30. April 2024 11:00

Top Spin: Der Mai Tanz oder Terror?

Wie der Übergang in den Mai entscheidet, wer du bist

von David Andres

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Bildquelle: Shutterstock Tag der Arbeit heißt nicht selten: Arbeitslose Randalierer „demonstrieren“, tatsächliche Arbeiter erholen sich

Eine polemische Überschrift, ich weiß. Ein polemischer Untertitel noch dazu. Aber Sie lesen gerade, oder? Und im Optimalfall sind Sie sogar jemand, der die Freiheitsfunken in diesem Augenblick entdeckt.

Was machen Sie am Abend des 30. Aprils und somit am Vormittag des Maifeiertags, des „Tags der Arbeit“, einem „internationalen Kampftag der Arbeiterklasse“, der 1886 mit dem Aufbegehren der Fabrikarbeiter in Chicago seinen Anfang nahm und damals am 3. Mai in dem legendären „Haymarket Riot“ kulminierte?

Wenn Sie am 30. April abends in den Mai tanzen und somit den Maifeiertag nutzen, um sich von der wilden Sause am Vorabend zu erholen, gehören Sie zu den Menschen, die das Leben abseits von Ideologien genießen, sich zunächst um sich und ihre Liebsten kümmern und – so sagt es die Erfahrung der Gegenwart – höchstwahrscheinlich tatsächlich arbeiten.

Nehmen Sie hingegen am Abend des 30. April lediglich Anlauf, um sich am Vormittag des 1. Mai zu den „Demonstrationen“ zu begeben, die vor allem in Berlin und anderen großen Städten nichts anderes als kindische, zerstörerische „Chaostage“ sind, gehören Sie sehr wahrscheinlich zu den Menschen, die im besten Fall immer noch an dem Gedanken festhalten, dass der Sozialismus diese eine, perfekte Idee ist, die nach ein paar Zumutungen bei der Implementierung letzten Endes in eine hierarchierfreie Utopie freier Menschen führt, in der jeder nach seinen Talenten agieren darf und stets bestens versorgt ist. Aber in diesem Fall lesen Sie spätestens hier nicht weiter und melden stattdessen dieses Magazin bei einer der neuen Stasi-Stellen von Frau Faeser und ihren angeschlossenen Anstalten… weil Sie so hierarchiefrei denken.

Bleiben wir also bei dem „Spin“, den die beiden völlig unterschiedlichen Rituale „Tanz in den Mai“ und „Erster Mai“ der Gesellschaft im Allgemeinen und der Psyche des Einzelnen im Speziellen geben. Der Tanz, das ist ohnehin Freude, Geselligkeit, in Zeiten der Dauerkrise auch ein gelassener Stinkefinger in Richtung des Hauptinteresses, dass die herrschenden Kräfte derzeit haben – uns rund um die Uhr in Panik zu versetzen. Nein, wer tanzt, wer feiert, der ist auf neue Art subversiv geworden, seit Politik im Verbund mit Massenmedien nur noch durch die Induktion von Angst und hohen Cortisolspiegel agiert. Der scheißt auf Klimaangst und Geheimtreffen, auf Trump-sei-bei-uns und die Tigermücke. Hinzu kommt, dass derlei Veranstaltungen meistens im Ländlichen stattfinden und in Lokalitäten, die einzelnen Gastronomen gehören, die persönlich sind, unabhängig, klein und auf sympathische Weise „uncool“.

Was für ein Unterschied, wenn jemand den ersten Monat des vollen Frühlings begrüßt, indem er das Leben feiert, statt sich dem „Todestrieb“ des Sozialismus hinzugeben bei Veranstaltungen, die vorgeben, an „Arbeiterrechte“ zu erinnern, mehrheitlich aber von Leuten betrieben werden, die „Arbeiter*innenrechte“ schreiben würden, während sie selber darauf hoffen, den Weg aus dem AStA einer Universität, in den ihre Clique sie sie bei 2,5 Prozent Wahlbeteiligung hineingeschoben haben, nahtlos abseits aller Arbeit in die Parlamente zu gehen.

Diejenigen, die stattdessen tanzen und feiern, stellen am 1. Mai womöglich noch auf dem Dorfplatz einen Maibaum auf, einen hohen Stamm mit belassener grüner Spitze und Kranz, den es seit dem 16. Jahrhundert gibt und der ab dem 19. Jahrhundert auch die Freude selbstständiger Gemeinden über ihre Unabhängigkeit verkörperte. Einzelne, kleine Einheiten statt riesiger, bürokratischer Strukturen und Zentralkommittees – noch ein kleiner, sympathischer Spin der Freiheit.

Ich wünsche Ihnen jedenfalls einen guten Maibeginn und ein wenig gelassene Nachsicht, sollten Ihre Kinder derweil in einer Großstadt rebellischen Krawalltourismus gegen das kapitalistische System betreiben, während Sie noch deren Miete für die Studentenwohnung zahlen. Das wächst sich aus. Hoffentlich.

Quellen:

Der Maibaum. Ursprung – Bedeutung – Tradition (vivat!)

Haymarket Affair (Britannica)


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