Faeser gegen AfD: Zum Schutz der Kartelldemokratie
Die Reihen fest… äh… na, Sie wissen schon…
von Christian Paulwitz drucken

Die Schwäche der (echten) Konservativen ist der Glaube an staatliche Gesetze. „Recht und Gesetz“ verschwimmen ineinander und werden nicht unterscheidbar. Die Stärke der Sozialisten ist die Skrupellosigkeit im Umgang mit der Interpretation von Gesetzen bei der Verfolgung ihrer Machtziele. Finden Linksextreme in Gesetzen und Institutionen die Möglichkeiten, etwas zu tun, was sie ihren Zielen näherbringt, dann nützen sie sie. Wenn nicht, dann streben sie danach, sie passend zu machen, während sie dabei, wenn es opportun ist, solange ihre eigentlichen machtpolitischen Ziele verbergen. Recht oder der ursprüngliche Sinn von Gesetzen und Regeln interessieren sie nicht wirklich – selbst, wenn sie eine formaljuristische Ausbildung haben.
Alle nach Macht strebenden Politiker tun sich schwer, Recht von Gesetz zu unterscheiden. Die Schwäche von Sozialisten, die lange genug ihren Willen bekommen haben und mit ihrem Aktivismus durchgekommen sind, ohne selbst größeren Schaden zu nehmen, ist es, den Punkt zu verpassen, an dem sie den Bogen überspannen. Ihr ideologisches Selbstverständnis zwingt sie, mit der Realität ständig auf Kriegsfuß zu leben, was sie freilich notwendigerweise über die Zeit hinweg zunehmend in Zwangslagen bringt, ihr umso forscher entgegenzutreten. Was soll schon schiefgehen? Hat ja bisher auch immer geklappt.
Die meines Erachtens gesichert linksextreme Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat nur noch wenige Tage im Amt. Die Koalitionsverhandlungen sind durch, die CDU dank des selbstverliebten Egozentrikers an der Spitze – der Mann, der schneller umfällt als sein Schatten – ordentlich über den Tisch gezogen, aber das Innenministerium wird nicht mehr SPD-geführt sein. Das Zeitfenster schien also optimal, um die bereits länger vorbereitete Einstufung der Oppositionspartei AfD als rechtsextrem durch den ihr untergeordneten Inlandsgeheimdienst vornehmen zu lassen, der unter dem Decknamen „Verfassungsschutz“ arbeitet.
Kleiner Schönheitsfehler: die AfD ist im Aufwind und wird in den Umfragen gerade als stärkste Partei gehandelt. Manch empörter Beobachter sieht da einen kausalen Zusammenhang – ich eher einen konzessiven. Von diesem Aspekt aus ist der Zeitpunkt höchst ungünstig, weil die Aufnahme im frisch betrogenen Wahlvolk entsprechend negativ zu werden verspricht. Jedoch das Zeitfenster schließt sich diese Woche mit der Wahl einer neuen Regierung; wenn Faeser es nicht jetzt tat, dann konnte sie es nicht mehr tun. Möglicherweise ist man in der CDU bis in die Führungskreise noch politisch naiv genug, um nicht zu verstehen, dass die Handlung noch nicht einmal so sehr gegen die AfD gerichtet ist – sonst wäre sie wohl besser zu Ende gedacht – als gegen die CDU.
Die SPD muss sich auf die Zeit nach Merz vorbereiten. Irgendwann wird sie vorbei sein – angesichts des von ihm selbst provozierten Drucks auf ihn möglicherweise schon eher früher als später. Es gilt dann umso mehr, die Reihen des Parteienkartells fest zu schließen. Sollte nun innerhalb der Union die Erkenntnis wachsen, dass es für sie politisch-strategisch zunehmend überlebensnotwendig wird, aus der Ecke zu kommen, in der sie nach Belieben von einer oder mehreren bekenntnis-sozialistischen Parteien erpresst werden kann, ist die Hürde, die „Brandmauer“ unter Gewinnung von Glaubwürdigkeit abzutragen, mit dem Verdikt des Inlandsgeheimdienstes formal erheblich höher geworden. Es müsste nun die Institution des „Verfassungsschutzes“ selbst in Frage gestellt werden – was allerdings auch längst überfällig wäre. Aber sie ist eben für jede Partei an der Macht ein so schönes Instrument, das man selbst nicht missen möchte. Wer wüsste das besser als die CSU, die nun das Innenministerium übernehmen wird?
Da dem politischen Führungspersonal der Unionsparteien vor allem das eigene Überleben wichtig ist und nicht das seiner Parteien, springt es voller Begeisterung in die gestellte Falle. Schon melden Bayern und Hessen an, die Vereinbarkeit des Beamtenstatus mit der AfD-Mitgliedschaft prüfen zu wollen.
Die bayerische CSU nahm schon immer eine skrupellose Vorreiterrolle bei der Bekämpfung parteipolitischer Konkurrenz ein, die ihre eigenen Zielgruppen anspricht. Klar, die AfD würde strukturell erheblich getroffen – das ist ja auch der wesentliche Sinn dieses Instrumentes der Oppositionsbekämpfung. Aber es ist völlig offen, ob das diesmal nicht staatlicherseits zu einem Desaster und zu weitgehender Handlungsunfähigkeit führen wird. Man kann sich eigentlich nur auf Repressionen gegen ausgewählte Einzelpersonen konzentrieren und auf Abschreckung bei den anderen hoffen. – Aber andererseits wird das ja bereits seit Jahren erfolglos betrieben!
Faeser hat den Bogen überspannt. Wieder sind Informationen – das „Gutachten“ – an ausgewählte Medien durchgestochen worden, die der Öffentlichkeit und vor allem der beschuldigten AfD vorenthalten werden. Entweder ist das Gutachten nicht geheim oder es hat strafbare Verletzungen des Dienstgeheimnisses gegeben, worunter dann auch die Pressemitteilung (siehe Link unten) des Bundesamtes selbst fallen dürfte.
Die hat es übrigens in sich. Laut der Pressemitteilung ist die Basis für die Einstufung der AfD die Behauptung: „Das in der Partei vorherrschende ethnisch-abstammungsmäßige Volksverständnis ist nicht mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung vereinbar.“ Demgegenüber lautet Artikel 116 (1) des Grundgesetzes: „Deutscher im Sinne dieses Grundgesetzes ist vorbehaltlich anderweitiger gesetzlicher Regelung, wer die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt oder als Flüchtling oder Vertriebener deutscher Volkszugehörigkeit oder als dessen Ehegatte oder Abkömmling in dem Gebiete des Deutschen Reiches nach dem Stande vom 31. Dezember 1937 Aufnahme gefunden hat.“
Wir haben es also mit der kuriosen Situation zu tun, dass nach dem Verständnis des Bundesamtes für Verfassungsschutz offenbar das Grundgesetz selbst aufgrund seines ethnisch-abstammungsmäßigen Volkszugehörigkeitsverständnisses als gegen die „freiheitliche demokratische Grundordnung“ gerichtet und somit als verfassungsfeindlich einzuschätzen wäre. Gratuliere zu dieser großartigen dialektischen Leistung!
In der Wahrnehmung außerhalb Deutschlands sind die Aktivitäten des Inlandsgeheimdienstes gegen die AfD ohnehin bereits ein Desaster. In Ländern mit einem historisch etwas freiheitlicher entwickelten Staatsverständnis als in Deutschland nimmt man jetzt in einer breiteren Öffentlichkeit erstmalig wahr, dass es in Deutschland zur ganz offiziellen Gewohnheit gehört, den Inlandsgeheimdienst gegen Oppositionsparteien einzusetzen, was man dort bisher nur von Ländern wie Russland, China oder Nordkorea vorausgesetzt hätte.
Das setzt CDU und CSU mit ihren traditionell guten transatlantischen Beziehungen zusätzlich unter Druck. Die Frage ist, ob man die zweite Amtszeit Trumps ebenso wie die erste aussitzen kann, um sich danach mit den sozialistischen Kumpels der Demokraten wieder bestens zu verstehen. Zweifel sind angebracht. Selbst wenn eine solche Rechnung aufginge – die Dynamik der Ereignisse ist wesentlich höher als noch vor acht Jahren.
Quelle:
Pressemitteilung („Bundesamt für Verfassungsschutz“)
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