15. Oktober 2024 11:00

Top Spin: Jürgen Klopp Ein Mann des Geldes?

Wie Jürgen Klopp die Fußballromantiker in eine Existenzkrise stürzt

von David Andres

von David Andres drucken

Artikelbild
Bildquelle: Shutterstock Überzeugter Turbo-Kapitalist, ohne es zu sagen: Jürgen Klopp

„Echte Liebe“. Dieser Slogan von Borussia Dortmund existiert weiterhin, wird aber vor allem mit der Ära Jürgen Klopp verbunden. Als der einst beliebteste Trainer der Deutschen den Ruhrgebietsclub 2011 und 2012 zur Meisterschaft führte, trug er darüber hinaus gern eine Baseballmütze, auf der „Pöhler“ stand. Viertagebart dazu, mindestens, und am Feldrand immer wieder legendäre Leidenschaft und Cholerik. Im Herbst 2015 wechselte er nach unvergesslichen Jahren im Pott rüber auf die Insel und übernahm den FC Liverpool. In Abgrenzung zu seinem exaltierten Konkurrenten José Mourinho (damals FC Chelsea), der sich „The Special One“ nannte, taufte Jürgen Klopp sich auf einer legendären Pressekonferenz „The Normal One“.

Echte Liebe, Pöhler, der normale Typ. Das Ruhrgebiet und die Arbeiterstadt Liverpool, aus der die Beatles einst als tatsächliche Malocherkinder kamen, während die stilistisch wilderen Stones von vornherein Upper-Class-Bengel waren – rund um Jürgen Klopp konnten sich Fußball-Romantiker einbilden, es ginge in seiner Laufbahn und bei seinen Vereinen irgendwie moralischer, sauberer, antikapitalistischer zu als in anderen Clubs, die Scheichen gehören oder Investment-Firmen oder die – wie das gesamte, weltweite Vereinsgebilde der Clubs von „Red Bull“ – ohne Tradition als Kunstprodukte aus dem Boden gestampft wurden. Das war der Spin.

Und jetzt?

Jetzt wird Jürgen Klopp nur wenige Monate, nachdem er Liverpool verließ, um nach einem erfüllten Trainerleben angeblich erst mal zur Ruhe kommen zu wollen, der „Global Head of Soccer“ für den Energy-Drink-Konzern. Das sportliche Mastermind hat mit fachlichem Auge die Teams von RB Leipzig, Red Bull Salzburg, New York Red Bulls, RB Bragantino (Brasilien), Omiya Ardija (Japan) und Leeds United im Blick, an dem der Konzern ebenfalls Anteile hat.

Sportlich ergibt die Stelle, für die er ungefähr die Hälfte des Gehalts aus der Liverpool-Zeit bekommt, durchaus Sinn. Denn nicht nur sind bereits Männer in diesen Strukturen aktiv, denen Klopp vertraut und die er kennt, nein – Klopp hat das Konstrukt „Red Bull“ schon vor Jahren gelobt, als er noch das vermeintliche Gegenteil davon verkörperte. Eine Vision des schönen, des ansehnlichen Fußballs, der ohne uralte „Traditionen“, ohne Hooligans und ohne krawallgeile Ultras auskommt, die in anderen Clubs teilweise dermaßen viel Einfluss haben, dass die Spieler nach schlechten Matches vor ihnen an der Kurve den Kotau machen müssen.

Klopp macht, was er will, entgegen den Erwartungen zigtausender pseudo-antikapitalistischer Maulhelden, die nie gestört hat, dass Borussia Dortmund eine Aktiengesellschaft ist und dass auch ein Hans-Joachim Watzke sie – Schnodderdialekt hin oder her – wie die Schmeißfliegen von seinem Grundstück jagen würde. Es ist ihm abzukaufen, dass er Bock auf diese Aufgabe hat. Würde er wegen des Zorns mancher Fans und einer vielleicht zweiwöchigen Empörungswelle in den sozialen Medien davon absehen, wäre er eher ohne Charakter.

Ohnehin ist es amüsant zu sehen, wie die Feinde von Profit und „Gier“ seit Jahren darüber hinwegsehen, dass Jürgen Klopp sich als Werbegesicht für nahezu jedes Unternehmen zur Verfügung stellt. „Niemand scheint Jürgen Klopp zu entkommen“, schreibt die Absatzwirtschaft. „Vom Autohersteller über Bier, Schokoriegel, Finanzberatung bis hin zu Fitnessgeräten: Seit Jahren taucht der charismatische Coach in fast jedem werbenden Marktsegment auf.“ Kontoeingänge konnte Klopp verzeichnen von Opel, VW, der Deutschen Vermögensberatung, New Balance, Adidas, Snickers, Warsteiner, Brant, Kinder-Country, Mitsubishi, Ergo, Kappa… ach wissen Sie was, folgen Sie einfach dem Link und lesen sie selber weiter, wie der einfache „Pöhler“ jeden reingemacht hat, der ihm wirtschaftlich vor die Füße gespielt wird.

Geld verleiht Flügel… und wir hier dürfen uns doch eher darüber amüsieren, wenn das die Menschen rasend macht, oder?

Quellen:

Dicke Überraschung: Klopp wird Fußball-Chef bei Red Bull (kicker)

Der Markenfriedhof des Jürgen Klopp (Absatzwirtschaft)


Sie schätzen diesen Artikel? Die Freiheitsfunken sollen auch in Zukunft frei zugänglich erscheinen und immer heller und breiter sprühen. Die Sichtbarkeit ohne Bezahlschranken ist uns wichtig. Deshalb sind wir auf Ihre Hilfe angewiesen. Freiheit gibt es nicht geschenkt. Bitte unterstützen Sie unsere Arbeit.

PayPal Überweisung Bitcoin und Monero


Kennen Sie schon unseren Newsletter? Hier geht es zur Anmeldung.

Artikel bewerten

Artikel teilen

Kommentare

Die Kommentarfunktion (lesen und schreiben) steht exklusiv nur registrierten Benutzern zur Verfügung.

Wenn Sie bereits ein Benutzerkonto haben, melden Sie sich bitte an. Wenn Sie noch kein Benutzerkonto haben, können Sie sich mit dem Registrierungsformular ein kostenloses Konto erstellen.