10. Dezember 2025 14:00

Kriegsdebatte Friedensgefahr!

Eine kritische Analyse der Kriegsethik und geopolitischer Strategien

von Andreas Tögel drucken

Friedensgefahr: Zerbrochenen Waffen und Grenzsteine
Bildquelle: e-Redaktion Friedensgefahr: Zerbrochenen Waffen und Grenzsteine

Seit dem Jahr 1991 wird in Deutschland das „Unwort des Jahres“ gekürt. Preisträger der zurückliegenden sechs Jahre waren 2024: „biodeutsch“, 2023: „Remigration“, 2022: „Klimaterroristen“, 2021: „Pushback“, 2020: „Rückführungspatenschaften“ und 2019: „Klimahysterie“. Damit ist klar, wes Geistes Kinder die Angehörigen der aus Sprachwissenschaftlern und Journalisten gebildeten „unabhängigen Kommission“ sind, die über die Kür entscheiden: politisch hyperkorrekt, doppelt moralinsauer und – was sonst – ultralinks.

Da die Progressiven ihre naive „Schwerter-zu-Pflugscharen-Ideologie“ inzwischen abgelegt und durch eine ausgeprägte Kriegsgeilheit ersetzt haben, ist kaum damit zu rechnen, dass das vom Politikwissenschaftler Herfried Münkler im Kontext des Ukrainekrieges geprägte Wort „Friedensgefahr“ eine Chance auf den begehrten Titel hat. Denn Ironie zählt ja bekanntlich nicht zu den Stärken der Linken.

Münkler argumentiert, dass ein „falscher Frieden“ die geopolitische Ordnung destabilisieren würde, weil Russland daraus Stärke ziehen könnte. Derlei Argumente hört man nicht nur aus seinem Munde. So wird beispielsweise getrommelt, dass Grenzen nicht gewaltsam verändert werden dürften (auf dem Balkan allerdings schon, als die Nato 1995 und 1999 mit rein humanitären Bombenangriffen in den tobenden Bürgerkrieg im Rahmen des Zerfalls Jugoslawiens eingegriffen hatte). Russland, so heißt es, dürfe keinesfalls durch Gebietsgewinne für seine Aggression belohnt werden! Außerdem sei ein „gerechter Krieg“ besser als ein „schlechter Frieden“. All diesen Narrativen ist gemein, dass sie von Menschen aufgestellt werden, die mehrheitlich nie „gedient“ und/oder je einen scharfen Schuss abgegeben haben. Besserwisserische Couchstrategen, die ohne Wimpernzucken bis zum letzten Ukrainer gegen die offensichtlich überlegenen Russen kämpfen wollen.

Dieser Spezies von Supermoralisten sei Folgendes ins Stammbuch geschrieben: Wer sich auf eine „regelbasierte Ordnung“ beruft, muss auch über die notwendigen Mittel verfügen, um diese Regeln durchzusetzen. Denn – welche Überraschung – es wird immer jemanden geben, der sich um geltende Regeln nicht schert – im vorliegenden Fall eben die russische Führung (lassen wir an dieser Stelle beiseite, ob Zar Putin eventuell „gute Gründe“ für den durch ihn begonnenen Angriffskrieg hatte). Die europäischen Großmäuler, die es offenbar nicht erwarten können, Euroland in einen heißen Krieg gegen Russland zu stürzen, verfügen allerdings über keinerlei Mittel – weder die wirtschaftlichen noch die militärischen –, um die Russen in ihre Schranken weisen zu können. Europa hat seine Impotenz in den zurückliegenden drei Jahren ja überdeutlich demonstriert. Viel moralisiert, aber nichts erreicht! Bis heute gilt Stalins zynisches Diktum „Derjenige, der über die meisten Divisionen gebietet, hat recht.“

An dieser Stelle sei ein weiterer Mann zitiert, der es wissen musste, nämlich der „Vater des totalen Krieges“, William Tecumseh Sherman, der während des US-Sezessionskrieges den Süden der Staaten verwüstete, um die Lebensgrundlagen und die Moral der Zivilbevölkerung zu zerstören. Er stellte fest: „Nur jene, die nie einen Schuss abgefeuert oder die Schreie und das Stöhnen der Verwundeten gehört haben, schreien nach Blut, Rache und Verwüstung. Krieg ist die Hölle.“ Kann ein „schlechter Frieden“ schlimmer sein als die Hölle?

Und an die Adresse der Rüstungsindustrie-Lobbyisten gerichtet: Fürst Otto von Bismarck, ein politisches Genie mit scharfem Blick für Geopolitik, stellte fest: „Ich kenne hundert Möglichkeiten, den russischen Bären aus seiner Höhle zu ziehen, aber keine, um ihn zurückzuziehen.“ Keiner der Befürworter eines Nato-Beitritts der Ukraine scheint dieses Zitat je gehört oder seine Bedeutung verstanden zu haben.

Den nationalen und supranationalen Kollektivisten, die sich in ihrer Verblendung gar nicht lautstark genug für einen Beitritt der Ukraine zur EU starkmachen können, sei geraten, die Konsequenzen zu überdenken: Die europäischen Landwirte könnten allesamt einpacken, weil sie gegen die ukrainische Agrarmacht nicht erfolgreich konkurrieren könnten. Außerdem würden sämtliche verfügbaren Mittel der EU in den kommenden Jahrzehnten in der Ukraine versenkt werden – was übrigens schon vor Kriegsbeginn der Fall gewesen wäre. Die bisherigen Empfängerländer der EU würden dann zu Nettozahlern mutieren und damit den Hauptgrund verlieren, weshalb sie überhaupt der Union beigetreten sind. Es wäre der Anfang vom Ende der EU (am Ende also vielleicht doch etwas Gutes?).

Namhafte Denker der Geschichte, wie Platon, Aristoteles, Cicero, Augustinus von Hippo und Thomas von Aquin, haben sich mit der Idee des „gerechten Krieges“ auseinandergesetzt. Bis heute prägen ihre Ideen die Debatten über Kriegsethik und internationale Politik. Tatsache aber ist, dass keiner dieser gelehrten Theoretiker jemals Schlachtenlärm gehört oder selbst persönlich an Kriegshandlungen beteiligt war. Und von der Studierstube aus sehen die Dinge eben anders aus als an der Front.

Die Zeiten, in denen politische Führer wie Alexander der Große, Julius Caesar, Richard Löwenherz, Gustav Adolf II. oder Napoleon Bonaparte an der Spitze ihrer Truppen gegen den Feind zogen, sind lange vorbei. Heute pflegen die – zumeist alten – Initiatoren kriegerischer Handlungen, im atombombensicheren Bunker weitab der Front zu hocken, während junge Männer zu ihrer höheren Ehre im Feld krepieren.

Es liegt auf der Hand, dass die Kriegsbereitschaft politischer Akteure in umgekehrt proportionalem Verhältnis zu ihrer Nähe zum Schlachtfeld steht. Hätten Von der Leyen, Kallas, Merz, Starmer, Macron und all die anderen halbgaren europäischen Figuren ernsthafte Aussichten darauf, dass sie selbst oder ihre Anverwandten in einem allfälligen Krieg gegen Russland sterben könnten, – ihre Kriegslüsternheit würde rasch und nachhaltig abkühlen!

Seitdem Männer vom Kaliber Adenauers, Schumanns und De Gasperis – später noch Helmut Schmidts und Helmut Kohls – Geschichte sind, ist den politischen Eliten Eurolands jede Weitsicht, jedes über den Augenblick hinausreichende Verantwortungsbewusstsein und jede charakterliche Integrität abhandengekommen. Kein Wunder, dass die aktuelle US-Regierung sich immer weiter von Euroland abwendet.


Sie schätzen diesen Artikel? Die Freiheitsfunken sollen auch in Zukunft frei zugänglich erscheinen und immer heller und breiter sprühen. Die Sichtbarkeit ohne Bezahlschranken ist uns wichtig. Deshalb sind wir auf Ihre Hilfe angewiesen. Freiheit gibt es nicht geschenkt. Bitte unterstützen Sie unsere Arbeit.

PayPal Überweisung Bitcoin und Monero


Kennen Sie schon unseren Newsletter? Hier geht es zur Anmeldung.

Artikel bewerten

Artikel teilen

Kommentare

Die Kommentarfunktion (lesen und schreiben) steht exklusiv nur registrierten Benutzern zur Verfügung.

Wenn Sie bereits ein Benutzerkonto haben, melden Sie sich bitte an. Wenn Sie noch kein Benutzerkonto haben, können Sie sich mit dem Registrierungsformular ein kostenloses Konto erstellen.