09. März 2024 11:00

Wirtschaftspolitik Subventionierter Außenhandel

Schadet langfristig allen

von Karl-Friedrich Israel (Pausiert)

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Bildquelle: MMD Creative / Shutterstock Förderungen: Für einzelne Unternehmen profitabel, doch gesamtwirtschaftlich gesehen ein Verlustgeschäft

Seit geraumer Zeit sind sich Ökonomen weitestgehend darin einig, dass ein freier Außenhandel langfristig allen Beteiligten zugutekommt. Handelsbeschränkungen schieben der effizienten internationalen Arbeitsteilung einen Riegel vor und senken die allgemeine Wohlfahrt. Grundsätzlich gilt, dass es den Menschen umso besser geht, je mehr getauscht wird. Jeder freiwillige Tausch ist wertschöpfend, da er beiden Tauschpartnern einen Nutzen stiftet. Das gilt nicht nur für Tauschgeschäfte innerhalb der Grenzen eines Landes, sondern auch über diese hinweg.

Jeder Grundsatz hat seine Ausnahmen. Die gegenseitigen Vorteile des Handels hängen wesentlich davon ab, ob der Handel einer freien und kooperativen Wirtschaft entspringt – also einer Wirtschaft, in der Kosten und Erträge auf Basis von aussagekräftigen und unverzerrten Marktpreisen berechnet werden können. Nur dann ist es Unternehmern möglich, die effizienteren Produktionsstrukturen zu entdecken und auszuschöpfen. Wenn das Preissystem strukturell verzerrt ist, dann werden Unternehmen in Produktionsstrukturen gelotst, die zwar für sie selbst durchaus rentabel sein können, aber aus gesamtwirtschaftlicher Sicht ein Verlustgeschäft darstellen.

Der Staat kann den Außenhandel durch Zölle, Handelsverbote, Regulierungen und vieles mehr einschränken. Man versteht leicht, warum das problematisch ist. Der Staat kann den Handel aber auch über ein gesundes Maß hinaus künstlich aufblähen (zumindest anteilig). Auch das führt zu Wohlfahrtsverlusten und Ineffizienzen. Sie werden aber in der allgemeinen Diskussion oft nicht wahrgenommen. Mehr Handel ist also nicht zwingend besser. Es kann auch zu viel Handel geben.

Typischerweise entstehen diese Übertreibungen partiell in bestimmten Sektoren. Der Klassiker sind Subventionen unterschiedlichster Art für die Exportwirtschaft. Man tut dies mit dem Bestreben, die eigene Wirtschaft zu stärken. Aber wie Milton Friedman gerne sagte: „TANSTAAFL!“ (There ain’t no such thing as a free lunch!). Wenn der Staat die eigene „Wirtschaft“ stärken will, muss er irgendjemandem die Rechnung stellen, und derjenige, der sie erhält, muss in der Regel auch zahlen, ob er es merkt oder nicht.

Man kann sich das anhand einer direkten Exportsubvention verdeutlichen, die aus Steuereinnahmen gezahlt wird. Der Staat wählt sich ein bestimmtes Unternehmen aus, das für Exporte ins Ausland eine bestimmte Summe an Geld erhalten soll, entweder in Form einer Mengen- oder einer Wertsubvention. Das hat den Effekt, dass das subventionierte Unternehmen das produzierte Gut im Ausland nun zu niedrigeren Preisen anbieten kann. Es wird also eine größere Menge absetzen können. Es kommt hier zu einer strukturellen Preisverzerrung. Das Gut, das relativ teuer in der Produktion ist, wird aus Sicht des Produzenten durch die Subvention günstiger. Dieser produziert nun mehr von dem Gut, kann es günstiger anbieten und verdrängt anteilig andere Unternehmen im Weltmarkt, die eigentlich günstiger produzieren können und damit aus ökonomischer Sicht die effizienteren Produzenten wären.

Für die ausländischen Käufer des Gutes entsteht zunächst ein Vorteil, denn sie bekommen das Gut jetzt in größeren Mengen und zu niedrigeren Preisen. Die ausländischen Konkurrenzunternehmen erleiden einen Schaden. Sie werden teilweise ihre Produktionsvolumina zurückfahren, und die freigesetzten Produktionsfaktoren und Ressourcen verschieben sich in andere Produktionsbereiche der Wirtschaft. Um ein unrealistisches, aber durchaus verlockendes Beispiel zu nennen: Wenn Freibier von den Handelspartnern geliefert wird, muss man es nicht mehr selbst brauen und kann sich stattdessen anderen Dingen widmen. Im Ausland verschieben sich also die Produktionsstrukturen hin zu anderen Sektoren.

Im Inland, wo die Subventionen gezahlt werden, passiert genau das Gegenteil. Hier verschieben sich die Produktionsbemühungen in den subventionierten Sektor. Andere Sektoren werden durch höhere Steuern und Abgaben belastet, um die Subvention zu finanzieren. Der subventionierte Sektor erscheint aus betriebswirtschaftlicher Sicht profitabler. Es wird dann weniger von anderen Gütern produziert und mehr von dem subventionierten Gut. Dieses wird nun anteilig in größerem Umfang für das Ausland produziert und exportiert. Andere Güter, die nun verstärkt im Ausland produziert werden, müssen anteilig zur Gesamtproduktion in größerem Umfang importiert werden. Insgesamt wird also anteilig zur Gesamtwirtschaftsleistung mehr Handel getrieben, aber er ist ineffizient. Es wird zu viel an den falschen Orten von den falschen Gütern produziert und zu wenig von den richtigen Gütern an den richtigen Orten. Die Gesamtwirtschaftsleistung leidet darunter, und zwar für alle.

Veranschaulichen wir das erneut an einem unrealistischen Beispiel. Die Bundesregierung stellt fest, dass das in Deutschland produzierte Bier nach Reinheitsgebot auf den Weltmärkten immer stärker unter Druck gerät. Das liegt vor allem an der belgischen Konkurrenz und dem IPA, das aus diversen Craft-Brauereien die Märkte überflutet. Und dann sind da noch die Tschechen! Es sei Ehrensache, dass man dem deutschen Bier wieder zu seiner Vormachtstellung in der Welt verhelfe. Deshalb solle in Deutschland zukünftig nur noch Bier produziert werden. Wir haben uns ja eh dazu entschlossen, das Land zu deindustrialisieren, also machen wir es jetzt richtig. Fortan wird in Deutschland nur noch Bier gebraut. Alle anderen Produktionsbereiche werden kriminalisiert. Das wäre so etwas wie eine Hypersubvention für die Bierbranche.

Was würde nun passieren? Deutschland wäre Bierexportweltmeister. Das Ausland und Deutschland hätten günstiges Bier nach Reinheitsgebot. Deutschland müsste nun alle anderen lebensnotwendigen Güter über Bierexporte finanzieren. Sehr viel wird man im Tausch für das Bier nicht bekommen. Aber anteilig zur Gesamtwirtschaftsleistung des Landes wird in Deutschland nun sehr viel mehr exportiert und importiert. Man hat den internationalen Handel künstlich aufgebläht. Der Lebensstandard in Deutschland würde aber auf jeden Fall sinken. Der Lebensstandard im Rest der Welt würde auch sinken. Man trinkt zwar allerorten Bier nach deutschem Reinheitsgebot. Gut! Aber statt Mercedes fährt man nun Peugeot. Schlecht! All die Güter, bei deren Produktion Deutschland einen komparativen Vorteil hat, werden nun dem Weltmarkt entzogen oder müssen, wenn möglich, anderswo unter schlechteren Bedingungen produziert werden. Die Gesamtproduktivität nimmt ab und die Welt wird ärmer.


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