20. September 2024 18:00

„Bollwerk gegen Rechts“ Der Erfinder der Brandmauer

Die perfide Strategie der Linken

von Thomas Jahn

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Bildquelle: Rob Croes for Anefo / Wikimedia Ehemaliger französischer Staatspräsident Mitterand: War der Erste, der eine Brandmauer errichtete – gegen den Front National

Seit dem Einzug der AfD in das Europäische Parlament 2014 kennen deutsche Wähler das Phänomen der Brandmauer. Volker Kauder, damaliger Vorsitzender der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag und Vorvorgänger von Friedrich Merz, erklärte der damals noch verdutzten bürgerlichen Presse kurz nach den Europawahlen im Mai 2014, dass es keinerlei Zusammenarbeit zwischen CDU und AfD geben werde. Kauder legte großen Wert darauf, die AfD, die zuvor mit den Frontleuten Bernd Lucke, Olaf Henkel und Joachim Starbatty das Etikett honorige „Professorenpartei“ erhalten hatte, in die Nähe der NPD zu rücken. Im Interview mit der „Welt“ hörte sich das auf die Frage, „Erste Unionspolitiker schließen Bündnisse mit der AfD nicht mehr aus“, so an: Kauder: „Wir haben im Präsidium der CDU Deutschlands gesagt: Es gibt keinerlei Zusammenarbeit mit der AfD – aus guten Gründen. Wir empfehlen unseren Landes-, Kreis- und Ortsverbänden, das genauso zu halten.“ Darauf kam das entscheidende Stichwort von der „Welt“: „Sachsens Ministerpräsident Tillich fühlt sich bei der Rhetorik der AfD an die rechtsextremistische NPD erinnert. Würden Sie das auch so sagen?“ Antwort Kauder: „Die NPD sagt: ‚Wir sind nicht das Sozialamt der Welt.‘ Und die AfD formuliert auf einem Wahlplakat: ‚Wir sind nicht das Weltsozialamt.‘ Es gibt schon Hinweise, dass größere Teile der AfD sehr weit rechts verortet sind. Dazu gehört auch, dass Journalisten aus Veranstaltungen geworfen werden, was in einer Demokratie unerträglich ist.“

Im selben Interview verhängte Kauder für die CDU übrigens auch noch Auftrittsverbot in Talkshows, wenn dort gleichzeitig auch AfD-Politiker zugegen sind. Kauders Ziel, der damals sicher im Auftrag seiner Chefin Merkel handelte: ein umfassender Boykott der AfD. Als bemerkenswert sei am Rande noch notiert, dass damals nicht einmal die linke ARD oder das rot-grüne ZDF, geschweige denn eines der zahlreichen Verfassungsschutzämter auf Landes- oder Bundesebene auf die Idee gekommen wäre, die AfD oder einzelne Verbände der Partei als „gesichert“ rechtsextrem einzustufen. Und so wird in der Retrospektive auch die ganze Verlogenheit im Umgang mit der AfD offenbar: Das heutige Brandmarken, Ausgrenzen und die allgemeine Verteufelung der AfD werden bekanntlich mit einem angeblichen Rechtsruck und mit vermeintlich radikalen Führungspersonen wie Björn Höcke, Stephan Brandner oder Maximilian Krah begründet. In Wahrheit ging es aber nie um inhaltliche Positionen oder um Radikalinskis in der Parteiführung. Das beweist der Umstand, dass auch die schon vor Jahren aus der AfD ausgetretenen Parteisprecher Bernd Lucke, Frauke Petry oder Jörg Meuthen von den etablierten Parteien, den meisten Medien und den Funktionseliten ebenso als Parias behandelt wurden wie ihre jeweiligen Nachfolger.  

War Volker Kauder der Erfinder der Brandmauer oder äffte er nur eine Strategie nach, die die Unionsparteien Anfang der 90er Jahre auf die seinerzeitige Konkurrenz von Rechts, nämlich die Republikaner angewandt hatten? Die Ausgrenzung der Republikaner vor über 30 Jahren war zumindest „erfolgreich“, weil das Führungspersonal in CDU und CSU damals hellsichtiger war als heute, denn die Union ging die Ursachen für den Aufstieg der Konkurrenz von Rechts an, unter anderem mit der 1993 in Kraft getretenen Einschränkung des Grundrechts auf Asyl. Damit wurde der größte Teil der Probleme gelöst, die die Ursache für das Aufkommen einer Partei rechts von der Union bildete, während die Jahre 2015 bis heute davon geprägt sind, die undemokratische Ausgrenzung und Kriminalisierung einer neuen Protestpartei in dem Maße zu intensivieren, wie dies gleichzeitig mit den Ursachen geschieht, für die eben jene AfD, quasi als Symptom, gewählt wird. Eine mehr als absurde, ja sogar selbstschädigende und daher natürlich krachend gescheiterte Strategie.

Aber weder Volker Kauder noch sein Fixstern Angela Merkel erfanden die seit vielen Jahren gescheiterte Politik der Brandmauer.

Die Brandmauer ist eine Zersetzungsstrategie der Linken, die erstmals in Frankreich zur Anwendung kam. 1981 gewann mit dem Sozialisten François Mitterrand erstmals der Kandidat der Linken die Präsidentschaftswahl seit Gründung der Fünften Republik. Mitterand war nicht nur ein Bündnis mit den Kommunisten eingegangen, sondern verfolgte seit Amtsantritt einen strikt sozialistischen Kurs der Verstaatlichung verschiedener Wirtschaftszweige, verbunden mit der üblichen desaströsen Ausgaben- und Arbeitsmarktpolitik nach Marx und Murks. Im damals noch ohne das Zwangskorsett des Euro halbwegs funktionierenden Währungsgefüge Westeuropas flüchteten die Anleger daraufhin vor allem in die D-Mark und setzten mit dem damit verbundenen Kapitalabfluss und steigenden Zinsen Mitterrands sozialistischen Experimenten ein rasches Ende. Die Arbeitslosigkeit stieg und Frankreich krankte an einer allgemeinen Wirtschaftskrise, während sich der Rest Westeuropas im wirtschaftlichen Aufwind befand. Mitterrand riskierte, die Präsidentschaftswahl 1988 haushoch zu verlieren. Was konnte er tun? Einen Blick hinter die damaligen Kulissen ermöglichte erstmals ein im Januar 2006 erschienener Artikel in der französischen Zeitschrift „Le Nouvel Observateur“ mit einem dort abgedruckten Gespräch zwischen Mitterrands ehemaligen Sonderberater Jacques Attali und dem damaligen Premierminister Michel Rocard, der dank seiner Ehrlichkeit zu einem der ersten politischen Opfer von Mitterrand wurde. Rocard bestätigte, dass Mitterrand im Jahr 1985 ganz bewusst das Mehrheitswahlrecht abgeschafft hatte, um mit Einführung des Verhältniswahlrechts kleineren Parteien, nämlich explizit dem rechtsextremen Front National, den Einzug ins Parlament zu ermöglichen. Gleichzeitig sorgte Mitterrand dafür, dass der Chef des Front National und Vater der heutigen Parteivorsitzenden, Jean-Marie Le Pen, mehr Sendezeit im Staatsfernsehen bekam, vor allem durch Einladungen in Talkshows. Damit Le Pen noch mehr politische Aufmerksamkeit zuteilwerden konnte, lockerte Mitterrand auch die Einwanderungsbestimmungen und sorgte für mehr Einbürgerungen. Sein Ziel war es, das rechte politische Lager zu spalten, wie Michel Rocard im Rückblick bestätigte: „Die Konsequenzen waren in meinen Augen untragbar. Die Linke und Mitterrand öffneten dem Front National alle Schleusen und lösten das Gebrüll einer zweigespaltenen Rechten aus. Das war ein widerliches Kalkül. Ich bleibe bei meinem Standpunkt. Ich halte es nach wie vor für meine Ehrentat, mich dieser Entscheidung widersetzt zu haben und zurückgetreten zu sein.“

Mitterrands Kalkül ging allerdings voll auf, denn die von seiner Regierung angefachten Migrationsprobleme sorgten für Wahlerfolge des Front National (FN), zum Beispiel bei der Europawahl 1989 mit einem Stimmenanteil von fast zwölf Prozent, während das bürgerliche Wahlbündnis aus liberal-konservativer UDF (Union für die französische Demokratie) und gaullistischer RPR (die heutigen französischen „Republikaner“) über 14 Prozent verlor.

Wie kam die Brandmauer ins Spiel?  

Mitterrands zynisches Machtspiel war aber längst noch nicht beendet. Um die beiden bürgerlichen Parteien UDF und RPR von einem Bündnis mit der FN abzuhalten, inszenierte Mitterrands Regierung landesweite Aufmärsche und Proteste gegen den angeblichen Rassismus der FN. Organisationen wie SOS-Racisme entstanden, die auch die UDF und die RPR zum Mitmachen und zur Abgrenzung gegen Le Pen zwangen. Die meisten Medien und die staatlichen Institutionen folgten. Orchestriert wurde diese, an das berühmte „Geheimtreffen“ von Potsdam erinnernde Aktion von Mitterrands Kulturminister Jack Lang. Um die FN wurde eine Brandmauer gezogen, die in Frankreich seinerzeit als „Cordon Sanitaire“ bezeichnet wurde, also eine Art Schutzzone wie zur Bekämpfung von gefährlichen Seuchen. Diese Brandmauer überdauerte aber sogar seinen Erfinder. Als Mitterrand 1996 starb, führte sein 1995 ins Präsidentenamt gewählter konservativer Nachfolger Jacques Chirac die Brandmauerpolitik weiter, natürlich ohne jeden Erfolg, denn Chiracs RPR, die sich heute „Die Republikaner“ nennen, sind zu einer inzwischen unbedeutenden Splitterpartei verzwergt. Bestimmende politische Kraft des rechten Spektrums ist heute Marine Le Pen, die die inzwischen in Rassemblement National unbenannte FN zu immer neuen Wahlerfolgen führt und der sich die einstmals großen bürgerlichen Parteien nur noch als Juniorpartner in künftigen Wahlbündnissen anschließen können, wenn sie ihr Überleben auf niedrigem politischem Niveau sicherstellen wollen.

Die deutschen Parteien des bürgerlichen Spektrums, das sind nach dem in Kürze bevorstehenden Verschwinden der FDP nur noch CDU und CSU, sollten durch die politische Entwicklung in Frankreich gewarnt sein. Die Politik der Brandmauer ist eine perfide linke Zersetzungsstrategie, die nur dem Machterhalt linker Parteien und dem Ziel des Sabotierens freier Wahlen dient.  


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