10. September 2025 06:00

Parteiendemokratie Der Charaktertest

Was ist der Unterschied in der Persönlichkeit zwischen Politiker und Antipolitiker?

von Oliver Gorus drucken

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Bildquelle: Zwiebackesser / Shutterstock Ob heute oder in der Vergangenheit – in der Politik geht es stets um Macht: „Lieber der Erste hier als der Zweite in Rom“ (Julius Cäsar)

Politik zieht generell Leute an, in deren Persönlichkeit das Motiv, Macht über andere Menschen zu erlangen und auszuüben, dominant ist. Das ist logisch und liegt daran, dass das Mittel zum Zweck in der Politik Macht ist. Das ist ganz natürlich und nicht änderbar, es liegt im Wesen der Politik, denn die ist im Grunde nichts anderes ist als die Beraubung von Gruppen zugunsten anderer Gruppen mittels Zwangs – und man kann nur jemanden zu etwas zwingen, über den man Macht hat.

Auch eine „Politik“, die die Reduzierung von Politik als Ziel ausgibt, also Antipolitik betreiben will, um wieder mehr Freiheit für alle zu ermöglichen, muss sich parteilich organisieren, denn so sieht es das existierende politische System vor. Wenn also Bürger Antipolitik in der realen Welt umsetzen wollen, müssen sie Politiker sein oder werden und eine Partei gründen oder eine bestehende Partei auf Antipolitik umdrehen.

Aber selbst in einer freiheitlichen, wirklich antipolitischen Partei, egal, wie sie sich organisiert, werden sich die Machtorientierten automatisch und ganz natürlich durchsetzen, weil ihr Metier, Fokus und Talent von Haus aus das Beherrschen von Gruppen ist.

Diejenigen Mitstreiter, die niemanden beherrschen wollen, weil Macht nicht ihr dominantes Motiv ist, werden prinzipiell keine innerparteiliche Handlungsfähigkeit erlangen und ihre Ansichten im Endeffekt nicht durchsetzen können. In politischen Parteien ist primär nur Macht wirksam. Wenn dort Macht und Vernunft einander in einer Sache widersprechen, wird sich Macht durchsetzen. Wenn Macht auf Kurzfristdenken und Taktik setzt, wird sie alle Stimmen, die auf die Langfristperspektive und Strategie setzen, eine nach der anderen ausschalten. Wenn Macht eine Personalie will, zum Beispiel zum Machterhalt, werden jene, die bei dieser Personalie zur Vorsicht raten, nicht wirksam werden. Die Nicht-Machtorientierten sind „Gruppe“ und dazu da, sich unterzuordnen. Und Leute, die sich nicht unterordnen, also nicht beherrscht werden wollen, ertragen das nicht und werden darum gar nicht erst Teil dieser Gruppe oder wenden sich schnell ab.

Die Sortierung mit dem Kriterium „Wille zur Macht“, ja oder nein, findet also bereits äußerlich durch Zugehörigkeit statt, nicht erst durch die inneren Parteimechanismen. Parteien bilden in Wahrheit somit auch gar keine politischen Milieus ab, sondern konzentrieren stets die Machtorientierten der jeweiligen Milieus, während beispielsweise Ergebnis- oder Beziehungsorientierte innerhalb eines Milieus in Parteien unterrepräsentiert bleiben. Das ist in den Medien und in Lehrerkollegien übrigens ganz ähnlich.

Die entscheidende Frage für Freiheitliche, sowohl für die, die überlegen, bei einer solchen freiheitlichen Antipartei mitzumachen, als auch für jene, die überlegen, sie bei einer anstehenden Wahl zu wählen, ist dann letztlich, ob sich die dominanten Machtpolitiker einer freiheitlichen, antipolitischen, antietatistischen Partei in ihren persönlichen Eigenschaften von den dominanten Machtpolitikern der offen freiheitsfeindlichen etatistischen Parteien überhaupt unterscheiden. Also nicht in den politischen Inhalten, sondern auch in den Charaktereigenschaften.

Ich halte das für möglich, aber nicht für zwangsläufig gegeben. Freiheitliche Inhalte sorgen sicherlich dafür, dass relativ mehr antipolitische und damit von anderen Motiven als der Machtausübung angetriebene Leute angezogen werden – aber sie determinieren eben gerade nicht die persönlichen Eigenschaften der innerparteilichen Machthaber, die sich eher aus der Natur und dem Verhalten des Menschen als aus den politischen Inhalten ergeben.

Die FDP hat das bewiesen. Sie hat mit Worten stets ein freiheitliches Programm vorgegeben und an der Basis viele antietatistische Leute versammelt – um dann, sobald die Parteielite die Macht dazu hatte, die Freiheit mit Taten ohne mit der Wimper zu zucken einzuschränken, was nur mit der charakterlichen Deformation durch korrumpierende Machtposten in Partei und Staat erklärbar ist, was Korrumpierbarkeit voraussetzt. Schlechter Charakter sticht gutes Programm.

Hier wirkt sich nicht die viel beschworene Promotion von Inkompetenz durch Negativauslese in den Parteien aus, sondern die Promotion von negativen persönlichen Eigenschaften durch die parteiliche Gruppendynamik.

Wenn eine freiheitliche Partei also nicht umfallen und durch Pöstchen und Pensiönchen, durch Aufmerksamkeit und Wirksamkeitserfahrung korrumpiert werden soll, sobald es ernst wird, dann müssen diejenigen, die die Partei oder die sonstigen dazugehörenden Organisationen beherrschen und die, wie gesagt, unvermeidlich machtorientiert sind, in ihren persönlichen Eigenschaften aus anderem Holz geschnitzt sein als die Mächtigen der freiheitsfeindlichen Parteien.

Wenn es nun so wäre und es diesen Unterschied beim Führungspersonal tatsächlich gäbe und ein freiheitliches Profil in der Spitze andere Typen von Machtpolitikern anzöge, was würde dann den Unterschied machen und wie könnte der Wähler das erkennen?

Ist es Ehre? Ehrlichkeit? Aufrichtigkeit? Ethik? Selbstkritik? Bescheidenheit? Und worin beziehungsweise in welchen Situationen würde sich das zeigen?


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