22. März 2024 23:00

Schillers Wallenstein – Teil 2 Münzkonsorten agierten ähnlich wie heutige Finanzkartelle

Die Umwertung aller Werte

von Benjamin Mudlack

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Bildquelle: Sergey Kohl / Shutterstock Ein aktueller Kriegsgewinner: Der Rüstungskonzern Rheinmetall

Im ersten Beitrag zum Prager Münzkonsortium ging es einleitend um die Entstehung des Münzkartells, die Rolle des Krieges und die Strukturierung der gesamten kriminellen Unternehmung. Im abschließenden Teil soll die Brücke zur heutigen Zeit in Bezug auf die Verlierer und die heutigen Geldverschlechterer geschlagen werden. Zum Abschluss liefert dieser Beitrag eine historisch bewährte Lösung aus der besagten Zeit der Kipper und Wipper.

Identische Verlierer wie zu heutigen Zeiten

Die Geldempfänger, Lohn- und Soldbezieher waren seinerzeit die Leidtragenden. Sie wurden in den verschlechterten Münzen bezahlt und im Laufe der Zeit reichte ihr Einkommen nicht mehr zur Bestreitung des Lebensunterhaltes aus. Vermögende Personen verfügten über Grundbesitz, andere Sachwerte und über werthaltige Taler und Goldgulden. Von dem Münzbetrug waren sie nicht betroffen. Der Substanzwert dieser Realwerte war von der nominalen Geldverschlechterung unberührt. Im Gegenteil: Die Sachwertbesitzer hatten sich zum Teil natürlich auch nominal in den langen Münzen verschuldet, um reale Werte zu erwerben.

Geldschöpfungsgewinn war vergleichsweise unbedeutend

Golo Mann stuft den Geldschöpfungsgewinn im Gesamtkontext als vergleichsweise gering ein. Wallensteins Verbindungen zum Bankier de Witte und anderen ermöglichten ihm Kreditgeschäfte, mit denen er sich in weichen Münzen verschulden konnte. Auf Kredit konnten die Konsorten so Grundbesitz erwerben oder Unternehmenskäufe tätigen. Zudem konfiszierte der Kaiser den Großgrundbesitz der Grundherrschaften der protestantischen böhmischen Stände. 50 konfiszierte Herrschaften konnte allein Wallenstein erwerben, wobei das Wort erwerben treffender in Anführungszeichen zu setzen wäre. Damals wie heute gab es große und einflussreiche Profiteure der Inflation beziehungsweise der Geldverschlechterung. Während die Allgemeinheit mehrheitlich unter der galoppierenden Teuerung litt und leidet, hilft die nominale Entwertung den Profiteuren bei der Tilgung ihrer Nominalwertverschuldung. Zur Zeit des Prager Münzkonsortiums wurde durch die exorbitanten Teuerungsraten der Handel stark beeinträchtigt. Die breite Mehrheit hatte neben den Kriegsauswirkungen auch einen enormen Armuts- und Verelendungsprozess zu ertragen. Die Mitglieder des Münzkonsortiums waren die großen Krisen- und Geldverschlechterungsgewinner. Sie häuften unglaubliche Vermögenswerte an. „Wie gewonnen, so zerronnen.“ Dieses bekannte Sprichwort galt für Wallenstein. Der Kaiser bekam scheinbar Angst vor dem Machtgewinn und dem stetig wachsenden Einfluss Wallensteins. Getreue des Kaisers ermordeten Wallenstein. Ob es einen Befehl dazu gab, lässt sich nicht ergründen. Den reichlich vorhandenen Besitz von Albrecht von Wallenstein verteilte der Kaiser unter der Gruppe von Wallensteins Mördern. Eine wahre Geschichte, die bekanntermaßen das Zeug für ein weltbekanntes und erfolgreiches Drama hatte.

Von den Herrschenden lizensierte „Geldschöpfer“ gibt es bis heute

Das staatliche Geldschöpfungsprivileg durch Kreditvergabe genießen heutzutage die Zentralbanken. Der Großteil der heutigen Geldschöpfung wird jedoch über die Geschäftsbanken abgebildet. Die Effizienz der Geldvermehrung ist heute ungleich größer. Die Umverteilung findet auf eine ähnliche Art und Weise statt. Die Preise für Vermögensgüter steigen im Zuge der Geldmengenausdehnung deutlich schneller als die durchschnittlichen Nettolöhne. Zudem blüht die verschuldungsbasierte Staats- und Subventionswirtschaft. Diejenigen Interessengruppen, die Zentralbanken und Politik beispielsweise im Zuge der Bailout-Politik für sich einzuspannen wissen, gehören zu den großen Profiteuren der heutigen Zeit. Auch die Kriegsgewinner sind heute wieder zu identifizieren. Der Kurs der börsengehandelten Unternehmensanteile des deutschen Rüstungsunternehmens Rheinmetall hat sich seit der Zeit des Ukraine-Krieges fast verfünffacht. Notierte das Papier am 4. Februar 2022 noch bei circa 90,52 Euro je Aktie, so sind am 7. März 2024 436,50 Euro für eine Aktie zu investieren. Die Rüstungsgüter werden vornehmlich von staatlicher Seite erworben und die Aussicht auf Aufrüstung auf breiter Front verspricht zukünftig ordentliche Umsätze. Diese Zukunftsperspektive führte zu einer steigendenden Nachfrage nach Rheinmetall-Aktien, wodurch es zu dieser Kursentwicklung gekommen ist. Selbstverständlich werden die Aufrüstungskosten mehrheitlich nicht aus Steuereinahmen, sondern durch neue Schulden finanziert. Die neuen Schulden dehnen die Geldmenge (Inflation von lateinisch „inflare“) aus und führen dann in weiten Teilen der Bevölkerung im Zuge der Kaufkraftminderungseffekten zu signifikanten Verarmungserscheinungen.

Damals zu Zeiten der Kipper- und Wipperzeit sprach man von Münzverwässerung oder von der langen/weichen Münze. Heute ist von Sondervermögen die Rede. Ursache und Wirkung sind identisch, lediglich die Technik ist heute deutlich „weiter“ als zu Zeiten der physischen Geldschöpfung.

Auswege zur Kipper- und Wipperzeit: die Hamburger Mark Banco

Im Zuge der schon thematisierten ordentlichen Teuerungsraten der Kipper- und Wipperzeit waren für die Kaufleute verlässliche Kalkulationen nicht mehr anzustellen. Auch das ist eine Analogie zur heutigen Zeit. In Hamburg wusste sich die Hamburger Kaufmannschaft damals halbwegs frühzeitig zu helfen. Gemeinsam mit Vertretern der Stadt Hamburg gründeten sie im Jahre 1619 die Hamburger Bank und schufen im Jahr 1621 die Mark Banco. Eine feste Silberdeckung sollte Abhilfe schaffen. Für 8,66 Gramm Silber wurde den Kontoinhabern eine Mark Banco gutgeschrieben. Das Deckungsverhältnis war in Hamburg heilig und wurde eingehalten. Die Mark Banco war über 250 Jahre eine sehr erfolgreiche Einheit. Banknoten gab es nicht, es handelte sich somit um ein reines Verrechnungsmittel. Erst im Zuge der Reichsgründung ging die Hamburger Bank in der Deutschen Reichsbank auf. Die Mark Banco ist folglich nicht gescheitert. Sie wurde per Gesetz oder Zentraldiktat abgeschafft. Das Beispiel der Mark Banco zeigt, dass die Menschen in Krisensituation kreativ und handlungsstark werden. Insofern ist die Hamburger Bank ein blühendes Beispiel dafür, wie aus einer Krisensituation eine tragfähige Lösung erwachsen kann. Auch Bitcoin ist als Reaktion auf die Finanzkrise nach 2007 entstanden. Möge es viele neue Geldkandidaten in der Zukunft geben, damit die Menschen die freie Wahlmöglichkeit haben und eine absolute Konsumentensouveränität entwickelt werden kann – eine Wahlmöglichkeit frei von Zwang und frei von gewaltbasierter  und monopolisierter Herrschaft.

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