17. März 2025 21:00

Bargeld Können die wirklich weg?

Das Nationale Bargeldforum und die Bundesbank wollen die Ein- und Zwei-Cent-Münzen abgeschafft sehen

von Klaus Peter Krause

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Bildquelle: Mabeline72 / Shutterstock Geplante Abschaffung der Kleinstmünzen: Nur der Anfang?

Wer den Pfennig nicht ehrt, ist des Talers nicht wert. Das kennen und mahnen sich Menschen seit Jahrhunderten. Heute würde man wohl sagen müssen: „Wer den Cent nicht ehrt, ist des Euro nicht wert.“ In den Sinn kommt es bei dem Vorhaben, die Ein-Zwei-Cent-Münzen abzuschaffen. Bei Barzahlungen soll auf die nächsten fünf Eurocent auf- oder abgerundet werden. Der Anstoß dafür kommt vom Nationalen Bargeldforum. Dazu hat die Deutsche Bundesbank jüngst eine Mitteilung veröffentlicht (siehe Link unter dem Artikel). Sie begründet sie mit den Kosten, die entstehen, um die Münzen herzustellen, zu verpacken und zu transportieren. Klar, das Herstellen von Geld kostet Geld. Und es wird auch zutreffen, dass diese Kosten bei diesen beiden Kleinstmünzen im Verhältnis zu ihrem Nennwert hoch sind. Aber sind sie auch zu hoch? Wie hoch, teilen Bundesbank und Bargeldforum leider nicht mit. Doch die Kosten sind es nicht allein, beide Institutionen nennen auch andere Gründe für den Anstoß. Können die beiden Kleinstmünzen wirklich weg?

Die Berufung auf eine Umfrage – war sie neutral gehalten oder suggestiv?

Eine weitere Begründung lautet, mit dem Verzicht auf die beiden Kleinststückelungen des Euro werde Bargeld für die Nutzer attraktiver. Außerdem wäre der Bargeldkreislauf, besagt eine andere, nachhaltiger und effizienter. Beide sind nicht nachvollziehbar, denn eine Erläuterung dafür fehlt. Ferner beruft sich das Bargeldforum auf Umfragen. Danach seien Kleinmünzen nicht sehr beliebt: Im jüngsten Euro-Barometer habe sich die Mehrheit der Befragten dafür ausgesprochen, die Ein- und Zwei-Cent-Münzen abzuschaffen. Diese Meinungsumfrage gebe die EU-Kommission jährlich in allen EU-Staaten in Auftrag. Aber wie neutral oder wie suggestiv ist die Umfrage formuliert? Wie lauten die gestellten Fragen? Nur wenn man das weiß, lässt sich der Aussagewert der Umfrage beurteilen. Repräsentativ immerhin wird sie doch wohl sein. Aber die EU-Kommission gehört zu jenen Institutionen, die daran arbeiten, das Bargeld abzuschaffen und ist somit in Bezug auf neutral also nicht gerade verlässlich.

Umfragen sollen oft ergeben, was die Auftraggeber von ihnen erwarten

Unter den Begründungen liest man auch dies: „Zudem kehren die Ein- und Zwei-Cent-Münzen seltener zu den nationalen Zentralbanken des Euro-Raums zurück als die Münzen mit höheren Nennwerten. Dies spricht dafür, dass diese Kleinmünzen überwiegend gehortet werden oder verloren gehen.“ Das soll wohl heißen: Niemand werde die beiden Münzen im Zahlungsverkehr vermissen. Mag sein, denn Menschen gewöhnen sich an fast alles. Aber davon, dass sie von sich aus die beiden Kleinstmünzen als lästig empfinden und danach drängeln, sie abzuschaffen, hat man bisher nichts vernommen. Umfragen dazu scheinen eher dafür zu dienen, den Menschen das als sinnvoll oder notwendig nahezulegen und aufzudrängen, was Gremien beschlossen haben und planen. Dann wäre ihr Ergebnis das von den Auftraggebern herbeigefragte und gewünschte.

Eine Minderheit im Bargeldforum ist gegen das Abschaffen, aber warum, bleibt unerwähnt

An sich sollen die Ein- und Zwei-Cent-Münzen beim Barzahlen eine betragsgenaue Herausgabe des Wechselgeldes ermöglichen. Doch eine Mehrheit im Bargeldforum hält es nun für richtig, auf diese beiden Münzen durch eine Rundungsregel im deutschen Bargeldkreislauf zu verzichten. Mit einer solchen Regel bleiben die Warenpreise unverändert, nur wird der Rechnungsbetrag des Wareneinkaufs beim Zahlen in bar entweder auf null oder fünf Cent kaufmännisch gerundet. Diese Regelung, so das Bargeldforum, würde den Bedarf an diesen Stückelungen gen Null führen. Deshalb ersucht das Bundesfinanzministerium (BFM), „sich für eine verbindliche und möglichst europa-einheitliche gesetzliche Rundungsregelung einzusetzen und diese voranzutreiben“ (siehe Link unter dem Artikel). Die Argumente der Forum-Minderheit gegen eine solche Regelung lässt das Forum freilich unerwähnt, so als könnten sie unliebsame Überzeugungskraft haben.

Statt 4,99 gerundet fünf Euro, statt 1,02 gerundet nur ein Euro – in einigen EU-Ländern schon gängige Praxis

In ihrer Mitteilung vom 11. März erläutert die Bundesbank: „Die vorgeschlagene Rundungsregel würde bedeuten, dass Käufer und Verkäufer bei einer Barzahlung die Summe des Gesamteinkaufs auf die nächsten fünf Cent auf- oder abrunden müssten. Kaufsummen, die auf ein oder zwei Cent enden, würden abgerundet und Beträge, die auf drei oder vier Cent enden, aufgerundet. Statt 4,99 Euro würden dann beispielsweise fünf Euro fällig, statt 1,02 Euro hingegen nur ein Euro. In einigen europäischen Ländern wie in Finnland oder den Niederlanden ist dies gängige Praxis. Eine einheitliche europäische Lösung steht bisher aus.“

Warum bloß wird man einen bestimmten Verdacht nicht los?

Dass bei dieser Rundungsregel Verkäufer wohl lieber mit Preisen hantieren werden, die ein oder zwei Cent unterhalb eines Euro-Betrags liegen, also hinter dem Komma auf ...,98 oder …,99 Euro lauten, und dann gern den nach oben gerundeten Euro-Betrag vereinnahmen, lässt sich leicht ausmalen. Das mag als nebensächlich und unerheblich empfunden werden. Doch ist zu bedenken, was einem solchen Schritt noch folgen kann und vermutlich noch folgen soll. In den Sinn kommt die Lebensweisheit aus der römischen Antike: Quidquid agis, prudenter agas et respice finem (Was immer du tust, tu es gut und bedenke das Ende). Wiegen die Argumente von Bargeldforum und Bundesbank wirklich schwer genug, um die beiden Kleinstmünzen abzuschaffen? Warum bloß wird man den Verdacht nicht los, dies könnte nur der erste Schritt dafür sein, irgendwann auch die anderen Euro-Münzen abzuschaffen – also die 50-Cent-, die Ein- und die Zwei-Euro-Münze – und danach die Euro-Scheine, also das ganze Bargeld aus dem Verkehr zu ziehen. Denn Kosten – selbst wenn sie bezogen auf den Nennwert geringer sind – entstehen auch für sie; auch sie sind herzustellen, zu verpacken und zu transportieren.

Das Bargeld insgesamt abzuschaffen, wird schon lange betrieben

Die Bestrebungen, das Bargeld abzuschaffen, laufen schon lange. Es sind politisch motivierte Bestrebungen, garniert mit Verführungssprüchen, wie bequem bargeldlose Zahlungen doch seien und wie hoch die Kosteneinsparungen. Mit dem Bargeld verschwindet auch die Freiheit des letzten möglichen anonymen Zahlungsverkehrs. Diese Freiheit ist autoritären Politikern und Bürokraten ein Dorn im Auge. Schon seit 2009 gibt es die EU-Richtlinie 2009/110/EG. Im April 2017 hat der IWF in Washington das Arbeitspapier WP 17/71 zur Bargeldbeseitigung (De-Cashing) veröffentlicht. In seinen Schlussfolgerungen wartet es mit Ratschlägen auf, wie Regierungen den Widerstand der Bevölkerung unterlaufen und sie über die wahren Absichten täuschen können. In dem Beitrag „The Macroeconomics of De-Cashing“ empfiehlt der IWF-Analyst Alexei Kireyev den Regierungen, die das Bargeld abschaffen wollen, mit kleinen Schritten anzufangen. So nachzulesen in meinen Beiträgen von 2018 „Wie uns das Bargeld madig gemacht wird“, von 2016 „Der Kampf um das Bargeld“ oder von 2015 „Bargeld lacht. Aber bald nicht mehr“.

Geldmünzen sind geprägte, Geldscheine gedruckte Freiheit

Können also die beiden Kleinstmünzen des Euro wirklich weg? Können schon, dürfen nicht. Sie sind der Anfang von einem absehbaren, schon lange geplanten Ende, ein erster Schritt von einem möglichen letzten. Der Alt-Lateiner hat dafür die Worte „Initiis obsta“ parat, auf Deutsch: Wehret den Anfängen. Bares bleibt Wahres. Die Bargeldkosten – Scheine drucken, Münzen prägen, sie transportieren, aufbewahren, verwalten, überwachen – sind Freiheitskosten. Für das Freiheitsrecht, in bar und damit anonym zu bezahlen, sind die Kosten nicht zu hoch. Sie sollten uns die Freiheit wert sein. Für die Menschen sind sie gut angelegtes Geld. Die Gründe, das Bargeld zu verteidigen, sind gute Gründe. Bargeld beschert und sichert individuelle Freiheit. Geldmünzen sind geprägte, Geldscheine gedruckte Freiheit.

Nationales Bargeldforum für gesetzliche Rundungsregeln bei Barzahlungen

Das Nationale Bargeldforum positioniert sich zu einer Einführung einer Rundungsregel

Dieser Artikel, gemeinsam mit weiteren interessanten Links, erschien zuerst auf dem Blog des Autors.


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