Skurriles aus der letzten Woche: Bayern beweist seine Kriegstüchtigkeit
Ministerpräsident Söder zuletzt mit überraschenden Erkenntnissen
von Christian Paulwitz drucken

Im Grunde war ja schon der Samstag vor einer Woche der Auftakt zu einer Reihe von Tagen, die uns vor Augen führten, was Ministerpräsident Markus Söder dann am Freitag, den 3. Oktober, mit den bedeutungsschwangeren Worten „Wir sind nicht mehr ganz im Frieden“ zusammenfasste. Staatsmännisch. Der Gefahr kühn und unerschrocken ins Auge sehend, aber doch darum bedacht, nicht etwa durch unbedachte Wortwahl Panik im Volk auszulösen. Es ist ja nun auch nicht so schlimm, wie wenn etwa eine Grippewelle bevorstünde, die das Volk hinwegzuraffen drohe, wie weiland im Jahre des Herrn 2020 und folgende.
Was war geschehen? Zunächst, an ebenjenem Samstag, hatte das Oktoberfest in München irgendwann im Laufe des Tages wegen Überfüllung die Zugänge geschlossen. Eine Durchsage auf dem Gelände lautete allerdings: „Das Festgelände ist geschlossen. Bitte verlassen Sie geschlossen das Gelände und gehen Sie Richtung Hauptbahnhof. Gehen Sie nicht mehr in die Zelte! Die U-Bahn ist geschlossen.“ War wohl ein kleiner Test für den Ernstfall. Einige Besucher assoziierten da nämlich etwas anderes, als dass man keine Besucher mehr aufs Gelände ließ, weil sich bereits so viele dort befanden, sondern dachten womöglich, dass da etwas ganz anderes los sei, eine unübersichtliche Lage, in der man die Menge mit unbestimmten Worten vorbereitete, damit keine Panik ausbreche. Natürlich brach da bei einigen Panik aus, wenn es auch immerhin nicht zu einer größeren Massenpanik kam.
Die erste Feuerprobe war bestanden.
Doch der Blick Söders geht bereits weiter. Es drohen die Drohnen. Was Söder alles plant: ein Rüstungsgesetz – zur Umstellung von der Automobilproduktion (weg mit dem Blödsinn, den keiner braucht) auf Rüstungsgüter. Bayern ist modern – und Drohnen sind auch modern. Klar, wo’s langgeht. Ja, und dann sind da noch die Drohnen der anderen, die muss man natürlich abschießen. Das kann doch künftig auch die bayerische Polizei machen. Bayern sei da in sehr enger Abstimmung mit dem Bund, sagt Söder. Das klingt auch viel besser, viel staatsmännischer als zu sagen, er habe mit Bundsinnenminister Dobrindt (ebenfalls CSU) jüngst mal eine Mass zu viel getrunken.
Derweil sieht Söder auch äußerlich immer kriegstüchtiger aus. Unrasiert und fern der Heimat. Ein Franke, den die Pflicht nach München gerufen hat. Man kann es sich nicht immer aussuchen, wo einen der entbehrungsreiche Dienst fürs Vaterland hinbeordert, das kann sich nur jeder gesagt sein lassen. Wir sind nicht mehr ganz im Frieden. Schon gar nicht die Regierung; und die Untertanen noch viel weniger, denn die haben schließlich eine Regierung.
Am Mittwoch gab es in München dann Szenen, die man sonst nur aus Berlin kennt: drei brennende Fahrzeuge, ein brennendes Haus, noch dazu voller Sprengfallen. Kleiner Familienstreit. Der Täter wurde von der Polizei zur Strecke gebracht und hatte praktischerweise noch einen Brief mit einer Bombendrohung gegen das Oktoberfest dabei. So jedenfalls die überaus vertrauenswürdige offizielle Nachrichtenlage. Die Kriegstüchtigkeit Bayerns um den 1. Oktober herum ist eng mit der Wies’n verknüpft. Ich nehme an, regelmäßige Besucher dieses Festes und nicht zuletzt die Anwohner werden das bestätigen können. Und so erlebte die Theresienwiese zum zweiten Mal innerhalb von nur einer Woche den Ernstfall: Sie öffnete nicht – am 1. Oktober! Oder erst spät nachmittags, nach 17 Uhr. Die Bayerische Wochenschau nahm dies dann zum Anlass, Stimmen einiger Besucher hochauthentisch einzufangen: man fühle sich sicher, wo die Sicherheitsbehörden ja gezeigt hätten, dass sie mit Umsicht handelten; volles Vertrauen und so weiter. Tapfere Bürger und weise Behörden. Bayern ist bereit für ganz Großes!
Das ist auch notwendig, denn bereits am Freitag spitzte sich die mediale Bedrohungslage weiter zu. Am Donnerstagabend führten Drohnensichtungen „in der Nähe des Münchner Flughafens“ zu einer Sperrung der Start- und Landebahnen. Was die Polizei wusste: es waren unbemannte Flugobjekte. Wie viele, welche Bauart, ob sie eine Gefahr darstellten, weiß sie nicht. Aber sie ermittelt. Vermutlich immer noch. Keine Fotos bekannt, auch keine Handyaufnahmen. 32 Flüge betroffen, 17 wurden gestrichen, 3.000 Reisende betroffen. Es reicht, um zu wissen: „Wir sind nicht mehr ganz im Frieden.“ Das tickerte durch die Nachrichtenkanäle. Söder hier, Söder da. „Wir alle haben eine Vermutung, wer das sein könnte“, sagte er, ließ aber dann doch offen, ob er damit Trump oder Putin meinte – oder vielleicht doch die AfD.
Weil es so schön war, dann am Freitagabend gleich noch einmal: Drohnensichtungen am Flughafen München. Laut „Wirtschaftswoche“ zwei Drohnen gegen 23:00 Uhr, die sich entfernten, bevor sie identifiziert werden konnten. Diesmal waren 6.500 Reisende von der Flughafensperrung betroffen. Und am Samstagmorgen gegen drei Uhr noch einmal das gleiche Spiel. „Ein Sprecher wollte sich allerdings nicht konkret dazu äußern, ob auch tatsächlich eine Drohne im Bereich des Flughafens in der Luft war oder ob es vielleicht auch ein Fehlalarm war.“ Ist ja auch egal – Hauptsache, die Bundeswehr leistet jetzt Amtshilfe bei der Überwachung Bayerns.
Darum geht es nämlich mal wieder: die steigende Drohneninzidenz begründet Maßnahmen. Der Schwindel-Koeffizient dürfte dabei ähnlich hoch sein wie bei massenhaften PCR-Tests. Zufällig hat Innenminister Dobrindt bereits vor einer Woche angekündigt, das Luftsicherheitsgesetz ändern zu wollen, um die Befugnisse der Bundeswehr zu erweitern und festzuschreiben, dass sie zur Drohnenabwehr Amtshilfe leisten darf. Dabei tut sie das schon seit Jahren. Man hat also wohl etwas Neues im Sinn; wie praktisch, wenn es dazu medial begleitet immer wieder medienwirksame Drohnensichtungen gibt. Bis das Gesetz fertig ist, würde ich empfehlen, keine Flüge am späten Abend oder frühen Morgen über den Heimatflughafen des Bundesinnenministers zu buchen, falls Sie Wert darauf legen, pünktlich anzukommen. Mit erhöhter Drohneninzidenz und Flughafensperrungen ist zu rechnen.
Die Begleitmusik liefert Sprücheklopfer Söder. Dass wir „nicht mehr ganz im Frieden sind“, haben wir ja spätestens 2020 verstanden. „Wir müssen uns wehren“, fordert er, und „wir können uns das nicht mehr gefallen lassen“. Hört, hört. Nachdenklich blicke ich auf den Brief vom Finanzamt, den ich eben aus dem Briefkasten geholt habe.
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