12. Mai 2025 16:00

Totalitarismus als Religion Worauf die woke Geisteshaltung fußt

Auf einen rückständigen, primitiven Glauben, der den Keim einer genozidalen Katastrophe in sich trägt

von Robert Grözinger

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Bildquelle: Wikimedia Commons / Public Domain / UN Leitete den Erdgipfel in Rio 1992 und forderte Anerkennung der „transzendierenden Souveränität der Natur“: Der „kapitalistische Sozialist“ Maurice Strong

Der Totalitarismus ist eine Religion. Freiheitsfunken-Kollege Paul Siegenthal schrieb in seinem jüngsten Beitrag korrekt, dass der Totalitarismus mehr als nur eine Staatsform ist. Als solche wurde er im Verlauf des Ersten Weltkrieges geboren. Im Kern ist er aber, so Siegenthal weiter, „eine Geisteshaltung“.

Als solche ist der Totalitarismus viel früher als 1914/18 entstanden. Das erklärt seine Bestandsfestigkeit auch nach den vielen von ihm verursachten Genoziden und anderen Katastrophen. Nach Kommunismus, Faschismus und Nationalsozialismus ist die Wokeness die neueste Form dieses Glaubens. Deren Wurzel kann man auf die Schriften Antonio Gramscis (1891–1937) zurückführen.

Der italienische Kommunist erkannte in der kulturellen Hegemonie der katholischen Kirche seines Landes das Haupthindernis für die Machtübernahme seiner Genossen. Er sagte sich vom Stalinismus ab, nicht weil er die brachialen Methoden des Sowjetdiktators ablehnte, sondern weil er erkannte, dass der Katholizismus bei zu vielen Menschen tiefe Zweifel am Kommunismus aufkommen ließ, so dass keine hinreichende Masse für eine Machtübernahme russischer Art zustande kommen konnte.

Die von der Frankfurter Schule und ihrer alles in Frage stellenden „kritischen Theorie“ sowie vom Postmodernismus inspirierte Generation von Studenten und Intellektuellen erkannten dies ebenfalls und machten sich auf den langen Marsch durch die Institutionen. Sie übernahmen die inoffiziellen, aber de-facto eigentlichen Kirchen unserer Zeit, die Schulen und Hochschulen, weil in ihnen das zukünftige Denken und Handeln junger Menschen abseits ihrer Eltern geprägt wird.

Um aber langfristig in den Köpfen der Gläubigen wirksam zu sein, braucht jede Ideologie, auch eine komplett irre wie die aus der kritischen Theorie und dem Postmodernismus entstandene Wokeness, eine gewisse Struktur. Diese Struktur jeder Ideologie hat fünf Elemente, die fünf unvermeidliche Grundfragen beantworten: Diese Elemente sind:

Erstens: Souveränität – wer hat hier das Sagen?
Zweitens: Autorität – wem gegenüber bin ich rechenschaftspflichtig?
Drittens: Regeln – was muss ich tun oder zu tun vermeiden?
Viertens: Sanktionen – was bekomme ich, wenn ich mich (nicht) an die Regeln halte?
Fünftens: Vererbung – wie ist die Rechtsnachfolge geregelt?

Diese Struktur entdeckte der amerikanische Theologe Gary DeMar, der sie erstmals in seinem Buch „Ruler of the Nations: Biblical Blueprints for Government“ aus dem Jahr 1987 thematisierte. Sein Ziehvater Gary North, ebenfalls Theologe, zudem Ökonom (der Österreichischen Schule) und Historiker, bettete diese Struktur in sein umfangreiches Werk ein, wodurch es nach Angaben Norths selbst erheblich verbessert wurde.

Unschwer zu erkennen ist die zentrale Bedeutung der Souveränitätsfrage. An ihr hängt alles andere. Im Verlauf der Geschichte des Christentums hieß die Antwort darauf: „Gott“. Die Autorität floss von dort auf die Menschen, die sich an seine Regeln hielten, da sie dafür belohnt wurden, nicht nur materiell, sondern auch einflussmäßig, und ihren Lohn an die nächste Generation weitergeben konnten.

Heute wird in der westlichen Zivilisation diese erste Frage von den meisten einflussreichen Menschen – wenn auch nicht von den „obersten Zehntausend“ – mit „die Natur“ beantwortet. Die wirklichen obersten Zehntausend, womit ich die Mitglieder der globalen Finanzoligarchie meine, beantworten die Frage mit „wir“ – wenn auch nicht öffentlich. Manche vom Wokismus verwirrten Menschen beantworten die Frage mit „ich“.

Die im Bewusstsein oder zumindest Unterbewusstsein vorherrschende Antwort ist inzwischen tatsächlich „die Natur“. Wobei ironischerweise Naturwissenschaft keine ernsthafte Rolle spielt, sondern ein Rückgriff auf eine primitive, vorzeitliche Religion. Allein das todeskultische Wesen des Wokismus, man denke nur an die Zentralität des Abtreibungsrechts und demnächst wohl auch der Sterbehilfe, deutet darauf hin. Wenn bei einer Maßnahme die Frage im Raum steht, wessen Bedürfnisse den Vorrang haben sollen, die des Menschen oder die der Natur, dann erkennen wir an der Antwort, wer von der Mehrheit als Souverän betrachtet wird.

Diese Ausprägung der totalitären Ideologie führt genauso in den genozidalen Abgrund wie deren Vorläufer – weil sie nicht der Wahrheit entspricht. Das Christentum dagegen, für welche Fehler auch immer es in seiner historischen Entwicklung und Entfaltung verantwortlich ist, kann darauf verweisen, dass nur auf seiner Grundlage die westliche Zivilisation entstand. Dass nur auf seiner Grundlage der Ausbruch aus der malthusianischen Falle gelang, der Falle der ewigen Wiederkehr von massenweise tödlichen Hungersnöten. Dass nur auf seiner Grundlage die moderne Naturwissenschaft entstand. Dass nur auf seiner Grundlage die Sklaverei geächtet wurde. Und so weiter.

Das alles deutet darauf hin, dass das Christentum grundsätzlich eine sehr menschenfreundliche „Ideologie“ ist. Die meisten Christen weisen nicht auf diesen Punkt hin. Entweder weil sie es nicht wissen oder weil sie selbst in Wirklichkeit woke oder vom Wokeismus eingeschüchtert sind.

Kürzlich stolperte ich über einen Text, der mehr als vieles andere, das ich zu diesem Thema gelesen habe, belegt, dass unter den obersten Zehntausend der Wille besteht, dass die Massen „die Natur“ als den Souverän anerkennen. Eine Verbreitung einer solchen Ideologie nützt vor allem denen, die die Souveränitätsfrage mit „wir“ beantworten. Mit der Natur als angeblichen Souverän können sie nämlich künstliche Knappheiten herstellen und somit die Massen arm, schwach und verwirrt halten. Und dafür auch noch Lob und Unterstützung von selbigen Massen erhalten. Diese Massen waren ihnen im Verlauf der industriellen Revolution wohl ein wenig zu sehr über den Kopf gewachsen und mussten aus Sicht der obersten Zehntausend wieder eingehegt werden.

Der Text, über den ich stolperte, ist vom Juli 1992 und wurde von Strobe Talbott geschrieben, der damals ein stellvertretender Außenminister der US-Regierung unter Bill Clinton war. Nach dem „Erdgipfel“ in Rio de Janeiro, offiziell die „Konferenz der Vereinten Nationen über Umwelt und Entwicklung“ genannt, schrieb Talbott einen Artikel für das amerikanische Wochenmagazin „Time“. 

Hier das entscheidende Zitat daraus: „Wie begrenzt die Ergebnisse auch sein mögen, der Erdgipfel in Rio im vergangenen Monat war ein Zeichen dafür, dass die Teilnehmer das akzeptiert haben, was Maurice Strong, der Hauptorganisator der Veranstaltung, ‚die transzendierende Souveränität der Natur‘ nannte: Da die Nebenprodukte der industriellen Zivilisation Grenzen überschreiten, muss auch die Autorität, mit ihnen umzugehen, das ebenso tun.“

Das Vokabular Strongs und Talbotts ist sehr bezeichnend: Souveränität, Autorität. Sie wussten offenbar, wovon sie sprachen. Vielleicht kannten sie das Buch DeMars. Der Kanadier Strong (1929–2015), der auch mal Geschäftsführer von Öl- und Rohstoffunternehmen war, sagte laut Wikipedia über sich selbst, „dass das Aufwachsen während der Weltwirtschaftskrise ihn radikalisierte und dass er sich selbst als ‚Sozialist in der Ideologie, Kapitalist in der Methodik‘ betrachtete.“ Die Rio-Konferenz, die er leitete, war nichts weniger als ein Fanal der Totalitaristen, nach dem endgültigen Scheitern der letzten noch verbliebenen Vorgängerausprägung ihrer Ideologie einen neuen Anlauf zur Errichtung einer Weltregierung in Gang zu setzen.

Sie sind damit weit gekommen in den vergangenen drei Jahrzehnten. Die Zeichen mehren sich aber, dass auch sie an die Grenzen des ohne Gott Machbaren geraten. Ihnen entgleitet immer mehr das Narrativ, genauer gesagt die Macht, mit ihrem Narrativ das Verhalten der Massen zu steuern. Die zunehmende Zahl der Regionalkriege deutet an, dass es innerhalb der obersten Zehntausend Streit darum gibt, wer in der geplanten Weltregierung wieviel zu sagen haben soll.

Außerdem stellen sich immer mehr Menschen ihrer Agenda entgegen. Sie wehren sich gegen die Denkfaulheit, Wissenschaftsfeindlichkeit und offene Menschenfeindlichkeit der vom woken Denkvirus befallenen Zwischenschicht. Daher der Aufstieg der Populisten insbesondere in den Nationen der westlichen Zivilisation.

Das Narrativ der Totalitären und dessen Reichweite brechen zusammen. Das war bislang immer der Vorläufer des Zusammenbruchs ihrer Regime. Vor zwei Wochen schrieb ich an dieser Stelle, dass in Großbritannien die „rationaleren“ Kräfte der Totalitären im Begriff zu sein scheinen, ihre verrückteren Ränder unter Kontrolle zu bringen und unschädlich zu machen. Es würde mich nicht wundern, wenn es in Deutschland bald zu einem ähnlichen Trend kommt – wenn er nicht schon begonnen hat.

Quellen:

Totalitärer Wokeismus (Freiheitsfunken)

The Birth of the Global Nation (Time Magazine, Seite 3 von 4)

Wikipedia-Seite über Maurice Strong (englisch)


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