03. Juni 2024 16:00

„Pony Club“ und Humorlosigkeit Auf die deutsche Herrscherkaste rollt etwas zu

Sie kann ihre Angst nicht mehr verbergen und verhält sich entsprechend

von Robert Grözinger

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Bildquelle: Shutterstock Kaum noch zu ertragen: Dauer-Hysterie aufgrund lächerlicher Lappalien

In der Hysterie um das umgetextete Lied, das bei einer Party auf Sylt gesungen wurde und um die Videoaufnahmen dieses feucht-fröhlichen Geschehnisses, das gedankenlos ins Netz gestellt wurde, scheint eines klar: Dieses Mal haben es unsere anmaßenden Führerinnen und Führer überreizt. Und das wissen sie. Warum ich mir so sicher sein kann? Weil ich im Ausland lebe und über die Vorgänge in Deutschland nicht nur dank deutscher Medien – selbstverständlich auch alternativer – erfahre, sondern diese Geschehnisse auch durch die Linse britischer (Alternativ-)Medien betrachte. 

Diesmal fiel auf: Die „BBC“ und die Londoner Qualitätsblätter berichten über die Geschehnisse in der und um die Sylter Kneipe „Pony Club“ – nicht. Nichts. Schweigen im Walde. Das ist ungewöhnlich. Wenn in den vergangenen paar Jahren irgendeine angeblich „rechte“ Machenschaften-Sau durch das Dorf Deutschland getrieben wurde, schlugen Mitarbeiter der britischen Mainstreammedien sofort und unkritisch in die gleiche Kerbe wie ihre propagandisierenden Gesinnungsgenossen im tiefen deutschen Staat.

Ob „Rollator-Putschisten“, „Wannseekonferenz 2.0“ und die darauffolgenden „Massen“-Demonstrationen „gegen rechts“, oder jüngst die total-totalitäre, zynische Verdrehung der Tatsachen über Gewalt und Anfeindungen gegen „nicht-rechte“ Politiker: Immer und sofort brachten die Medien auf den britischen Inseln unreflektierte Copy-und-Paste-Stücke über die angeblich düsteren Umtriebe angeblich rechter Politiker und ihrer Anhänger in Germany. Doch diesmal nicht. Dafür gibt es zwei denkbare, sich nicht gegenseitig ausschließende Gründe.

Der erste Grund dürfte sein, dass man mit den abgebildeten Personen keinen juristischen Ärger bekommen möchte, der einigen deutschen Medien jetzt aufgrund der Verletzung des Rechts auf das eigene Bild ins Haus stehen mag.

Der zweite Grund, warum die britischen Medien schweigen, ist der, dass jeder Engländer, der die Videoaufnahme der Sylter Eskapade sähe, sofort an einen sehr berühmten Sketch des Monty-Python-Komikers John Cleese denken würde.

In einer Episode aus seiner eigenen, „Fawlty Towers“ genannten Reihe aus den 1970er-Jahren spielt Cleese einen überdrehten Hoteleigner, der seine deutschen Gäste mit sehr unpassenden Witzen malträtiert. In „Don’t mention the war“, so der Titel der Episode, sehen wir den „halben“ Hitlergruß, ein mit dem Finger angedeutetes Hitlerbärtchen und den Stechschritt (siehe Link unten). Letzteres wirkt beim notorisch hochgewachsenen, schlaksigen Cleese, der zuvor in einem Monty-Python-Sketch einen Beamten im „Ministerium für alberne Gangarten“ spielte, besonders ausdrucksstark.

Briten würden also sofort erkennen, dass auf Sylt Humor im Spiel war – nicht der stilvollste, aber dennoch Humor. Dank John Cleese kann keiner im Vereinigten Königreich diesen Vorfall als ernstes Zeichen eines in Deutschland sich ausbreitenden Rechtsextremismus verkaufen.

Übrigens: Die ganze „Fawlty Towers“-Szene ist als Kritik engstirnigen Denkens und Handelns gedacht – wobei der von Cleese gespielte Hotelier eben dieses engstirnige Denken vertritt. Er ist derjenige, der, obwohl er seine Mitarbeiter auffordert, in Anwesenheit der Deutschen ja nicht den Krieg zu erwähnen, eben dieses unablässig tut.

In den 70er-Jahren war der Zweite Weltkrieg noch bei vielen in lebendiger Erinnerung und der damalige „Sieg“ eines der wenigen Trostpflaster einer sich aufgrund ihres Weichspülsozialismus und Verlust ihres Empires im Niedergang befindenden Nation. Es war dieses, damals in Großbritannien noch recht häufig zu begegnende verbissene Festhalten an vergangenem Ruhm, was Cleese auf die Schippe nahm – mit durchschlagendem Erfolg.

Seit die Kriegserlebnisgeneration weitgehend ausgestorben ist, hört man bornierte Äußerungen dieser Art in Großbritannien kaum noch, wenn überhaupt. Das heißt nicht, dass alle aus der Erlebnisgeneration borniert waren. Sondern nur, dass Borniertheit über den britischen „Sieg“ im Zweiten Weltkrieg hauptsächlich in dieser Generation zu finden war.

Wie ironisch also, dass in Deutschland diese Borniertheit sozusagen spiegelbildlich auf der anderen Seite der historischen Debatte zu finden ist – und zwar immer noch und immer stärker, je weiter wir uns von 1945 entfernen. Die deutsche Herrscherklasse rühmt sich, die Niederlage Nazideutschlands wie eine Monstranz vor sich herzutragen. Sie meint, diese zu brauchen wie die Luft zum Atmen.

Es ist leicht erkennbar, dass die Liedumtextung eine, wenn auch unreife, Provokation eben dieser bornierten Haltung ist. Wer das nicht sieht oder, schlimmer noch, darauf reagiert wie von der Tarantel gestochen, beweist eine unsouveräne Grundeinstellung. Er verhält sich wie ein Zweijähriger, dem ein Lolli verweigert wurde.

Auch Großbritannien ist inzwischen von dieser unsouveränen Haltung nicht verschont. Die erwähnte „Fawlty-Towers“-Episode ist von verschiedenen Plattformen, auf denen sie abrufbar ist, in den vergangenen Jahren mit einem Warnhinweis versehen worden. Zwar nicht aufgrund der oben beschriebenen Szene, sondern wegen einer rassistischen Äußerung einer anderen Figur. Was ebenfalls höchst ironisch ist, denn auch diese Figur, ein pensionierter Major, wird aufgrund ihrer Borniertheit satirisch hochgenommen.

Wie in Deutschland haben also auch in England engstirnige, humorlose Bürokraten die Macht übernommen. Sie maßen sich an, bestimmen zu können, was wir sehen, hören oder sagen dürfen, und flippen total aus, wenn man ihnen nicht gehorcht. Doch die Rückstöße dagegen werden stärker. Das fällt sogar den betroffenen Hysterikern auf.      

Seit „Sylt“ wissen selbst höchst beschränkte Mitglieder der Herrscherkaste – aus unerfindlichen Gründen muss ich eben an die deutsche Außenministerin denken –, dass sie tief im Dreck stecken, und irgendetwas auf sie zurollt. Das Timing dieses künstlichen, aber auf Autopilot laufenden Aufregers kurz vor der Europawahl könnte kaum ungünstiger für sie sein – wie übrigens auch der extrem unlustige, schreckliche Vorfall in Mannheim vergangene Woche.

Apropos: Ich hatte mich auf den „Stolzmonat“ dieses Jahr gefreut. Aber wo bleibt der „Pride Month“, beziehungsweise seine penetrante Ventilierung aus allen Poren des Mittelstroms? Auch in dieser Hinsicht kann man spüren: „Sie“ wissen, dass sie überzogen haben. Wird in diesem Jahr alles anders? Selbst die „Zweijährigen“ unter unseren Herrschern werden nervös. Und das ist immerhin ein gutes Zeichen.    

Quelle:

„Don’t mention the war“, Szene aus der „Fawlty Towers“-Episode „The Germans“ (Youtube).


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