13. November 2024 10:00

US-Wahlergebnis Vorsicht mit den Vorschusslorbeeren

Derselbe Quatsch wie jedes Wahljahr

von Axel B.C. Krauss

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Bildquelle: www.illuminatoren.com (CC BY-SA 4.0) „Heilsbringer“ Trump: Zu voreilig bekränzt?

Dass es wohl auch Menschen gibt, deren Lernkurve so flach bleibt wie eine Flunder oder die aus anderen Gründen, und sei’s „nur“ quasireligiösem Fanatismus für selbsternannte Heilsbringer, immer wieder der Einstein’schen Definition von Wahnsinn frönen, gehört zu den ältesten bekannten Problemen im Zusammenhang mit Wahlen. Einstein soll ja mal gesagt haben, Wahnsinn sei es, immer wieder dasselbe zu tun, aber andere Ergebnisse zu erwarten.

Statt aber – was gerade vor dem Hintergrund seiner vollmundigen Versprechen eher mageren Ergebnisse seiner ersten Amtszeit dringend geboten wäre – erst mal abzuwarten, ob von den zahlreichen überschwänglichen Verlautbarungen, die von Trump und seinem politischen Umfeld erwartungsgemäß zu hören waren (so wie sie von allen Parteien und allen Politikern, egal, in welchem Land, stets zu hören sind, wenn es um Stimmen geht), überhaupt etwas übrig bleibt, wurden gleich wieder Vorschusslorbeerkränze auf sein Haupt getürmt und dermaßen hohe, um nicht zu sagen übermenschliche Erwartungen in staatliche Omnipotenz gesetzt, dass ich mich leider nach dem genauen Datum fragen muss, an dem die Welt vollends zu einem Kindergarten mutiert ist.

Nun denn: In spätestens zwei Jahren, bei den sogenannten „Midterms“, wird sich zeigen, ob es wirklich nur Zufall war, dass Donald Trump, der für manche wohl der „Kwisatz Haderach“ zu sein scheint, die Führungsriege seines designierten Kabinetts zum zweiten Mal nach 2016 mit Leuten besetzt hat, von denen eher nicht zu erwarten steht, dass sie, wie in alternativen Kreisen gerne behauptet wird, „die Eliten in Panik versetzen“.

Das derzeit kursierende Manifest eines neuen Konservativismus des „Project 2025“ mit dem Titel „Mandate for Leadership. The Conservative Promise“ liest sich auf den ersten Seiten jedenfalls wie eine abgehakte Wunschliste sämtlicher „Talking Points“ der rechten beziehungsweise konservativen Sphäre. Ganz allgemein dürfte es kaum einen Menschen geben, der den aufgezählten Kritikpunkten an vergangenen Administrationen nicht zustimmen würde, erst recht an der Regierung unter DuPont-Biden. Und genau damit habe ich ein Problem. Nicht, weil ich den Autoren gleich Täuschungsabsicht unterstelle. Es ist eher ein Bauchgefühl, das gebe ich gerne zu: Viele der gesteckten Ziele klingen für mich einfach zu gut, um wahr zu sein.

Ich werde das Gefühl nicht los, das es sich um Wohlfühlrhetorik handelt, Wortdressing, um Zustimmung zu generieren. Staatliche Überwucherungen zurückschneiden zu wollen: d’accord. Dem totalitären „Wokeismus“ die Beine brechen: höchste Zeit. Die Lehrpläne an Schulen von neomaoistischen Genderexperimenten an Kindern zur Formung des neuen Menschenden zu befreien: Schluss mit dem Stuss. Die Familie als Kerneinheit der Gesellschaft zu stärken, statt sie zerstören zu wollen, um Menschen zu entwurzelten „seelisch Unbehausten“ zu machen, um sie leichter in die Arme eines allfürsorglichen Staates zu treiben: kann weg. Alles richtig. Aber es wird sich eben erst zeigen müssen, wie viel davon dann auch umgesetzt wird. Erst recht mit Blick auf die „Klimapolitik“, doch dazu komme ich gleich. Einigen der Programmpunkte wird Trump sicher folgen, das wird er schon aus strategischen Gründen sogar müssen: Täte er es nicht, würde er große Teile der Konservativen, die er so fleißig umwarb, nicht nur verprellen, sondern massiv gegen sich aufbringen, was die Erfolgschancen der Republikaner nicht nur bei den nächsten Midterms, sondern über Jahre hinweg stark schmälern würde.  

Fun Fact: Dass man im „woken“ Hollywood natürlich reihenweise freidrehte – geschenkt. Das war klar. Ich werde dazu einen Filmkritiker namens „The Critical Drinker“ zitieren, der sich in den letzten Jahren eine sehr stattliche Fangemeinde durch fundierte, treffende und humorvolle Rezensionen auf Youtube aufbauen konnte. Aus seinem Video „Dear Hollywood Celebrities, Nobody Cares“: „Denn wer könnte den einfachen Arbeiter besser darüber aufklären, welcher Kandidat seine Interessen am besten vertritt, als eine Gruppe von Elite-Multimillionären, die in einer vergoldeten Echokammer leben und deren gesamte Karriere darin besteht, Worte zu sagen, die jemand anderes geschrieben hat.“ Treffer und versenkt, der Nächste bitte.

Was nun den angeblichen Wechsel in der Klimapolitik betrifft sowie die Ankündigung, aus dem Pariser Abkommen aussteigen zu wollen, ist leider Vorsicht geboten. Denn Trumps neues Kabinett ist gespickt mit Leuten, die stark in den sogenannten Kohlenstoffmärkten und den Emissionshandel involviert sind. Dazu bemerkte Whitney Webb in ihrem Artikel „Machen Sie sich bereit für den republikanischen Kohlenstoffmarkt“ gewohnt hellsichtig: „Unter der Trump-Regierung wurde der Vorstoß für eine CO2-Steuer jedoch von den Republikanern angeführt, was die parteiübergreifende Unterstützung dieser Politik widerspiegelt. Dieser Vorschlag aus der Trump-Ära, bekannt als der Baker-Shultz-Plan, forderte die Aufhebung der Emissionsvorschriften der Environmental Protection Agency und eine Rücknahme einiger Klimapolitiken aus der Obama-Ära im Austausch für deren Ersetzung durch eine CO2-Steuer. Obwohl es sicherlich stimmt, dass die Republikaner in der Legislative Anfang des Jahres CO2-Steuern und -Märkte weitgehend abgelehnt haben, ist die Tatsache, dass Trump sich mit Befürwortern der Klimafinanzierung umgeben hat, und die Tatsache, dass die Wall Street Klimafinanzierung benötigt, um eine völlig neue Anlageklasse zu erschließen, die ihr Kasino befeuert, ein starker Indikator dafür, dass eine Art ‚CO2-Bepreisung‘ in Arbeit ist. Selbst prominente Persönlichkeiten der ‚Maha‘-‚Einheits‘-Bewegung, wie die ehemalige Vizepräsidentschaftskandidatin von RFK Jr., Nicole Shanahan, haben sich für die Verwendung von symbolischen Emissionsgutschriften ausgesprochen, um die Geldschöpfung der US-Regierung (das heißt die ‚quantitative Lockerung‘) und das Schuldenmanagement der USA zu erleichtern. Da eine US-Schuldenkrise bevorsteht und Howard Lutnick, einer der größten Händler von US-Staatsanleihen, an der Spitze der Auswahl von Trumps nächstem Kabinett steht, war die Wahrscheinlichkeit eines Kohlenstoffmarktes trotz des jüngsten Sieges der Republikaner noch nie so hoch wie heute.“

Was die im Auszug angesprochene „Klimafinanzierung“ betrifft, sei wärmstens ein anderer Artikel von Webb empfohlen, der die Hintergründe dieser neuen Anlageklassen und ihre Zielsetzung detailliert beleuchtet: „Die Übernahme der Natur durch die Wall Street schreitet mit der Einführung einer neuen Anlageklasse voran“. Jedenfalls könnten Trump-Jünger eine Überraschung erleben, denn allein die Ankündigung eines Ausstiegs aus dem Pariser Abkommen bedeutet noch lange nicht, dass diese Agenda nicht auf anderer, weniger offensichtlicher Ebene – also eher „verdeckt“ - fortgeführt wird.

Zumal ausgerechnet Elon „Wir brauchen eine Kohlenstoffsteuer“ Musk zu den wichtigsten Unterstützern und mittlerweile auch persönlichen Vertrauten und Beratern Trumps gehört. Die Worte, die James Corbett in seinem jüngsten Artikel über Peter Thiel für dessen vermeintlichen Libertarismus übrig hatte, gelten ohne Abstriche auch für Musk, der in der alternativen Szene fälschlicherweise gerne als „Anti-Establishment“ gefeiert wird: „Wie nennt man jemanden, der sich selbst als ‚libertär‘ bezeichnet, aber seine gesamte Karriere damit verbracht hat, aktiv mit Regierungen, Militärs und Geheimdiensten zusammenzuarbeiten, um sich selbst zu bereichern und die Macht des Staates zu stärken? Noch einmal: Wie auch immer man diese Person nennen mag, ‚libertär‘ ist sie nicht.“

Auch ein Musk ist nicht libertär, sondern Staatsprofiteur par excellence. Und was seine massive Unterstützung Trumps im Wahlkampf betrifft, so hatte diese nicht notwendigerweise politische Motive, sondern vor allem finanzielle: Sowohl Musk als auch Thiel (beide sind seit ihren PayPal-Tagen miteinander befreundet) haben mit J.D. Vance einen ihrer Lobbyisten als designierten Vizepräsidenten an Trumps Seite gebracht. Thiel hatte seine Mitarbeiter schon in der ersten Amtszeit Trumps und danach in der Biden-Regierung positioniert. Was Vance betrifft, so ließ Thiel 15 Millionen Dollar für seine Förderung springen – in der Geschichte der USA ist das die bis dato höchste Summe, die zur Päppelung eines Senatskandidaten ausgegeben wurde.

Musk wiederum hat hohe Summen in Firmen wie „Palantir“ (gegründet von Thiel) und „Anduril“ gesteckt – wovon er sich unter einer Trump-Regierung entsprechend hohe Renditen erhofft, kurz: lukrative Regierungsaufträge. „Palantir“ ist im Bereich der „Sicherheit“ tätig und stellt Überwachungssoftware her; „Anduril“ ist ein „Supplier“, also ein Zulieferer für die Rüstungsindustrie.

Deshalb ist es natürlich umso lustiger, wenn ausgerechnet besagter J.D. Vance, Musks und Thiels politischer Influencer, das Sandmännchen spielt, indem er sagt (zitiert nach „The Independent“): „J.D. Vance sagt, die USA könnten ein Veto gegen die Nato einlegen, wenn Europa versucht, Elon Musks Plattformen zu regulieren.“ Damit will er suggerieren, dass eine Plattform wie „X“ bislang gänzlich unreguliert beziehungsweise „frei“ sei – obwohl dieses Märchen bereits widerlegt wurde (siehe dazu unter anderem meinen letzten Beitrag). Und gleichzeitig macht er damit natürlich Werbung für das Reichweitenbeschränkungsportal seines Hundehalters.

Zum Schluss mal wieder ein kleines Schmankerl im Zusammenhang mit der Frage, inwiefern man das politische System der USA überhaupt noch als „demokratisch“ bezeichnen kann – was die „Schäferhunde mit Tastatur“, wie ich Mainstream-Journalisten gerne nenne, ja unablässig in alle Köpfe zu trommeln gedenken. Manchmal braucht man dafür gar nicht auf „Theorien“ zurückzugreifen, sondern bekommt gewissermaßen Hinweise aus „berufenem Munde“. So sagte Larry Fink, CEO von Blackrock, in einem Interview mit dem „Business Insider“ vom 22. Oktober: „Ich bin es leid zu hören, dies sei die wichtigste Wahl unseres Lebens. Die Realität ist, dass es mit der Zeit keine Rolle mehr spielt. Wir arbeiten mit beiden Administrationen zusammen und führen Gespräche mit beiden Kandidaten.“

Bis nächste Woche.


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