Narrativkontrolle: Das neue Ordenswesen
Preise, Propaganda und die Schatten des Kommunismus
von Joana Cotar drucken

In einer Zeit, in der Freiheit und kritisches Denken die Fundamente einer lebendigen Demokratie sein sollten, erleben wir eine merkwürdige Renaissance des gegenseitigen Behängens mit Orden und Preisen. Ursula von der Leyen erhielt letzte Woche den Karlspreis, als „eine herausragende Führungspersönlichkeit des Vereinten Europas“, für ihre „visionäre“ Leitung der EU. Journalisten wie das Correctiv-Team, Jan Böhmermann oder Mai Thi Nguyen-Kim werden als „Journalisten des Jahres“ und Grimme-Preisträger gefeiert, während Politiker wie Angela Merkel und Emmanuel Macron mit Friedenspreisen und Verdienstkreuzen überhäuft werden. Doch was steckt hinter diesem Ritual?
Es erinnert frappierend an die Praktiken des Kommunismus – und das ist kein Zufall.
Im Kommunismus waren Orden und Auszeichnungen ein zentrales Instrument der Propaganda. Der „Held der sozialistischen Arbeit“ oder der „Lenin-Orden“ wurden nicht nur für tatsächliche Leistungen verliehen, sondern vor allem, um Loyalität zu belohnen, Vorbilder zu schaffen und die Ideologie des Systems zu zementieren. Die Verleihung war ein öffentliches Spektakel, das die Macht der Partei demonstrieren und die Bevölkerung auf Linie halten sollte. Dissens wurde unterdrückt, Konformität gefeiert. Preise waren weniger Anerkennung als Kontrollmechanismus: Wer sich dem System andiente, wurde sichtbar erhöht, während Kritiker unsichtbar blieben.
Heute sehen wir eine ähnliche Dynamik, wenngleich subtiler und in demokratischem Gewand. Der Karlspreis für Ursula von der Leyen, die von Kritikern für ihre intransparente Impfstoffbeschaffung, die Berateraffäre, gelöschte E-Mails und den umstrittenen „Green Deal“ gescholten wird, wirkt wie ein Akt politischer Selbstbestätigung. Die Jury, oft besetzt mit Eliten aus Politik, Wirtschaft und Medien, lobt genau jene Narrative, die das Establishment stützen: Krisenmanagement, Klimapolitik, europäische Einheit. Gleichzeitig werden Journalisten wie das Correctiv-Team oder Jan Böhmermann ausgezeichnet, deren Arbeiten fast immer die vorherrschenden Diskurse der Mächtigen verstärken. Die „Geheimplan gegen Deutschland“-Recherche von Correctiv löste Proteste aus und erwies sich als falsch, doch ihre Ausrichtung passte perfekt zur politischen Agenda gegen Rechts.
Der ideologische Grund dieser Praxis ist klar: Preise dienen der Legitimation. Im Kommunismus sollte die Illusion eines gerechten, leistungsorientierten Systems erzeugt werden, das die „Besten“ ehrt. Heute geht es darum, ein Bild von Kompetenz, Moral und Fortschritt zu zeichnen – oft, um von Fehlern abzulenken. Ursula von der Leyens Karriere ist durch Vorwürfe und Vertuschungen geprägt; doch der Karlspreis stilisiert sie zur Heldin Europas. Ähnlich werden Journalisten, die regierungsnahe Narrative bedienen, zu Vorbildern erhoben, während kritische Stimmen, die Machtstrukturen hinterfragen, selten Preise erhalten.
Die Zielsetzung von damals ist der heutigen verblüffend ähnlich: Kontrolle des Narrativs. Im Kommunismus stellte man die Ideologie des Kollektivs über individuelle Freiheit, heute geht es darum, den Diskurs und die richtige Haltung zu steuern – sei es durch die Förderung von „Klimagerechtigkeit“, „europäischer Werte“ oder „Kampf gegen Desinformation und Hass und Hetze“.
Wer Preise vergibt, entscheidet, was als „verdienstvoll“ gilt, und prägt damit die öffentliche Wahrnehmung. Mit echter Demokratie und echter Debatte hat diese Art der Selbstbeweihräucherung gar nichts mehr zu tun. Es ist ein Zirkel der Selbstbestätigung, Propaganda. Nichts weiter.
Lassen wir uns daher nicht blenden: Wahre Größe braucht keine Medaillen, keine glanzvollen Galas, keine vorgefertigten Narrative. Sie entsteht im Alltag, in der stillen Arbeit jener, die unbeirrt nach der Wahrheit suchen und für Freiheit einstehen – ohne Applaus der Mächtigen.
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