09. März 2024 07:00

Wie sich die Freeskiing-Szene die Freiheit zurückholt Von Institutionen lösen und parallel etwas Eigenes aufbauen

Die Jib League – eine Erfolgsstory sucht Nachahmer

von Manuel Maggio

von Manuel Maggio drucken

Artikelbild
Bildquelle: Federico Rostagno / Shutterstock Freeskiing: Unvereinbar mit Reglementierung

Auch wenn sich die Winter- und somit Skisaison langsam dem Ende zuneigt, möchte ich heute über eine Freeski-Doku berichten. Empfohlen wurde mir diese von meinem Kollegen Peter. Bei den Voluntaristen haben wir auch schon ein kleines Gespräch dazu aufgezeichnet. Der Name der Doku lautet: „The League || A Future for Freeskiing“ und ist auf Youtube (siehe untenstehenden Link) zu finden.

Wenn Sie sich jetzt fragen, was Freeskiing mit Freiheit zu tun hat, dann geht es Ihnen wie anfangs auch mir. Doch keine Sorge, ich werde Sie wie gewohnt beim Thema Freiheit nicht enttäuschen –doch zunächst ein paar Fakten und etwas Hintergrundwissen. Freeskiing beschreibt das Freestyle-Skifahren. Man springt über meterhohe Sprungschanzen und macht dabei die verrücktesten Drehungen und Saltos. Neben dem Springen finden sich in den sogenannten „Snowparks“ auch andere Hindernisse wie beispielsweise Rails oder auf der Skipiste montierte Eisenrohre; angelehnt an das klassische Treppengeländer. Früher befanden sich die Snowparks klar in den Händen der Snowboarder, doch mittlerweile sieht das ganz anders aus. Freeskiing ist zum Trend geworden und findet somit zunehmend Anhänger.

Wie auch beim Snowboarden ist das Freestylen mit Skiern eine ganz andere Form des Sports und hat nichts mit einem klassischen Rennen zu tun. Die Kreativität und auch das Verlassen vorgegebener Regeln sind eigentlich direkt in den Freestylern verankert. Aufgrund der hohen Popularität ist es auch nicht verwunderlich, dass Freeskiing vor zehn Jahren als olympische Disziplin aufgenommen wurde. Die Urformen im Wettkampf waren das Kunstskilaufen und die Buckelpiste, was beides nicht mit den neuen Formen vergleichbar ist.

Das Freeskiing wurde durch Olympia und ebenso durch andere große Wettkämpfe nicht nur reglementiert, nein, es wurde regelrecht industrialisiert. Neben dem Fahren einer Halfpipe gibt es bei den großen Wettkämpfen auch das Parkfahren oder die Big Air Jumps, doch aufgrund der Reglementierung wurde leider die Kreativität eingeschränkt. Die Bewertung erfolgt immer durch ein Gremium und eine Jury, die die Sprünge und Tricks nach einem vorher festgelegten Schema beurteilen – vergleichbar mit der Bewertung beim Eiskunstlauf, wie ich finde.

Jetzt könnte man sagen, dass dies doch eine feine Sache sei, wenn es nun Freestyle auch bei Olympia gibt. Doch wie so oft liegt der Fehler im Detail, oder anders: Der Fisch fängt am Kopf an zu stinken.

Noch im Jahr 2022 nahm Freeskiing-Profi Ferdinand Dahl mit dem norwegischen Nationalteam zum zweiten Mal an den Olympischen Spielen teil. Danach beschloss er, dass dies sein letztes Mal bei Olympia gewesen sein sollte, und verließ das norwegische Nationalteam. Dem Norweger war schnell klar: Der Versuch, auf starre Organisationen oder Verbände Einfluss zu nehmen, wird nicht den gewünschten Erfolg bringen. Wenn sich etwas in ihrer Sportart, dem Freeskiing ändern soll, dann müssen die Sportler es selbst in die Hand nehmen. Gesagt, getan. Zusammen mit James Woods und Øystein Bråten gründete er ein neues Wettkampfformat, genannt die „Jib League“.

Das neue Konzept löst sich von den Ketten der Punktrichter und der Industrie und lässt die Sportart wieder auf einem ganz anderen Niveau erblühen. Der Wettkampf findet an drei Tagen statt, und an jedem Tag wird jeweils ein anderes Segment im Snowpark gefahren und bewertet. Die Jury besteht nicht aus externen Verbandsvertretern, sondern aus den Fahrern selbst. Jeder Fahrer des Wettkampfes gibt am Ende eines Tages seine Top-3-Fahrer in die Gesamtwertung ein. Dabei gibt es keine Regeln, welche Tricks bewertet werden dürfen; jeder Fahrer kann machen, was er möchte, und somit seiner Kreativität freien Lauf lassen. Die Bewertung ist also rein subjektiv, wird aber trotzdem sehr ernst genommen, da man ja von seinen Kollegen und Mitstreitern direkt beurteilt wird.

Der Erfolg spricht für sich, und ich bin gespannt, wie sich dieses Projekt weiterentwickeln wird. Anstatt sich über die Vereinnahmung einer Sportart durch Verbände und Verwaltung aufzuregen, hat man hier einfach etwas völlig Neues geschaffen, und das ganz ohne riesiges Budget oder gar staatliche Subventionen. Meiner Ansicht nach ist dies ist auf sehr viele Bereiche im Leben übertragbar. Man muss ja nicht gleich einen Backflip machen …

Kreativität kann nicht in Rahmen und Regeln gebunden werden. Sie muss frei sein, damit sie sich entfalten kann.

THE LEAGUE || A Future for Freeskiing


Sie schätzen diesen Artikel? Die Freiheitsfunken sollen auch in Zukunft frei zugänglich erscheinen und immer heller und breiter sprühen. Die Sichtbarkeit ohne Bezahlschranken ist uns wichtig. Deshalb sind wir auf Ihre Hilfe angewiesen. Freiheit gibt es nicht geschenkt. Bitte unterstützen Sie unsere Arbeit.

PayPal Überweisung Bitcoin und Monero


Kennen Sie schon unseren Newsletter? Hier geht es zur Anmeldung.

Artikel bewerten

Artikel teilen

Kommentare

Die Kommentarfunktion (lesen und schreiben) steht exklusiv nur registrierten Benutzern zur Verfügung.

Wenn Sie bereits ein Benutzerkonto haben, melden Sie sich bitte an. Wenn Sie noch kein Benutzerkonto haben, können Sie sich mit dem Registrierungsformular ein kostenloses Konto erstellen.