Sozialistisches Utopia: Antonio Gramsci, George Orwell und Generalmajor Christian Freuding
Der Westen driftet immer weiter nach links
von Andreas Tögel drucken

Kürzlich äußerte einer der ranghöchsten Offiziere der Bundeswehr, Generalmajor Christian Freuding, im Zusammenhang mit der militärischen Unterstützung der Ukraine durch Deutschland folgenden Satz: „Alles für die Freiheit aufzugeben, das ist Freiheit.“
Unterstellt man ihm, dass er diese Aussage nicht unter dem Einfluss psychotrop wirksamer Drogen getätigt hat, bleiben als plausible Erklärungen für diesen Irrsinn entweder sein vollständiger moralischer Bankrott oder das Vorliegen einer Gehirnwäsche in bester Orwell’scher Manier. In Orwells dystopischem Roman „1984“ heißt es bekanntlich „Krieg ist Frieden, Freiheit ist Sklaverei, Unwissenheit ist Stärke“. Darauf, dass sich Freiheit darin manifestiert, dass ein zum Wehrdienst gepresster junger Mann sein Leben auf dem Schlachtfeld verliert, muss erst einmal jemand kommen. Dieser Gedanke dürfte an Zynismus nur schwer zu überbieten sein.
Die Beschäftigung mit dem Werk des brillanten, vielfach unterschätzten italienischen Denkers und Mitbegründers der kommunistischen Partei Italiens (die Partito Comunista Italiano, PCI, wurde im Januar 1921 in Livorno gegründet), Antonio Gramsci (1891–1937), liefert erhellende Einsichten in die Gründe für die seit den 1960er Jahren erfolgte, immer mehr Fahrt aufnehmende Linksdrift der westlichen Gesellschaften. Nur wenige Zeitgenossen würden ja den Kommunismus, den historischen Materialismus und den heute insbesondere an Universitäten, in Schulen und Redaktionsstuben tobenden Wokismus in einen direkten Zusammenhang stellen. Antonio Gramsci lieferte das Bindeglied.
Karl Marx betrachtete die Geschichte als eine Abfolge von Klassenkämpfen und der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung. Seiner Theorie zufolge hätten die Ausbeutung und die dadurch bedingte Verelendung der werktätigen Massen in den hoch entwickelten Industrienationen unausweichlich zur Revolution und zur gewaltsamen Überwindung des bürgerlich-kapitalistischen Systems führen müssen. Diese Prophezeiung war aber ganz offensichtlich falsch, denn zur Revolution kam es ausgerechnet in der wirtschaftlich und politisch rückständigsten Gesellschaft Europas, nämlich in Russland. Die nach dem Ersten Weltkrieg stattgefundenen roten Umsturzversuche in Deutschland, Österreich, Ungarn, Italien, der Slowakei und Finnland blieben erfolglos, weil die von Marx vorausgesagte Unterstützung der revolutionären Kräfte durch die Masse der Arbeiterschaft ausblieb.
Auch in Fernost war der Marxismus nicht etwa im hoch industrialisierten Japan erfolgreich, sondern im bitterarmen, agrarisch geprägten China. Und in Afrika reüssierten die Roten nach dem Ende des Kolonialismus in wirtschaftlich unterentwickelten Staaten wie Äthiopien, Angola oder Mosambik, nicht aber im wirtschaftlich starken Südafrika.
Antonio Gramsci erkannte, dass Karl Marx’ Fokussierung auf die vermeintliche Zwangsläufigkeit der wirtschaftlichen Entwicklung nicht mit der Realität übereinstimmte. Er erweiterte dessen Theorie daher um die Begriffe „kulturelle Hegemonie“ und „Kampf um die Zivilgesellschaft“, deren Gewinn er als Voraussetzung für eine Transformation der bürgerlichen Gesellschaften in ein sozialistisches Utopia betrachtete. Die von Rudi Dutschke 1967 erhobene Forderung nach einem „Langen Marsch durch die Institutionen“ basiert auf der Theorie Antonio Gramscis, die dieser während der elfjährigen Zeit seiner politischen Gefangenschaft zwischen 1926 und seinem Tod entwickelte.
Die Erlangung der kulturellen Hegemonie kann aus der Sicht der Linken inzwischen als vollständiger Erfolg verbucht werden. Die laut Gramsci von Schulen, Medien und Kirchen gebildete Zivilgesellschaft – dieser Tage erweitert durch die zu seiner Zeit noch nicht existenten Nichtregierungsorganisationen (NGOs) – befindet sich so gut wie vollständig in der Hand progressiver Kräfte. Heute einen Kulturschaffenden zu finden, der sich politisch nicht links verortet, dürfte schwerfallen. Die sozialistische Wiener Kulturstadträtin Ursula Pasterk bezeichnete im Jahr 1994 nicht umsonst das von ihr damals geleitete Kulturressort als „Ideologieressort“.
Dass von öffentlichen Gebäuden – ja sogar vor einem Polizeipräsidium –, in Schulen und in Kirchen heute Regenbogenfahnen, also die Wimpel des kulturmarxistischen Endsieges zu finden sind, sagt alles – auch wenn sich die meisten Bobos und Zeitgeistlinken, die mit dem orthodoxen Kommunismus nach ihrem – mangels eingehender Beschäftigung mit den theoretischen Grundlagen des Marxismus – irrigen Selbstbild sich dessen gar nicht bewusst sind.
Dass die Lehrerschaft öffentlicher Schulen es vollkommen in Ordnung findet, ahnungslose und leicht lenkbare Schulkinder im Rahmen von „Fridays For Future“-Aktivitäten zum Schulschwänzen zu animieren, spricht Bände. Dass die Medien sich heute dazu berufen fühlen, nicht etwa aus kritischer Distanz zur Regierung zu berichten, sondern ihre Aufgabe darin sehen, die Opposition zu verteufeln und herunterzuschreiben, ebenfalls.
Dass das sozialistische Utopia, ganz gleich, ob es gewaltsam oder mittels eines friedlichen langen Marsches durch die Institutionen errichtet wird, am Ende scheitern muss, liegt auf der Hand. Nicht nur, weil die vorliegende historische Evidenz dafürspricht, sondern weil der Marxismus die Conditio humana völlig ignoriert und stattdessen eine unmenschliche, rein materialistisch fundierte atheistische Religion etabliert, in der das Individuum – übrigens wie im Islam – keinerlei Wert (außer dem eines unbedeutenden Rädchens im Getriebe oder in der „Umma“) besitzt.
Wer sich mit dem Ideengebäude Antonio Gramscis auseinandersetzen will, ohne dessen Tausende Seiten umfassende Schriften zu lesen, dem sei das untenstehend verlinkte Programm des konservativen US-amerikanischen Podcasters und Influencers Nick Freitas („Making the Argument with Nick Freitas“) wärmstens empfohlen: Es handelt sich um eine knapp zwei Stunden dauernde, ebenso tiefgehende wie augenöffnende Analyse.
Bundeswehr-General: „Alles für die Freiheit aufzugeben, das ist Freiheit“ (Youtube)
Nick Freitag: „The Most Dangerous Marxist You’ve Never Heard Of“ (Youtube)
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