22. Oktober 2024 11:00

Schützenhilfe durch: Nikolai Binner Binner bingen

Wie ein junger Mann fast im Alleingang die Comedy rettet

von David Andres

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Bildquelle: Youtube / Nikolai Binner „Uncancelbar“: Nikolai Binner

Natürlich gibt es das nicht, dieses Haus. Diese jährliche Einberufung. Aber man könnte es sich vorstellen. Eine Villa, irgendwo in der Nähe von Baden-Baden. Parkgelände, gute Zimmer, schnelles WLAN. Es lädt ein: Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Der Laden, der gerade frische Meldestellen für Meinungsverbrechen gründet. Es kommen: Sämtliche Comedians und TV-Gesichter des Landes. Es referieren und norden ein: Referenten und Innen aus allen Bereichen der Diversität und Antidiskriminierung, die den Humorfachleuten erklären, wie sich der Korridor der erlaubten und erwünschten Rede derzeit gestaltet. Hört man sie so reden und performen, die Komiker des Mainstreams, dann wäre solch ein Treffen durchaus denkbar, oder nicht?

Gäbe es diese Einberufung – Nikolai Binner ginge niemals hin. Der Berliner nennt seine Show „Grenzgang“ und sich selbst „uncancelbar“, was nicht bloß eine Behauptung ist, sondern eindrucksvoll ausgelebt wird. Seine Tourpläne sind umfangreich und er spielt ausverkaufte Shows quer durch die Republik. Seinen Youtube-Kanal mit derzeit 100.000 Abonennten holte er sich in einem monatelangen Rechtsstreit zurück, nachdem der Anbieter ihn gesperrt hatte, weil er von feindseligen Kräften gehackt worden war. „Ich find die drollig“, sagt er dennoch weiterhin in seiner Nummer „Sie hassen den Hass“, welche die Antifa aufs Korn nimmt. Grimmig grimassierend spielt er ein groteskes Protest-Duo nach. Der eine Typ vor lauter Hass auf den Hass schon mit lauter Zornesfalten auf Stirn und Stimmbändern, der andere mit vier Aufnähern durchgestrichener Hakenkreuze auf der Jacke. „Ey, Digga“, spricht Binner das Rumpelstilzchen fiktiv an, „du bist der Einzige im ganzen Umkreis mit vier Hakenkreuzen… ich hab nicht mal daran gedacht, bevor ich dich gesehen hab.“

Seine spontanen Reaktionen auf das Publikum zeugen von höchstem Können und großer Gelassenheit. Kürzlich entpuppte sich eine Zuschauerin als einst aus Aserbaidschan eingewanderte Migrantin, die heute als Beamtin im höheren Dienst über die Asylverfahren entscheidet. „Wie viel muss ich dir zahlen, damit du alle ablehnst? Nein, Spaß!“ Und natürlich lacht sie mit, denn Nikolais „Wow!“ zuvor über ihre Laufbahn war aufrichtig – zwar keine im libertären Sinne erstrebenswerte Karriere, aber ein „Wow!“ wert im Vergleich zur alltäglichen Performance der Talahons und Talahinas. Ein Nationalist ist der übermütige Schrecken aller linken Wachturmbewohner allerdings auch nicht. Oder würde ein solcher die Pointe bringen: „Lass die Russen doch vom Winter profitieren, haben sie doch damals auch schon.“ Böse, ja. Sehr böse. So wie sein mangelndes Erstaunen, dass Verheiratete kaum noch ausgehen, weil sie „die Sex-Flatrate zu Hause haben“. Binner kann geschmacklos sein und unberechenbar, außer darin, keine Pointe liegenzulassen. Schaut man seine Programme, muss man den Binner bingen, weil man immer weiter wissen will, welchen Klops er als Nächstes unzensiert raushaut. In seiner Freude daran erinnert er an Harald Schmidt in den Neunzigerjahren. Du siehst schon das Grinsen und du weißt – da kommt gleich wieder einer.

Die Kooperations- und Sponsoringpartner auf seiner Webseite lauten unter anderem Hörner (Sie wissen schon, „Freiheit schreibt man mit…“), Kopp Verlag und „Staatenlos – Weil dein Leben dir gehört“. Binner wird ausgeladen, von Bühnen verbannt, bekämpft und gebrandmarkt. Doch es bleiben immer noch ausreichend Bühnen übrig, die ihm, dem „Umstrittenen“ (natürlich), den Teppich ausrollen. Viel hat er schon im Leben ausprobiert, wie er selber sagt, vor allem, um sein Selbstbewusstsein zu entwickeln: „Ich hab‘ Therapie gemacht, ich hab im Amazonas-Regenwald mit Schamanen gelebt, ich hab Karl Lauterbach auf Twitter beleidigt.“ Und „nach elf Jahren täglicher Meditationspraxis“ kann er sicher sagen: „Der Scheiß bringt überhaupt nichts, Alter!“

Es ist anzunehmen, dass es besonders viel Spaß macht, ihn spielen zu sehen und rund um den Auftritt ganz in Ruhe mit ihm quatschen zu können – was möglich wird für alle, die vom 15. bis 17. November der ef-Konferenz auf Usedom beiwohnen. Dort gibt’s neben all den ernsten und gesellschaftlichen Vorträgen auch eine deftige Portion der im wahrsten Sinne des Wortes unerhört eigentümlich freien Comedy.

Quellen:

Deutscher Comedian zerlegt die Antifa (Youtube)

Frau im Publikum prüft Asyl-Anträge (Youtube)

Nikolai Binner – Grenzgang (Komplette Show) (Youtube)

Achte große ef-Konferenz auf der Insel Usedom (ef-magazin.de)


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