23. Juli 2024 16:00

Die totalitäre Fratze Compact-Verbot

Eine vielschichtige Inszenierung der Medienkontrolle

von Christian Paulwitz

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Bildquelle: Alexandros Michailidis / Shutterstock.com Hat mediale Mainstream-Opposition kaum zu fürchten: Innenministerin Nancy Faeser

Es ist noch nicht alles gesagt zum Thema. Da fehlt zum Beispiel noch die Stellungnahme des Bundesjustizministers Marco Buschmann (FDP); er soll Gelegenheit haben, eine rote Linie aus liberaler Sicht zu ziehen: „Politiker, die gezielt die Pressefreiheit einschränken wollen, leiden unter einem schwerwiegenden Demokratiedefizit. Sie dürfen daher keine hohen Staatsämter ausüben.“

Sie ahnen es vermutlich: Es gibt einen kleinen Haken an dem Zitat, gefunden von Rechtsanwalt Markus Haintz auf X, vormals Twitter. Es stammt nämlich vom Mai 2019, also aus dem Jahr, bevor die Regierung ihren Propagandaetat für Medienanzeigen vervielfachte und so für eine wohlwollende Berichterstattung zu den Grundrechtseinschränkungen und der folgenden „Impfkampagne“, sagen wir einmal ganz vorsichtig, einen günstigen staatlich gemachten Klimawandel beförderte. Buschmann war zum Zeitpunkt seiner Worte auch noch nicht Justizminister, also interessieren sie ihn heute nicht mehr. Bereits damals war übrigens die Medienkonzernpartei SPD, der die heutige Innenministerin Nancy Faeser angehört, Teil der deutschen Regierung, und stellte mit ihren unzähligen Beteiligungen bestimmt die Unabhängigkeit der Medien sicher. Da die Marktsegmente jedoch sehr unterschiedlich sind, würde ich bei dem von Faeser ausgesprochenen Verbot von Compact zumindest angesichts des möglichen Interessenkonflikts aus ihrer Medienkonzernparteizugehörigkeit noch keine Befangenheit zwingend ableiten.

Das eingangs angeführte Zitat von Marco Buschmann, um dieses Geheimnis noch zu lüften, war vielmehr ein Kommentar zur österreichischen Ibiza-Affäre, in der dem FPÖ-Politiker Heinz-Christian Strache eine Falle gestellt wurde, bei der er Überlegungen zum verdeckten Einstieg in eine große österreichische Zeitung formulierte, was gefilmt wurde.

Erfreulicherweise ruft das Verbot eines Verlags und somit der direkte Eingriff in die Pressefreiheit nun auf breiter Ebene Kritik hervor, nicht nur aus den dem Verlag nahestehenden Kreisen. Freilich nicht in den wesentlichen Kanälen des Staatsfunks und dem von Regierungsgeldern abhängigen Teil der Medienlandschaft. Aber insbesondere die einhelligen, begründeten Kommentare und Bewertungen vieler Rechtsanwälte sind hervorzuheben. Aus dem juristischen Bereich habe ich eigentlich keine Stellungnahme wahrgenommen, die davon ausgeht, dass das Verbot unter Umständen rechtens sein könnte. Ich spare mir an dieser Stelle daher weitere Kommentare hierzu und möchte vielmehr das Zusammenwirken einiger Aspekte der Umsetzung des Verbots durch das Innenministerium beleuchten, die einzeln für sich genommen bereits vielfach diskutiert worden sind.

Zunächst ist da festzustellen, dass es soweit bekannt kein erfolgreiches Strafverfahren gegen den Verlag gegeben hat, in dem versucht worden wäre, ihn in welche Schranken auch immer zu verweisen, um eine weniger weitgehende Maßnahme als ein Verbot anzuwenden. Schließlich sollte ein Verbot nach dem Verständnis einer behaupteten freiheitlichen Grundordnung nur als letztes Mittel in Frage kommen. Lediglich die Nennung als geheimdienstliches Beobachtungsobjekt des sogenannten „Verfassungsschutzes“ bestand zuvor. Daraus sollte man erwarten können, dass vor einem Verbot zumindest im Grundsatz benennbare geheimdienstliche Erkenntnisse vorliegen sollten, um dieses zu begründen. Es werden jedoch nur unkonkrete Vorwürfe angeführt. Öffentlich zugängliche Quellen eines Verlages, dessen wesentlicher Inhalt das Publizieren ist, scheinen zur Verbotsbegründung nicht auszureichen. Die ausgiebige Plünderung der Vereinsräume inklusive der IT-Einrichtungen und Druckerzeugnisse sowie des finanziellen Vermögens ermöglicht in einer juristischen Aufarbeitung des ausgesprochenen Verbots dem Bundesinnenministerium eine ausgiebige, angepasste nachträgliche Begründung, während sie eine darauf ausgerichtete Verteidigung in unglaublicher Weise erschwert. So hat es schon eine besonders destruktive Qualität, dass das Verbot allein durch eine Exekutiventscheidung mit sofortiger Umsetzung, ohne juristische Überprüfung erfolgt.

Vielfach auf Befremden stößt ja die Einbeziehung ausgewählter Medien in den Überfall auf die Verlagsräume und die Privatsphäre des Verlagsinhabers. Rein formal liegt hier gewiss wenigstens eine dienstliche Verfehlung vor, indem offenbar Unbeteiligte im Vorfeld über eine polizeiliche Aktion unterrichtet wurden. Die Öffentlichmachung der Privatsphäre ist eine weitere Ungeheuerlichkeit. Man darf aber mit der Einbeziehung durchaus auch einen – anscheinend auch nicht erfolglosen – Korrumpierungsversuch an den beteiligten Medien sehen. Unabhängig von der Ausrichtung einer Zeitung oder eines Senders sollte dieser zunächst einmal kollegial empfindlich darauf reagieren, wenn die Pressefreiheit mittels Verbots eines Verlags und einer Zeitschrift durch die Regierung eingeschränkt wird. Das Mindeste wäre eine kritische Berichterstattung mit Fragen an unterschiedliche juristische Experten, ob denn dies so rechtens sein könne. Doch wenn das Verbot selbst eine Story ist, die die Regierung dem Sender dank der guten Beziehungen exklusiv zur Verfügung stellt, gibt es einen Interessenkonflikt; ebenso, wie wenn die Regierung auch ein wirtschaftlich bedeutender Anzeigenkunde ist, dem man möglicherweise nicht durch allzu kritische Berichterstattung vor den Kopf stoßen möchte, was eine geringere Berücksichtigung als Anzeigenpartner zur Folge haben könnte. Beides – die Bevorzugung einzelner Medien beim Zugang zu Information wie das wirtschaftliche Abhängig-Machen von Medienorganen durch Regierungsgelder – geht gar nicht, schon allein unter rein ordnungspolitischen Aspekten. Die Regierung macht die Medienorgane gezielt befangen für eine kritische Berichterstattung und korrumpiert somit ihre Kontrollaufgabe. Allein dies kann nicht widerspruchslos hingenommen werden.

Hochinteressant ist auch das Verhalten der auf dem Papier größten Oppositionspartei, der CDU. Wenn es von der Parteispitze erst einmal keinen Kommentar gibt zu einer höchst fragwürdigen und auf wackeligen Beinen stehenden Entscheidung der Regierung, die die Pressefreiheit berührt und somit eine der ganz wesentlichen verfassungsrechtlich verankerten Grundlagen einer freiheitlichen Ordnung, so kann dies – wie im System Merkel gepflegt – bewusste Zurückhaltung sein, mit Koordination der öffentlichen Positionierungen nachrangiger Funktionäre nebst leicht unterschiedlichen Akzenten, um selbst anschließend umso besser als Richtungsgeber wahrgenommen zu werden. Friedrich Merz hätte für eine solche Rolle jedoch zu viel innerparteiliche Opposition. Da er selbst keinen Impuls gegeben hat, haben es andere getan, wie der brandenburgische Innenminister Stübgen (ausgerechnet! Dort wird im September gewählt!), der das Vorgehen der Bundesinnenministerin gegen die Pressefreiheit ohne Einschränkung geradezu begeistert ihrem Duktus folgend gutgeheißen hat.

Ob in Abstimmung mit der Parteispitze oder nicht, spielt am Ende keine große Rolle – die CDU ist festgelegt, der Regierung gegen die Pressefreiheit zu folgen. Selbst wenn ihre Funktionäre aus mehr oder weniger sachlichen Erwägungen Sympathien mit der Entscheidung gehabt hätten, so wäre es ihre Aufgabe als Oppositionsführer gewesen – also zunächst in Person des Fraktionsvorsitzenden –, mindestens einmal Bedenken anzumelden und sich so in der Kritik zu positionieren. Doch sie hat nicht einmal den Versuch unternommen, auch nur den Schein zu erwecken, als konservative Prinzipienwahrer aufzutreten. Und da scheint auch keiner in der CDU ein größeres Problem damit zu haben. Geäußertes Unwohlsein aus der zweiten Reihe ist nicht wahrzunehmen. Auf mich macht die CDU mittlerweile einen Eindruck wie die Inka zur Zeit der spanischen Eroberung, wie es von Igor Schafarewitsch in seinem Buch vom Sozialismus, dem „ewigen Todestrieb in der Geschichte“, beschrieben wird: Da ist keine Initiative mehr; wenn kein Kommando von oben kommt, wo das Händchen zu heben oder eine Sache zu beurteilen ist, herrschen die totale Verunsicherung und Hilflosigkeit. Man ergibt sich einfach in sein Schicksal, das andere bestimmen. Sogar die SPD ist in der Lage, die CDU vorzuführen, nun sie einmal den Geist ihrer revolutionäreren, sozialistischen Brüder gefunden hat, einfach die Möglichkeiten zu nutzen, die das System ihr bietet und vollendete Tatsachen zu schaffen, da es von den schwachen Akteuren des demokratischen Systems geduldet wird.

Insbesondere das passive Verhalten der CDU ergibt angesichts der drei Landtagswahlen im September überhaupt keinen Sinn, es sei denn – ja, es sei denn, da ist noch etwas ganz anderes im Busch, was diese Wahlen viel entscheidender beeinflussen würde.

Quellen:

Rechtsextremistische Vereinigungen „Compact-Magazin GmbH“ und „Conspect Film GmbH“ verboten (Innenministerium)

Harter Schlag gegen die rechtsextremistische Szene: Bundesinnenministerin Nancy Faeser verbietet die „Compact-Magazin GmbH“ (Innenministerium)


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