmen als ungefährem statistischen Mittelwert aus, so sammelten sich von 2010 bis 2020 kumuliert über 100.000 insolvenzgefährdete Unternehmen an. Diese Unternehmen unterhalten Kredite und gehen Geschäfte mit an sich gesunden Unternehmen ein. Es sammeln sich also faule Kredite in den Bilanzen der Banken und es kommt zu unnatürlichen Ansteckungseffekten. Darüber hinaus leidet die Produktivität der gesamten Volkswirtschaft, weil Kapital, Arbeit und Ressourcen in eigentlich ineffizienten Unternehmen gebunden werden. Einer von vielen Gründen, warum die Produktivität in Deutschland seit 2007 nominal seitwärts und real deutlich abwärtsgerichtet ist. Wohlstand und Kapitalstock leiden und das Land lebt zunehmend von der erwirtschafteten Substanz.

Positive Korrelation mit den Zinsanhebungen

Der sogenannte IWH-Insolvenztrend war bis zum Jahresende 2021 rückläufig. Mit der aufkommenden Teuerung kehrte sich der Trend ungefähr zum Jahresstart 2022 um. Mitte 2022 begannen die Räte der Europäischen Zentralbank bekanntlich damit, der Teuerung mit Zinsanhebungen entgegenzuwirken. Der Leitzins stieg innerhalb eines Jahres von null auf 4,5 Prozent. Zum Tiefpunkt im September 2021 kam es zu 569 angemeldeten Insolvenzen. Im Dezember 2023 wurden 1.078 Insolvenzen gezählt. Die positive Korrelation mit den Zinsanhebungen ist nur logisch, denn die steigenden Kapitalkosten übertreffen wohl in vielen Fällen die freie Liquidität der am Limit operierenden Zombie-Unternehmen.

Politik als Kostentreiber: Wirtschaftsrechnung unmöglich

In meinen Beiträgen der letzten Wochen habe ich mehrfach auf die Politik als Kostentreiber hingewiesen. Bürokratische Hemmnisse sind ebenso anzuführen wie neue Steuern (CO2-Steuer) und die Erhöhung einzelner Abgaben. Auch diese Posten belasten die Unternehmen. Die allgemein hohen Teuerungsraten führen außerdem dazu, dass die Unternehmer auf der Einkaufs- und Verkaufsseite nahezu permanent Verhandlungen zu führen haben. Dafür aufgewendete Zeit und Energie schädigen die Produktivität. Außerdem sind mittel- und langfristige Kalkulationen überhaupt nicht mehr anzustellen. Ludwig von Mises erkannte in den 1920er Jahren, dass die Planwirtschaft deshalb scheitert, weil sie eine verlässliche Wirtschaftsrechnung verunmöglicht. An dem Punkt stehen wir hierzulande auch heute wieder. Bürokratieaufwand, hohe staatliche Abgaben und Geldverschlechterung führen zu diesem planwirtschaftlichen Phänomen.

Margendruck schwächt Marktposition

Große Unternehmen verfügen oftmals über eine enorme Marktdominanz. Sie sind spielend dazu in der Lage, die bürokratischen Hürden durch ihre Heerscharen von Mitarbeitern und eigenen Rechtsanwälten zu meistern. Überdies diktieren sie die Preise und geben die gestiegenen Kosten einfach weiter. Kleine und mittelständische Unternehmen brechen zunehmend durch den bürokratischen Aufwand zusammen. Außerdem verfügen sie nicht über die Preisdurchsetzungsmacht der großen Unternehmen. Folglich sind ihre Margen rückläufig und der Fortbestand der kleineren Unternehmen ist gefährdet. In vielen Fällen sind die Unternehmen in langfristigen Verträgen gebunden. Bei öffentlichen Verträgen kommt es zu neuen Ausschreibungen. Möglicherweise könnten Aufträge im Zuge neuer Ausschreibungsverfahren verloren gehen. Auch die Löhne steigen mehrheitlich deutlich schneller als die Produktivität in den Unternehmen. Dieser Umstand gefährdet nicht nur die Unternehmen, sondern insbesondere auch die Arbeitsplätze. Das gilt auch für den Mindestlohn. Eine Diskussion, die in antimarktwirtschaftlichen Kreisen überhaupt nicht verstanden wird.

Sachzwänge im Mittelstand: Klumpenrisiken in Deutschland und Europa

Die steigenden Energiekosten haben zusätzlich die Wettbewerbsposition hiesiger Unternehmen geschwächt. Große Unternehmen verlagern zunehmend ihre Produktion ins Ausland. Mittelständische Unternehmen können nicht ohne Weiteres ihre Produktionsstätten auf andere Kontinente verlegen. Zum einen fehlt ihnen das Kapital, zum anderen haben sie sich auf Generationen auf den Standort Deutschland festgelegt. Die vor Jahren getätigten Investitionen haben sich also noch nicht rentiert. Generell ist es offensichtlich, dass der Mittelstand Klumpenrisiken im eigenen Unternehmen und im eigenen Land angehäuft hat. Diese Aussage ist keine Kritik. Im Gegenteil, sie war lange Zeit eine große Stärke der Mittelständler. Sie haben ihre Gewinne stets im eigenen Unternehmen reinvestiert, anstatt außerhalb des Unternehmens und auch im Ausland breit zu diversifizieren. Jetzt im Zuge der sich zuspitzenden Krise könnten diese Umstände den deutschen Unternehmen auf die Füße fallen.

Fazit: Zentralisierungseffekte und Abwanderungstendenzen

Die aktuelle Gemengelage lässt sich mit den nachfolgenden multiplen Bedrohungslagen zusammenfassen:

  • Die Geldverschlechterung führt zur Teuerung und verunmöglicht eine verlässliche Wirtschaftsrechnung – ein planwirtschaftliches Phänomen.
  • Die Geldverschlechterung verwässert die Preissignale und führt so zu einer Verzerrung der Produktionsstruktur der gesamten Volkswirtschaft.
  • Das Zinsdiktat manipuliert die Zinsen, führt zu einer Zombifizierung der Wirtschaft und löst möglicherweise durch Ansteckungseffekte eine Kettenreaktion aus.
  • Unkalkulierbare politische Risiken vernebeln den Zukunftsblick.
  • Konsumenten sind durch die Teuerung kaum noch dazu in der Lage, ihr Leben zu bestreiten. Die Binnennachfrage ist folglich rückläufig.
  • Überbordende Bürokratie und CO2-Diktate erhöhen die Kosten und drohen die Wirtschaft in eine Art Kommandowirtschaft zu überführen.
  • Subventionen haben sich nahezu verdreifacht. Politisches Unternehmertum durch Lobbyarbeit gewinnt immer mehr an Bedeutung. Das ökonomische Unternehmertum, also durch gute Produkte und Dienstleistungen die Konsumenten zu überzeugen, verliert hingegen immer mehr an Einfluss.
  • Energiepreise befinden auf dem höchsten Stand und schwächen die Wettbewerbsposition deutscher Unternehmen.
  • Es Gibt eine zunehmende internationale Abhängigkeit in Bezug auf die Energieversorgungssicherheit.
  • Steuern und Abgabenlast sind global gesehen nicht wettbewerbsfähig.
  • Eine hohe Staatsquote von über 50 Prozent führt zu einer Art kollektiven Korruption. Die Unternehmen sind abhängig von staatlichen Aufträgen.
  • Langwierige Genehmigungsverfahren erschweren und verhindern teilweise die Projektdurchführung.
  • Einzelvertragliche Vereinbarungen verlieren beispielsweise durch immense Bauvorschriften an Bedeutung. Die Bürokraten dominieren den unternehmerischen Alltag.
  • Preisdiktate unterminieren marktwirtschaftliche Prozesse. Damit sind Höchst- und Mindestpreise gleichermaßen gemeint.
  • Die Kriegsrhetorik führender Politiker könnte in eine Art Kriegswirtschaft münden. Der Frieden als Basis aller wirtschaftlichen Aktivitäten scheint mehr als gefährdet zu sein.
  • Die Covid-Lockdown-Politik hat die internationale Arbeitsteilung zersplittert und die Kosten erhöht.
  • Kriege und zunehmender Protektionismus gefährden ebenfalls die internationale Arbeitsteilung. Höhere Kosten und Produktivitätsverluste implizieren Wohlstandsverluste.

Die aktuelle Pleitewelle erfasst nicht nur die Zombie-Unternehmen, sondern führt darüber hinaus auf Basis der Ansteckungseffekt auch zu einer massiven Zentralisierung der Wirtschaft. Konsumenten und Unternehmen können nicht mehr aus einer Vielzahl von Anbietern auswählen. Das schwächt die Verhandlungsposition. Die Qualität der Produkte und Dienstleistungen leiden und das bei steigenden Preisen. Der disziplinierende Faktor einer konkurrenzwirtschaftlichen Ordnung schwindet immer mehr. Im Zuge eine Bankenkrise könnte sich auch die Finanzwelt weiter zentralisieren. Die geldplanwirtschaftlichen Aktivitäten der Zentralbank haben das Problem potenziert. Die Zentralisierung des Geldes und die zentrale Festsetzung des Zinses scheinen also der nachfolgenden Zentralisierung der Wirtschaft voranzugehen. Die Folgen könnten jedoch die Menschen zum Nachdenken bewegen. Die einzige Lösung sind freiheitlich-marktwirtschaftliche Strukturen, und zwar auf Basis absoluter Konsumentensouveränität. Heute bestimmen Technokraten, Bürokraten, Lobbyisten und Politiker darüber, wie sich die Produktionsstruktur eines Landes gliedert. Dieser Irrweg sollte auf Basis eines breitflächigen Erkenntnisgewinns schleunigst verlassen werden.

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