Wirtschaftspolitik: Mar-a-Lago Accord erklärt
Die Auflösung des Triffin-Paradoxons
von Paul Siegenthal

Das Geschrei um Trumps Welthandelspolitik will nicht enden. Die Europäer fühlen sich verraten, die Chinesen bedroht und selbst die Russen geraten in wirtschaftliche Turbulenzen. Medien karikieren Trump als lunatischen Nero, der die Welt in den Abgrund stürzen will. Eine Minute später ist er dann ein Versager, weil er zurückrudere.
Die neue Wirtschaftspolitik der USA ist für Nichtökonomen schwer zu begreifen. Es lohnt sich aber, sich mit ihr vertieft auseinanderzusetzen. Sie stellt die gesamte Weltwirtschaft auf eine neue Grundlage.
Klassische Währungstheorie
Der Welthandel findet (überwiegend) in Dollar statt. Das exportierende Land wird in Dollar bezahlt, seine Währungsreserven steigen und seine Währung wird stärker. Länder, die auf Dauer mehr importieren als exportieren, geben Devisen ab und ihre Währung wird schwächer. Der Konsument erlebt diesen Mechanismus als Wechselkursschwankungen.
Die USA in der Falle: das Triffin-Dilemma
Es gibt eine Ausnahme: die USA. Trotz großen Handelsdefizits bleibt ihre Währung stark. In der Ökonomie spricht man vom Triffin-Paradoxon. Warum? Der Handel wächst global. Wenn zwei Länder außerhalb der USA miteinander Handel treiben, brauchen sie Dollar. Da der Welthandel insgesamt stärker wächst als das Handelsdefizit der USA, steigt der Wert des Dollars trotz des Defizits.
Der Effekt verstärkt sich sogar noch. Der starke Dollar führt dazu, dass mehr von den USA importiert wird. Die Industrie im Rust Belt schrumpft. Zudem unternehmen die Handelspartner (fast) alles, um den Export der USA zu behindern.
Optionen der USA
Die USA haben auf den ersten Blick zwei Optionen: den Welthandel nicht mehr mit Dollar zu versorgen oder munter weiter zu drucken. Im ersten Fall kollabiert der Welthandel, im zweiten die USA. Beides ist für niemanden wünschenswert.
Die dritte Option – Phasen eins und zwei
Trump hat eine dritte Option. (Sie stammt aus der Küche von Stephen Miran.) Wenn es gelingt, die Handelsbilanzen mit den anderen Ländern auszugleichen, wäre das Problem vom Tisch.
In einem ersten Schritt will er die ausländischen Handelspartner zwingen, ihre Zölle und Handelshemmnisse abzubauen. Die Medien sprechen von einem Zollkrieg, doch der wurde nicht von den USA begonnen. Die meisten Länder behindern den Zugang amerikanischer Produkte zum inländischen Markt.
Trump ist überzeugt, dass der Zugang zum amerikanischen Markt so attraktiv ist, dass die meisten Länder in den nächsten 90 Tagen ein Zollabkommen abschließen und ihre Märkte für amerikanische Waren öffnen. Tun sie es nicht, bleiben die Zölle bestehen.
Die geheimnisvolle Phase drei
Ausgeglichene Handelsbilanzen lösen das Triffin-Paradoxon aber nicht auf. Das Ausland wird weiterhin Dollar als Reservewährung halten, die ihn künstlich überbewerten.
Hier stochert die Welt im Dunkeln. Die Amerikaner halten sich noch bedeckt, doch es soll auf ein Mar-a-Lago-Abkommen hinauslaufen, das die Weltwirtschaft auf eine neue Grundlage stellt.
Das Mar-a-Lago-Abkommen
Erstens: Die Länder müssen sich verpflichten, keine (oder sehr geringe) Zölle im Handel mit den USA zu erheben. Sie müssen auf alle Handelshemmnisse verzichten, also keine eigenen Abgasvorschriften oder Ähnliches.
Zweitens: Die Länder müssen sich zu einer ausgeglichenen Handelsbilanz verpflichten. Haben die USA ein Handelsbilanzdefizit, muss die andere Seite entweder zusätzliche Käufe in den USA tätigen (zum Beispiel Waffen, Flugzeuge, Rohstoffe, Energie …) oder seine Währung so lange anheben, bis sich das Defizit wieder ausgleicht.
Drittens: Der amerikanische Handelsminister Bessent hat angedeutet, dass auch die Sicherheit des Weltpolizisten USA in Zukunft nicht mehr kostenlos sein wird. Ob es sich hier um eine Ansage oder eine Handelstaktik handelt, ist ungewiss.
Warum sollte sich das Ausland diesem Abkommen anschließen?
Von den Staaten wird viel verlangt. Sie müssen ihre Märkte öffnen, ihren Wechselkurs so gestalten, dass die Handelsbilanz ausgeglichen ist, und gleichzeitig für ihre Sicherheit bezahlen. Tun sie es nicht, wird der Zugang zum amerikanischen Markt erschwert bis verunmöglicht und der Schutz durch die USA entfällt. Die Begeisterung wird sich in Grenzen halten.
Vermutet wird, dass man Alliierten bessere Bedingungen als Neutralen oder unfairen Konkurrenten bietet. Bei den Alliierten ist der Schutz kostenlos, zudem erhalten sie sektoriell ein Handelsungleichgewicht zugestanden, zum Beispiel bei Pharmaerzeugnissen, bestimmten Maschinen oder Landwirtschaftsprodukten.
In ein paar Wochen werden wir es wissen.
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