Ukraine-Deal: Der Verlierer heißt Deutschland
Ein Rückblick
von Thomas Jahn drucken

Die intensiven Bemühungen der Trump-Administration scheinen Früchte zu tragen. In der Ukraine zeichnet sich ein Friedensschluss ab, freilich zu Bedingungen, die Russland große Vorteile brächten. Es stellt sich die mehr als berechtigte Frage, was die enorme finanzielle Unterstützung der Ukraine und die über dreijährige Sanktionspolitik der EU überhaupt bewirkt haben. Am Ende wurden der ganzen Welt der Dilettantismus und die Ohnmacht der EU vor Augen geführt, als eine Handvoll ihrer Regierungschefs samt Kommissionspräsidentin und Präsident Selenskyj zum Briefing im Oval Office in Washington anzutreten hatten.
Dabei ist klar, dass der russische Angriff auf die Ukraine natürlich nicht aus Verzweiflung wegen einer scheinbar unaufhaltsam gen Osten vordringenden Nato motiviert war, sondern, wie fast alle Angriffskriege, in der Gelegenheit zur Ausnutzung eines offensichtlichen Machtvakuums und somit aus schnöder staatlicher Machtgier heraus erfolgte. Von welchem Machtvakuum ist die Rede? Als Deutschland 1990 als wiedervereinigte Nation neu entstand und sich ein Jahr darauf alle Teilrepubliken, darunter auch die Ukraine, von der Sowjetunion lösten, die damit aufgehört hatte zu existieren, tat sich zwischen Oder und Don ein Machtvakuum auf, das geopolitisch in erster Linie von Deutschland, allein aufgrund seiner damaligen wirtschaftlichen Größe, hätte gefüllt werden können. Konkret hatte der Chef der Deutschen Bank, Alfred Herrhausen, bereits 1989 erste Pläne zur Gründung einer D-Mark-basierten osteuropäischen Entwicklungsbank auf den Weg gebracht, natürlich mit Wissen und Wollen der damaligen Bundesregierung, bevor er im November 1989 unter bislang immer noch ungeklärten Umständen ermordet wurde. Die damals geplante D-Mark-Zone, die faktisch bereits in Österreich, Polen, Ungarn, der Tschechoslowakei und in Jugoslawien existierte, hätte den 1993 geschlossenen Vertrag von Maastricht und die darauf fußende Einführung des Euro überflüssig gemacht. Von Deutschland aus wäre eine neue osteuropäische Wirtschaftszone gebildet worden, die auch die Ukraine, zumindest ihren westlichen Teil, umfasst hätte.
Allerdings belegen nicht nur die Memoiren des damaligen engen Beraters des französischen Staatspräsidenten Mitterand, Jacques Attali, dass die europäischen Siegermächte des Zweiten Weltkriegs – Großbritannien, Frankreich und, in der der Nachfolge der Sowjetunion, Russland – nicht das geringste Interesse an einem wiedererstarkten Deutschland hatten, das die Ergebnisse zweier Weltkriege konterkariert hätte. Und so zwangen die westeuropäischen Regierungen Deutschland in ein Entmachtungsprojekt namens Euro und EU, das durch seine zwischenstaatliche Umverteilungsmaschinerie und eine Weichwährung auf eine wirtschaftliche und politische Lähmung Deutschlands abzielte. Dieses Ziel wurde erreicht, zumal die russische Regierung unter Boris Jelzin und vor allem Wladimir Putin in Wahrheit ebenfalls keinen wirklichen Schulterschluss mit Deutschland im Sinne einer Interessenabgrenzung in Osteuropa suchte, sondern sich immer noch als zweitstärkste Atommacht auf Augenhöhe mit den USA sah und weiterhin das Ziel einer unbedingten Revision des friedlichen Zusammenbruchs der Sowjetunion verfolgte.
Die Folge dieser multilateralistischen Politik auf Kosten Deutschlands war, dass für die Sicherheitsinteressen der Ukraine, der baltischen Staaten und der Staaten des ehemaligen Warschauer Pakts nur eine unzureichende Notlösung gefunden werden konnte: die berühmte Nato-Osterweiterung. Sie war das Ergebnis der gewollten wirtschaftlichen, politischen und damit auch militärischen Verzwergung Deutschlands und des Misstrauens der osteuropäischen Regierungen gegenüber dem einstigen Kriegsgegner, angeführt von Polen. Da sich aber vor allem Polen, Lettland, Estland und Litauen auch von Moskau bedroht fühlten, blieb nur die transatlantische Alternative, die jedoch zwei unlösbare Konflikte heraufbeschwor.
Der erste Konflikt entstand in den USA, genauer gesagt mit jener bislang nicht mobilisierten Wählerschaft außerhalb der großen Zentren an der Ost- und der Westküste. Seit 1917 war es allen US-Regierungen im jeweils entscheidenden Moment zwar gelungen, eine Mehrheit der Wähler für ein militärisches Engagement in Europa zu mobilisieren. 2016 scheiterte Hillary Clinton daran, ihre Landsleute davon zu überzeugen, dass sich nach zwei Weltkriegen und einem Kalten Krieg 400 Millionen Europäer immer noch von 340 Millionen Amerikanern beschützen lassen müssen. Donald Trump gab damals der schweigenden Mehrheit zwischen Minnesota und Texas eine Stimme und damit das Signal zum Ausstieg der USA aus dem Multilateralismus und zur Rückkehr zu einer offenen Großmachtpolitik, gestützt auf die realen geopolitischen und wirtschaftlichen Interessen der USA.
Der zweite Konflikt, den die Nato-Osterweiterung schuf, war die permanente Gefahr, dass die Nato in die Konfrontation zwischen Moskaus Bestreben einer Revitalisierung der Sowjetunion und den Freiheitswünschen der ehemaligen sowjetischen Teilrepubliken hineingezogen wird und Russland das Ausgreifen der USA auf ehemals sowjetische Territorien wie die Ukraine als ernste Bedrohung empfindet.
Anstatt die Zeichen der Zeit zu erkennen, verlor sich das (T)Raumschiff Brüssel in utopischen Selbstschädigungsprojekten wie der ungebremsten Massenmigration, der Rettung des Weltklimas und einer allgemeinen Überdehnung durch die immer umfassendere Alimentierung der meisten Mitgliedstaaten durch den nahezu einzig verbliebenen Nettozahler Deutschland. Die EU hatte sich damit aller Möglichkeiten beraubt, die wirtschaftlichen Voraussetzungen für eine militärische Abwehr äußerer Bedrohungen zu schaffen und sich wegen ihres grünen Klima-Sozialismus in die energiepolitische Abhängigkeit von Russland und neuerdings der USA begeben.
Als Putin im Februar 2022 die Gelegenheit nutzte, um – auch angesichts einer infolge der schweren Erkrankung ihres Präsidenten handlungsunfähigen USA – die Ukraine im Handstreich zu nehmen und mit einer prorussischen Regierung wieder an Moskau zu binden, lag das Kind schon im Brunnen, denn Russland hatte sich im Gegensatz zur traumtänzerischen EU mit den schon vor Jahren gegründeten Kooperationsbündnis Brics gegen mögliche Sanktionen und Lieferboykotte abgesichert.
Wir wissen alle, wie der letzte Akt dieses Dramas verlaufen wird. Die Europäer, allen voran Deutschland, werden voraussichtlich über Jahre Friedenstruppen entlang der über tausend Kilometer langen Frontlinie zur Sicherstellung des Waffenstillstands stationieren müssen. Die deutschen Steuerzahler bezahlen den Wiederaufbau in der Ukraine und die von Ursula von der Leyen zugesagten Waffenbestellungen in den USA. Die eineinhalb Millionen Ukrainer, die sich immer noch als Kriegsflüchtlinge in Deutschland aufhalten, werden genauso bleiben und weiter alimentiert werden wie weiland die jugoslawischen oder syrischen Kriegsflüchtlinge, die bis auf wenige Ausnahmen nie in ihre Heimatländer zurückgekehrt sind.
Dabei hätte Deutschland mit dem Krieg in der Ukraine, auch nach dem Wortlaut des maßgeblichen Abkommens, nicht das Geringste zu tun, denn nur die USA, Großbritannien und Russland haben sich vertraglich verpflichtet, die territoriale Unversehrtheit der Ukraine in den Grenzen des Jahres 1991, also inklusive der Halbinsel Krim, zu garantieren. Das ist jedenfalls der Inhalt des 1994 in Budapest zwischen den USA, Russland, Großbritannien und der Ukraine abgeschlossenen und längst in Vergessenheit geratenen Abkommens namens Budapester Memorandum. Damals verpflichtete sich die ukrainische Regierung, die auf dem Territorium der Ukraine immer noch befindlichen Atomwaffen der einstigen Sowjetarmee an Russland zu übergeben, um sich im Gegenzug die Unverletzlichkeit der ukrainischen Grenzen garantieren zu lassen. Im Falle eines russischen Angriffs auf die Ukraine hatten sich die USA und Großbritannien zum Beistand verpflichtet. Als es zum Ernstfall kam, wollten allerdings beide Regierungen nichts mehr davon wissen. Sie schoben die EU und Deutschland vor, die heute die Kriegslasten tragen und für die ukrainischen Schulden haften. Die sich aufdrängende Frage, warum Deutschland all dies mit sich machen lässt, ist rasch beantwortet:
Ein Land, das von Massenmedien beherrscht wird, die seit Jahren die Idee der Definition und Wahrnehmung eigener Interessen verteufeln und jede politische Idee dazu schon im Ansatz ersticken, muss zwangsläufig in eine Massenpsychose taumeln, in der große Teile der deutschen Bevölkerung und ihrer Funktionseliten fremde Länder inbrünstiger verteidigen wollen als deren eigene Einwohner. Andernfalls würden sich nicht auf Kosten der deutschen Steuerzahler eineinhalb Millionen Ukrainer hierzulande aufhalten, anstatt ihr eigenes Land zu verteidigen
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